Zion - Jerusalem - Prag
Von Martina Schneibergova.
Unter den Pilgern aus den böhmischen Ländern, die sich im 12. Jahrhundert in das Heilige Land begaben, war auch der Olmützer Bischof Jindrich Zdik - eine hervorragende Persönlichkeit des damaligen politischen und geistlichen Lebens. In Jerusalem fühlte er sich durch das Leben der Ordenskanoniker angesprochen, die das Grab Gottes überwachten. Nach seiner Rückkehr in die Heimat gründete er in Prag-Strahov ein Kloster, das er "Mons Sion" - zu deutsch "Berg Zion" -nannte und in das Kloster führte er eine Ordensgemeinschaft, die der Gemeinschaft in Jerusalem ähnlich war. Dies geschah um das Jahr 1140. Der Ordensgemeinschaft ging es jedoch nicht so, wie es sich ihr Stifter vorstellte. Nachdem Zdik in Windberg die Prämonstratenser kennen lernte, lud er diese nach Strahov ein. Seit 1143 leben und wirken sie dort. Der bewaldete Berg gegenüber der Prager Burg war im 12. Jahrhundert ein Ort, an dem die Zivilisation des mittelalterlichen Prags endete. Die Ähnlichkeit des nordöstlichen Abhangs des Laurenzibergs rief bei Zdik Erinnerungen an den Jerusalemer Berg Zion hervor - den Berg Zion, der vor allem im Alten Testament eine wichtige Rolle spielte.
Die Ausstellung, die zur Zeit im Strahov-Kloster stattfindet, trägt den Titel "Zion-Jerusalem-Prag" und dokumentiert u.a. die Pilgerfahrten, die aus den böhmischen Ländern seit dem Mittelalter nach Jerusalem führten. Über die Beweggründe für die Installation der Ausstellung erklärte eine der Autorinnen und Autoren, Johanna von Herzogenberg:
Wie die Mitarbeiterin der berühmten Strahover Bibliothek, Hedvika Kucharova, erklärte, wollte das Kloster mit der Ausstellung vor allem die Beziehung zwischen dem Jerusalemer Berg Zion und dem Prager Mons Sion mit Büchern aus den Sammlungen des Klosters dokumentieren. Dabei wird gezeigt, wie die Menschen aus Prag, bzw. den böhmischen Ländern Jerusalem im Verlauf der Jahrhunderte gesehen haben und wie sie sich bemühten, sich dieser Stadt anzunähern. Die Schilderungen der Pilgerfahrten unterscheiden sich voneinander - für die Menschen des 15. und 16. Jahrhunderts stellte eine solche Pilgerfahrt nach Jerusalem ein großes Abenteuer dar. In diesen historischen Reisebüchern findet man auch viele Kuriositäten. Hedvika Kucharova bemerkte dazu:
"Es gibt viel Kurioses - z. B. im Buch von Melchior von Seydlitz, der gemeinsam mit seinen Freunden auf der Rückreise aus Jerusalem festgenommen wurde und fast 3 Jahre im Gefängnis verbrachte. Sie waren Untertanen des römischen Kaisers, der jedoch Krieg gegen die Türken führte, so dass sie, wenn sie freigelassen werden wollten, sich nicht mit ihren echten deutschen Namen vorstellen durften. Sie benutzten damals italienische Namen, aber einer der festgenommenen Deutschen hat seinen falschen Namen vergessen und irrtümlicherweise seinen echten Namen verraten. Alle erwarteten mit Furcht, was passieren werde. Aber es geschah nichts Schlimmes - sie sind alle nach Hause zurückgekehrt."
In der Ausstellung findet man unter anderem drei besonders interessante Reisebücher, die in deutscher Sprache verfasst wurden und nicht sehr bekannt sind. Die bereits erwähnte "Gründtliche Beschreibung der Wallfahrt nach dem Heiligen Land von Melchior von Seydlitz" ist auch durch eine andere Sicht, aus der die Erlebnisse geschildert werden, beachtenswert, weil der Autor ein Protestant war. Ein anderer Autor - Vavrinec Slisansky - stammte zwar aus Boskovice in Mähren, schrieb jedoch seine Chronik auf deutsch. Diese "Newe Reissbeschreibung nacher Jerusalem" wurde 1662 herausgegeben und ist sehr stark gegen die Türken ausgerichtet. Die dritte deutsche Reiseschilderung -"Peregrinus in Jerusalem" - stammt von Angelicus Maria Myller - der Autor war Mitglied des Servitenordens und war ein hoch gebildeter Mann mit literarischer Begabung.
Die Ausstellung "Zion - Jerusalem - Prag" ist im Kloster Strahov noch bis zum 31. Oktober zu besichtigen.