Feuilleton

Irak, Foto: CTK

"Wenn zwei das Gleiche tun, ist das noch lange nicht dasselbe". Diese Redensart ist in der Praxis schon oft belegt worden. So auch vor Wochenfrist, als ausgesuchte europäische Zeitungen einen Aufruf zur uneingeschränkten Unterstützung der US-amerikanischen Haltung in der Irak-Frage veröffentlichten - unterschrieben von sieben europäischen Regierungschefs und vom seinerzeit noch amtierenden tschechischen Präsidenten Václav Havel.

Irak,  Foto: CTK
"Wenn zwei das Gleiche tun, ist das noch lange nicht dasselbe". Diese Redensart ist in der Praxis schon oft belegt worden. So auch vor Wochenfrist, als ausgesuchte europäische Zeitungen einen Aufruf zur uneingeschränkten Unterstützung der US-amerikanischen Haltung in der Irak-Frage veröffentlichten - unterschrieben von sieben europäischen Regierungschefs und vom seinerzeit noch amtierenden tschechischen Präsidenten Václav Havel. Der Text des Aufrufs enthielt eigentlich nichts Neues oder gar Befremdliches, was man nicht hätte unterschreiben können. Aber der Ton macht nun mal die Musik, und auch die Art und Weise, wie das Schriftstück das "Licht der Welt" erblickte. Zwei Tage zuvor hatten sich die Außenminister der 15 EU-Staaten noch auf einen gemeinsamen Nenner in der Irak-Frage geeinigt, doch wie sich zeigte, war dies in der Tat ein Bruch, der das mühsam errichtete europäische Haus auch wieder in seine Einzelteile zerlegen könnte. Die tschechische Regierung hatte zuvor mit großer Rückendeckung des Prager Parlaments ihre Formel zur Irak-Krise bereits gefunden. Eine Formel, die nüchtern betrachtet, wirklich keine Bruchstelle aufweist: Beteiligung an einer militärischen Aktion gegen den Irak nur mit entsprechendem UN-Mandat oder für den Fall, dass bei einem Konflikt Massenvernichtungswaffen gegen Verbündete oder die Zivilbevölkerung eingesetzt werden. Auch Ex-Präsident Václav Havel teilt diese Position voll und ganz mit den Regierenden und dem ihnen gemeinsamen Nenner. Nur vermutlich mit einem anderen Zähler, weshalb er seiner Krone, die er nach 13 Jahren ablegen musste, noch einen allerletzten Knick verpasste.

Scheinbar "dasselbe" wollen auch die Prager Straßenbahnfahrer, nämlich mehr Lohn. Zumal man ihre Arbeit - so die Vertreter der Tram-Gewerkschaft "Föderation der Straßenbahnfahrer" (FRT) - im Vergleich zu den Kollegen von Bus und Metro nicht "mit zweierlei Maß" messen dürfe. Eine Studie sollte daher offen legen, dass auch die Straßenbahner eine ebenso anspruchs- und verantwortungsvolle Tätigkeit verrichten wie ihre Bus fahrenden Kollegen, was die bestehende Lohndifferenz von durchschnittlich 60 Euro im Monat nicht rechtfertigen würde. FRT-Gewerkschaftsboss Antonín Dub und seine Gleichgesinnten ließen jedoch außer Acht, dass sie dazu weder ein Lenkrad einschlagen noch bei eisglatter Fahrbahn die Spur halten müssen. Im Gegenteil, die Spur, die sie selbst einschlugen, hat sie geradewegs aufs Abstellgleis geführt. Zwei Drittel der Straßenbahner wählten nämlich einen anderen Weg als den Streik, der auf dem Rücken der Prager ausgetragen werden sollte. Warum auch nicht, übersteigt das Arbeitgeberangebot von sechseinhalb Prozent mehr Lohn die derzeitige Inflation doch gleich um einen Dezimalbruch mit einer dicken Zwei vorm Komma. Doch merke: Wer den Hals nicht voll genug kriegt, der verschluckt sich zumeist dabei. Oder aber: Wenn man wirklich das Gleiche will, dann sollte man zunächst einmal auch dasselbe dafür tun. Egal, ob auf dem weiten Feld der Weltpolitik oder auf dem abgesteckten Weg des Schienenstrangs.