Haftanstalt als Abnehmer eines Drogenrings
Nach umfangreichen Untersuchungen und nach Drogenrazzien in einem Gefängnis unweit von Prag wurde am Montag eine vorläufige Bilanz der erstatteten Anzeigen veröffentlicht. Unter den Beschuldigten sind auch Mitarbeiter der Gefängnisverwaltung. Genaueres hören Sie im folgenden Beitrag von Gerald Schubert:
Insgesamt 53 Personen sind bisher im Zusammenhang mit der Affäre angeklagt worden, wie der Chef der tschechischen Anti-Drogen-Zentrale, Jiri Komorous, am Montag vor Journalisten bekannt gab:
"Was die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe betrifft, gibt es dabei im Wesentlichen zwei Kategorien: Tschechisches Pervitin und Medikamente. Und dann sind da natürlich noch die klassischen, für das Gefängnis typischen Dinge, die sich auch in der Haft herstellen lassen."Die letztgenannten Betäubungsmittel, unter die etwa Tees aus Nikotinresten, Mohnkapseln etc. fallen, benötigen wohl kein organisiertes Netz, um hinter die Gefängnismauern zu gelangen. Anders bei Medikamenten oder dem erwähnten, in Tschechien sehr verbreiteten Pervitin, einem relativ billig herzustellenden Ephedrinderivat. Der Weg jener Stoffe bis zu den Häftlingen dürfte auch über drei Angestellte des Gefängnisses geführt haben. Bei den nunmehr angeklagten Personen handelt es sich nämlich auch um einen Aufseher, einen Betreuer und eine Krankenschwester. Es wurden auch insgesamt vier Laboratorien entdeckt, in denen Ephedrin zu Pervitin verarbeitet worden war. Den Rohstoff selbst hatten die Hersteller wiederum, so die bisherigen Fahndungsergebnisse, direkt von Mitarbeitern eines Forschungsinstitutes für Arzneimittel in Roztoky bei Prag erworben.
Alles in allem hat die Affäre immerhin so weite Kreise gezogen, dass manchen der nun Beschuldigten nicht nur Klagen wegen der Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz drohen, sondern auch wegen des Missbrauchs von Amtsgewalt. In einigen Fällen beträgt der Strafrahmen bis zu zwölf Jahre Haft.