Abgeordnetenhaus fordert Abberufung des Rundfunk- und Fernsehrats

Martin Muchka (rechts) im Abgeordnetenhaus (Foto: CTK)

Der tschechische Rundfunk- und Fernsehrat steht vor dem Aus. Nach einer mehrstündigen erhitzten Debatte hat das Abgeordnetenhaus am Mittwoch Abend Premier Vladimir Spidla die Abberufung des Gremiums vorgeschlagen. Über die Hintergründe informiert Sie Silja Schultheis.

Martin Muchka  (rechts) im Abgeordnetenhaus  (Foto: CTK)
Zentraler Gegenstand der Diskussion um den Rundfunk- und Fernsehrat im tschechischen Abgeordnetenhaus war das Urteil im internationalen Arbitrageverfahren um den erfolgreichen privaten Fernsehsender TV NOVA, nach dem die Tschechische Republik der amerikanischen Gesellschaft CME knapp 347 Mio Euro für deren Investitionen in Nova zahlen muss. Für das verlorene Arbitrage-Verfahren macht die Regierungskoalition neben NOVA-Direktor Vladimir Zelezny auch den Rundfunk- und Fernsehrat verantwortlich. Dessen Vorsitzender, Martin Muchka, zeigte sich von der Entscheidung des Abgeordnetenhauses zwar nicht überrascht, verwies jedoch auf eine mangelhafte Legislative, durch die dem Rat die Hände gebunden seien:

"Wenn Ihnen jemand die Spielregeln mitteilt, wo etwas geschrieben steht, so wie es geschrieben steht, und Ihnen dann vorwirft, dass Sie sich daran gehalten haben, dann ist das eine etwas schizophrene Situation."

Stanislav Gross und Vladimir Spidla  (Foto: CTK)
Die Kritik am Rundfunk- und Fernsehrat kam weder überraschend noch wurde sie zum ersten Mal laut. Bereits am vorvergangenen Wochenende hatte die in der Regierung vertretene liberale Freiheitsunion seine Abberufung gefordert. Die Gründe dafür seien jedoch keineswegs nur in dem jüngsten Arbitrage-Verfahren um TV Nova zu suchen, vielmehr komme der Rat in etlichen Bereichen nicht seinem gesetzlichen Auftrag nach, meint die Ex-Vorsitzende der Freiheitsunion, Hana Marvanova:

"Der Rat ist z.B. unfähig, die Transparenz der Eigentumsverhältnisse im überregionalen Fernsehen zu gewährleisten. Dies wird im übrigen auch schon seit langem von der Europäischen Kommission kritisiert. Die Transparenz im Fernsehen ist wichtig für die Pluralität der Informationen, die in einer Demokratie Grund legend ist."

Die von den Parlamentariern am Mittwoch empfohlene Abberufung des Rates kommt faktisch der baldigen Auflösung des Gremiums in seiner jetzigen Zusammensetzung gleich. Denn Premier Vladimir Spidla hatte bereits vor der Abstimmung im Abgeordnetenhaus gegenüber der Nachrichtenagentur CTK geäußert, dass er den Rat innerhalb von 1-2 Tagen abberufen werde, falls ihn die Parlamentarier dazu aufforderten.