Eine Ostern-Begegnung in der Sankt-Jakobs-Basilika
Zwei Mal im Jahr werden Tschechiens Kirchen zahlreicher als sonst von Gläubigen aufgesucht: an Weihnachten und an Ostern. Das zweitgenannte farbenreichste und fröhlichste Fest des Kirchenjahres erleben wir gerade jetzt. Besuchen wir also am heutigen Ostermontag eine Prager Kirche, in der sich seit Jahren Musik mit Gottesdiensten verbindet und die ihre Tradition unter dem vorigen Regime nicht aufgegeben hat. Durch die Sankt-Jakobs-Basilika begleitet Sie unsere freie Mitarbeiterin Lucie Drahonovska.
"Die Sonne geht am Ostersonntag nicht wie gewöhnlich auf, sondern sie hüpft dreimal vor Freude," schrieb vor 130 Jahren Adalbert Stifter. Und wie sollte sie nicht, denn spätestens mit Ostern, der fröhlichsten Feier des Jahres, zieht der Frühling endgültig ins Land. Ostern zählt neben Weihnachten zu dem wichtigsten christlichen Fest, auch wenn viele der Bräuche einer längst vergangenen Zeit entstammen. Es wäre jedoch schade, das Osterfest bloß auf seine vorwiegend heidnischen Symbole - das Ei, das Lamm oder die Weidenzweige - zu reduzieren. Wer an diesen Tagen nach den christlichen Traditionen feiern möchte, der sollte eine Kirche aufsuchen. Wie beispielsweise eine der schönsten Prager Kirchen, die Sankt-Jakobs-Basilika. Die Kirche findet man in der Prager Altstadt unweit des Altstädter Rings. Es ist sehr bemerkenswert, dass hier seit bereits über fünfzig Jahren ununterbrochen Gottesdienste sowie Festkonzerte stattfinden - so auch die aktuelle Konzert-Reihe zu Ostern. Über die enge Verbindung der Basilika mit der Musik sprach ich mit der Organistin von Sankt Jakob, Irena Chribkova: "
"Sankt Jakob war während der ganzen Zeit der Normalisierung die einzige Kirche, in der Konzerte mit geistlicher Musik stattfinden durften. Außerdem wurden hier auch Konzerte im Rahmen des Internationalen Festivals 'Prager Frühling' veranstaltet. Das Dom-Orchester sowie das Ensemble 'Cantores Pragenses' von Sankt-Jakob können auf eine fünfzigjährige Geschichte zurück blicken. Seit einem halben Jahrhundert führt man hier regelmäßig zu Ostern Dvoraks 'Stabat Mater' auf, an Allerheiligen ist es alljährlich Mozarts 'Requiem'. Es ist eine langjährige Tradition, die nie unterbrochen war".
Irena Chribkova ist seit elf Jahren Organistin in Sankt Jakob. Auf diese Weise trat die energische Musikerin aus der nordmährischen Stadt Bohumin in die Spuren hiesiger Komponisten und Organisten, zu denen Bohuslav Matej Cernohorsky oder Bedrich Antonin Wiedermann zählen. Nachdem sie ihr Studium an der Akademie der Musischen Künste abgeschlossen hatte, bekam sie ein Stipendium am renommierten Pariser Conservatoire National. Für ihre Spielkunst wurde Irena Chribkova mit mehreren internationalen Preisen ausgezeichnet - wie zum Beispiel mit dem Ehrenpreis auf dem Internationalen Musik-Festival "Prager Frühling". Dass die Orgel eine lebenslange Leidenschaft von Irena Chribkova darstellt, beweist ihre intensive Beschäftigung mit diesem Instrument: Kurz nachdem sie zur Organistin der Sankt-Jakobs-Basilika wurde, hob sie ein Internationales Orgel-Festival aus der Taufe, zu dem sie jedes Jahr Organisten aus unterschiedlichsten Ländern der Welt einlädt. Ihre Leidenschaft für die Orgel ist dermaßen groß, dass sie sich sogar direkt in ihrer Prager Wohnung eine Orgel aufbauen ließ. Denn sie wollte in der Lage sein, uneingeschränkt und problemlos zu jeder Zeit auf der Orgel zu üben. Ihre Entscheidung erklärt sie folgendermaßen:
"Wenn ich nicht regelmäßig Orgel üben kann, wäre es ein großes Minus für mich. So habe ich mich entschlossen, eine eigene Orgel in meinem Arbeitszimmer installieren zu lassen. Es sollte eine kleine mechanische Pfeifen-Orgel sein, auf der ich alles üben kann - mit zwei Manualen, zwei Klaviaturen und einem ganzen Pedal."
Der mährische Orgelbauer Vaclav Smolka fertigte die Orgel mit 266 Pfeifen aus Holz und Metal an und baute das Instrument binnen vierzehn Tagen gemeinsam mit seinen drei Helfern in Irenas Wohnung auf. Auch die Organistin wird diese Zeit nicht so schnell vergessen, wie sie lachend hinzufügt, sei sie doch Tag für Tag am Kochtopf gestanden, um die vierköpfige Männer-Truppe auf ihre Weise tatkräftig zu unterstützen. Über Langeweile kann Irena Chribkova auch sonst nicht klagen. Wenn sie täglich Punkt fünf nicht die Messe im Sankt-Jakob spielt, unterrichtet sie oder tritt im In- oder Ausland auf. Oder sie veranstaltet Konzerte in Sankt-Jakob. Zu Ostern stehen fünf Konzerte auf ihrem Programm. Alle Informationen dazu finden Sie, liebe Hörerinnen und Hörer, unter folgender Internet-Adresse: www.auditeorganum.cz
Und zum Schluss bieten wir Ihnen eine kleine musikalische Kostprobe: Die Organistin Irena Chribkova spielt den ersten Satz aus den "Fenstern nach Marc Chagall" von dem tschechischen Komponisten Petr Eben.