Präsident Klaus in Wien - keine Geste gegenüber den Sudetendeutschen

Präsident Klaus in Wien (Foto: CTK)

Der tschechische Präsident Vaclav Klaus ist bereit, auch weiterhin über die Benes-Dekrete zu sprechen. Verhandlungen aber will er darüber keine führen. Diesen Standpunkt hat er während seines offiziellen Antrittsbesuchs in Österreich am Mittwoch wiederholt unterstrichen. Über die Visite berichtet Markéta Maurová.

Präsident Klaus in Wien  (Foto: CTK)
Bilaterale Zusammenarbeit, ein gemeinsames Vorgehen in der Europäischen Union, der Irak-Konflikt, aber auch die umstrittenen Fragen der Benes-Dekrete und des Atomkraftwerks Temelin waren Themen der Gespräche, die der tschechische Präsident am Mittwoch in Wien führte. Sein österreichischer Amtskollege, Bundespräsident Thomas Klestil sagte dazu nach einem Meinungsaustausch:

"Ich habe festgestellt, dass in der Frage Temelin der Melker Prozess von beiden Seiten genau befolgt wird und damit eigentlich Einvernehmen über die Energie-Politik auch inklusive der Kernenergie besteht. Wir haben auch über die Benes-Dekrete gesprochen: Ich fand es sehr positiv, dass der Herr Präsident Klaus vor kurzem festgestellt hat, dass damals Unrecht geschehen sei. Also wir haben die sozusagen dunklen Kapitel der Vergangenheit nicht ausgeklammert, meinen aber, dass wir gemeinsam als Mitglieder der Europäischen Union in die Zukunft blicken sollen."

Bereits vor dem Besuch wurde in Wien über eine eventuelle Geste gegenüber den Sudetendeutschen spekuliert. Präsident Klaus betonte jedoch, er habe diese Geste bereits am 15. März getan, indem er den Naziterror und die darauffolgende Aussiedlung der Sudetendeutschen aus der Tschechoslowakei als aus heutiger Sicht unannehmbar bezeichnet hatte. Einen weiteren Schritt könne man von ihm nicht erwarten. Weitere Verhandlungen zu führen, lehnt Klaus ab:

"Ich habe nur gesagt, ich bin bereit, mit dem Herrn Bundespräsidenten und mit anderen Politikern zu sprechen. Die Leute müssen sprechen, sie müssen direkt sprechen, und ich bin bereit zu sprechen. Aber Verhandlungen, das ist für mich etwas zu viel. In dieser Hinsicht sind wir nicht allein, wir haben die Regierungen, die damit eventuell etwas machen müssen."

Wolfgang Schüssel und Vaclav Klaus  (Foto: CTK)
Während des Treffens beider Präsidenten wurde auch die Notwendigkeit betont, als gleichberechtigte Partner in Europa gemeinsame Interessen gemeinsam durchzusetzen. Zu den Gemeinsamkeiten der beiden Länder äußerte Präsident Klaus:

"Es gibt verschiedene Sachen. Einerseits ist das die Position von kleinen europäischen Ländern. Wir müssen unsere eigenen und das heißt auch gemeinsam unsere eigenen Interessen in Europa verteidigen. Das ist ganz klar und hat verschiedene institutionelle Schlussfolgerungen. Dann haben wir konkrete Projekte, die die Nachbarländer haben. Ich sage immer, mit Bolivien haben wir keine Nachbarschaftsprobleme und keine gemeinsamen Aktivitäten, aber mit Österreich gibt es viele, viele Kleinigkeiten, die wir an der Grenze oder auf unserem Gebiet lösen müssen."

Auf dem Nachmittagsprogramm des Staatsoberhauptes stand ein Spaziergang durch das Wiener Stadtzentrum sowie Gespräche mit Nationalratspräsident Andreas Khol und Bundeskanzler Wolfgang Schüssel. Im Sitz des österreichischen Nationalrates besichtigte Klaus auch die Bank, in der einst Tomas Garrigue Masaryk als Abgeordneter zu sitzen pflegte. Den Arbeitstag von Vaclav Klaus beendete ein Treffen mit etwa 130 tschechischen Landsleuten. In einem nichtformellen Gespräch bezeichnete er bei diesem Anlass den an ihn adressierten Brief der Sudetendeutschen Landsmannschaft in Österreich, in dem er zu Verhandlungen über Besitzfragen aufgefordert wird, als äußerst überzogen. Anderseits - es sei deswegen sehr einfach, diesen abzulehnen, sagte Klaus.

Die Visite in Wien hat seine Besuchsrunde in den vier Nachbarstaaten Tschechiens abgeschlossen.