EU-Kommissar Verheugen zu Besuch in Tschechien
Die Debatte über den Beitritt Tschechiens zur EU nimmt eine Woche vor dem Referendum an Intensität zu. Insofern gilt es kaum als Überraschung, dass der Kommissar für EU-Erweiterung, Günther Verheugen, zu einem Besuch nach Tschechien kam. Einen Rückblick auf sein reichhaltiges Programm am Donnerstag macht Jitka Mladkova:
In der Tat: von Termin zu Termin, von einem Treffen zum anderen bewegte sich Günther Verheugen am ersten Tag seiner zweitägigen Tschechien-Visite. Diese begann mit einer Straßenbahnfahrt im westböhmischen Pilsen / Plzen. Direkt vor Ort, also in der Straßenbahn, tauschte sich Verheugen mit mitfahrenden Passagieren aus. Im Gespräch mit einer Frau bekannte er sich z.B. zu seiner Sympathie für Pilsen und das Pilsner Bier. Das weltbekannte Produkt und erfolgreiche Symbol der tschechischen Industrie habe er direkt im Keller der hiesigen Bierbrauerei kosten können, vertraute er seiner Gesprächspartnerin an. Nach mehreren Treffen in Pilsen reiste Verheugen weiter nach Prag - zunächst auf die Prager Burg, wo er mit Präsident Vaclav Klaus zusammentraf. Wie dessen Sprecher eher wortkarg informierte, unterhielten sich beide Politiker - wie könnte es auch anders sein - über das bevorstehende Beitrittsreferendum in Tschechien und die Gestaltung der Union nach dem Beitritt von 10 neuen Kandidatenländern. Ob und inwieweit Klaus und Verheugen eventuell auch eine Übereinstimmung in den einzelnen Punkten erreichen konnten, das wurde nicht gesagt. Am späteren Abend nahm der EU-Kommissar im Hrzan-Palais an einer Debatte mit Vertretern des tschechischen Schriftstellerverbandes und des Literaturklubs teil. Auch deren Leitmotto "Tschechische Schriftsteller und Europa" war aus aktuellem Anlass formuliert worden. Die Europäische Union verfüge über keine Kompetenzen im Bereich der Legislative, die sich auf Fragen der Kultur beziehen, stellte einleitend Verheugen fest. Im Zusammenhang mit der diskutierten Frage, welche Bedeutung der EU-Integration nun im Hinblick auf die Neuankömmlinge, sprich tschechische Schriftsteller bzw. Intellektuelle beizumessen sei, sagte Verheugen u.a.:" Die Integration ist zweifelsohne eine ungeheuer positive Sache. Sie wissen besser als ich, dass die Literatur Offenheit braucht, sie will in einem nicht geschlossenen Raum existieren. Wo weiß man es besser als hierzulande mit den vorhandenen Erfahrungen?"
Diese Worte bestätigte indirekt auch der tschechische Premier Vladimir Spidla, der sich der Gesprächsrunde erst etwas später, unmittelbar nach seiner Rückkehr aus Ungarn angeschlossen hat:
"Wer nicht von äußeren Einflüssen profitieren kann, der verarmt",sagte Spidla wörtlich. Seiner Meinung nach sei Tschechien auf Exporte in der Wirtschaft angewiesen, und dies gelte zumindest im mitteleuropäischen Raum auch im Kulturbereich.