35 Jahre nach Einmarsch der Warschauer-Pakt-Truppen - Erste Verurteilung

Der Einmarsch der Warschauer-Pakt-Truppen im August 1968 gilt auch heute noch als der wohl schwärzeste Moment in der tschechoslowakischen Nachkriegsgeschichte. Und als solcher beschäftigt er hierzulande nicht nur Historiker und die politisch interessierte Öffentlichkeit, sondern bisweilen auch die Justiz. Am Montag wurde im Zusammenhang mit der Okkupation, die vor 35 Jahren die Reformbewegung des "Prager Frühlings" niederwalzte, erstmals ein ehemaliger kommunistischer Funktionär verurteilt. Gerald Schubert berichtet:

Karel Hoffman,  Foto: CTK
Eigentlich lautete die Hauptanklage ja auf Vaterlandsverrat. Der ehemalige kommunistische Parteifunktionär Karel Hoffmann habe, so die Staatsanwaltschaft, im August 1968 als damaliger Direktor der Zentralen Kommunikationsverwaltung den Einmarsch der Warschauer-Pakt-Truppen in die ehemalige Tschechoslowakei aktiv unterstützt. Der konkrete Vorwurf: der heute 79-jährige Hoffmann habe in der schicksalhaften Nacht zum 21.8. angeordnet, die Sendeanlagen des Tschechoslowakischen Rundfunks abzustellen. Jene "Funkstille" hätte garantieren sollen, dass die erste Radiomeldung über die dramatischen Ereignisse erst später über den Äther ging - und zwar bereits von jenen Kräften in der Partei, die mit den Sowjets kollaborierten und den Einmarsch im Nachhinein rechtfertigten.

Zum Vaterlandsverrat gehört allerdings auch eine aktive Zusammenarbeit mit den fremden Armeen oder ihrer politischen Führung. Und die konnte man Hoffmann nicht nachweisen. Daher gab es in diesem Punkt, der ein Strafmaß von bis zu 15 Jahren vorsehen würde, einen Freispruch. Hoffmann in einer ersten Reaktion:

"Für positiv und entscheidend halte ich, dass das, was hier im Laufe von Jahren behauptet wurde, nun durch das Gericht wiederlegt ist. Nämlich, dass ich des Hochverrates schuldig bin. Ich meine, das Gericht hat nun gezeigt, dass das eine Lüge war. Eine zweckgerichtete Lüge."

Dass man Hoffmann keine direkte Kooperation mit den Invasionstruppen vorwerfen konnte bedeutet jedoch nicht, dass er von jeder Schuld freigesprochen wurde. Das Gericht sah es nämlich als erwiesen an, dass Hoffmann mit seiner Anordnung die Verlautbarungen des zu diesem Zeitpunkt noch legitimen und von den Reformkräften des "Prager Frühlings" dominierten Vorstandes der Kommunistischen Partei unterdrücken wollte. Urteil: Vier Jahre unbedingte Haft wegen Missbrauchs der Amtsgewalt. Die Rechtfertigung Hoffmanns, er habe das Verstummen des Rundfunks nur auf indirekte Anweisung des damaligen Präsidenten Ludvik Svoboda befohlen, sah das Gericht als nicht glaubwürdig an. Hoffmann legte sofort Berufung ein. Er habe seine Kompetenzen nicht missbraucht:

"Auch das entspricht nicht den Tatsachen. Aber ich verstehe das: Der politische und mediale Druck ist so groß, dass es derzeit offensichtlich noch nicht die entsprechenden Bedingungen für einen Freispruch gibt."

Was Hoffmann dabei übersieht: Es handelt sich nach zwei Schuldsprüchen im Jahre 1990 und 1992 erst um die dritte Verurteilung eines ehemaligen kommunistischen Spitzenfunktionärs überhaupt. Und im Zusammenhang mit dem August 1968 waren erst voriges Jahr zwei andere, ehemals hochrangige Angeklagte freigesprochen worden.