Wer gefährdet den Frieden?

Roman Joch

Die Meinungsforscher haben im Auftrag der EU im Oktober dieses Jahres je 500 Bürger in allen 15 EU-Staaten telefonisch befragt und ihnen 15 Länder genannt mit der Frage, ob von diesen Ländern eine Bedrohung für den Weltfrieden ausgehe. 59 Prozent der Befragten nannten dabei Israel an erster Stelle. Auf Platz zwei landeten mit jeweils 53 Prozent die USA, der Iran und Nordkorea. Nach Reaktionen auf diese Umfrage hörte sich Martina Schneibergova um.

Israelische Behörden protestierten gegen die Resultate der Umfrage. Der Leiter der israelischen Zweigstelle des Simon-Wiesenthal-Zentrums, Efraim Zurof, sagte, das Umfrageergebnis sei nicht zuletzt auf die Medienberichterstattung über den Nahost-Konflikt in den verschiedenen Ländern Europas zurückzuführen, die unterschiedlich stark, aber einseitig gegen Israel gerichtet sei.

Auf die Resultate der Umfrage reagierten einige tschechische Publizisten in der Tagespresse. Wo sind die Ursachen der erwähnten Ergebnisse zu suchen, danach fragte ich den Politologen und Publizisten Roman Joch:

"Ich meine, dass die Resultate einerseits durch die Methode der Umfrage und andererseits auch durch die Denkweise der Bewohner gegeben sind. Die Befragten dachten höchstwahrscheinlich daran, welches der genannten Länder am ehesten zu den Waffen greifen würde. Den Waffeneinsatz hielten sie dann für eine Gefährdung des Friedens. Und Israel ist ein Land, das oft zu den Waffen greift. Diese Auffassung ist ein wenig mechanistisch. Stellen wir uns vor, wenn jemand im Herbst 1938 danach gefragt hätte, wer den Frieden am stärksten gefährde. Und die Antwort hätte gelautet: Die Tschechoslowakei, weil sie die Bevölkerung mobilisierte und sich auf den Krieg vorbereitete."

Dieser Krieg wäre damals ein Verteidigungskrieg gewesen. Der Frieden bedeutet nicht den Waffenstillstand allein - wie man heutzutage oft meint. Den Frieden sollte man vielmehr als einen Waffenstillstand in einer gerechten Ordnung verstehen. Derjenige, der eine gerechte Ordnung verteidigt, kann zur Waffe greifen. Und dies sei ein Problem, dessen sich viele Menschen im Zusammenhang mit Israel nicht bewusst werden, meint Roman Joch:

"Israel ist eine Gesellschaft, die viele Probleme hat, die aber vor allem Terrorangriffen ausgesetzt ist, d. h. Aggressionen, die nicht nur gegen Militärs, sondern vor allem gegen die Zivilbevölkerung gerichtet sind. Die Gewaltanwendung gegen Terrorangriffe ist immer gerecht, sie kann nicht für eine Verletzung des Friedens gehalten werden, denn es geht um die Verteidigung eines gerechten Friedens. Mit anderen Worten gesagt: Ich bin der Meinung, dass ein Großteil der europäischen Bevölkerung Opfer eines falschen Friedenskonzeptes ist, eines Konzeptes, das keinen Unterschied zwischen dem Verteidiger und dem Angreifer macht."

In ähnlicher Weise wie Roman Joch äußerte sich auch Viliam Buchert in seinem Kommentar mit dem Titel "Heil den Manipulatoren", der in der Mittwochausgabe der Tageszeitung "Mladá fronta Dnes" veröffentlicht wurde. Er erinnert u.a. daran, dass sich Israel in einer extremen Lage befindet, in der es bereits Jahrzehnte lang ums Überleben geht. Auch den Palästinensern gehe es, so Buchert, um das Überleben, aber das, was palästinensische Terroristen machen, gefährdet den Frieden am stärksten. Danach werde aber in keiner Umfrage gefragt, da die Palästinenser angeblich keinen eigenen Staat hätten. El Kaida sei auch kein Staat und gehöre trotzdem zu den größten Gefahren für den Frieden. Der Kommentator fügt abschließend an: Ich habe auch eine sehr suggestive Frage: "Welches europäische Volk bedroht uns am stärksten mit seiner Dummheit?"