Wanze im Auto eines Abgeordneten

Abgeordnete Josef Hojdar (Foto: CTK)

Die Tschechische Republik hat einen neuen Abhörskandal. Zumindest sieht es derzeit so aus. Nachdem am Montag im Auto des sozialdemokratischen Abgeordneten Josef Hojdar eine Wanze entdeckt wurde, sind weite Kreise der tschechischen Politik in große Aufregung geraten, und es mangelt nicht an offenen und verdeckten Schuldzuweisungen. Ob es sich nun tatsächlich um eine Abhöraffäre handelt, oder ob die Affäre darin besteht, dass eine solche vorgetäuscht wurde, das ist noch völlig unklar. Derzeit jedenfalls wird in den höchsten Instanzen ermittelt. Hören Sie mehr von Gerald Schubert:

Abgeordnete Josef Hojdar  (Foto: CTK)
Josef Hojdar hat sich im vergangenen Sommer bestimmt nicht nur neue Freunde gemacht. Als die sozialliberale Regierung von Premierminister Vladimir Spidla die Finanzreform beschloss, mit der man bis zum Jahr 2006 insgesamt 270 Milliarden Kronen, das sind 8,5 Milliarden Euro einsparen will, da gab Hojdar an, er könne darin die sozialdemokratischen Wahlversprechen nicht wiederfinden und trat prompt aus der Abgeordnetenfraktion seiner Partei aus. Da sich das Kabinett im Unterhaus jedoch nur auf die Mehrheit von 101 zu 99 Abgeordneten stützen kann, war dieser Schritt alles andere als belanglos. Die Regierung gewann danach eine Vertrauensabstimmung, bei der Hojdar sich der Stimme enthielt, sowie die Abstimmungen über die Reformgesetze nur mit knapper Not.

Es ist also nicht verwunderlich, wenn eine Wanze in Hojdars Wagen Anlass zu den verschiedensten Spekulationen gibt. Am Dienstag hatte Hojdar seine Parteikollegen über den Vorfall unterrichtet, seither ist der Erklärungsbedarf und auch die Skepsis auf allen Seiten groß. Premierminister Spidla hat mittlerweile verlautbart, es gebe keinerlei Hinweise darauf, dass die Polizei oder ein militärischer bzw. ziviler Geheimdienst mit der Sache zu tun habe. Ähnliche Wortmeldungen kamen auch von Polizeipräsident Kolar, Verteidigungsminister Kostelka und Innenminister Gross. Letzterer aber meint, weiterhin alle Möglichkeiten untersuchen zu wollen. Als Täter nämlich kämen verschiedenste Personen in Frage, und zwar:

"Jeder, der auch hinsichtlich seiner Interessen diese Vorrichtung theoretisch hätte installieren können: Das heißt der Staat, obwohl wir diese Möglichkeit derzeit praktisch ausschließen, der Herr Abgeordnete selbst, irgendeine private Sicherheitsagentur, oder irgendjemand anderer, der einen Grund haben könnte, dem Abgeordneten Hojdar das Leben schwer zu machen. Das sind alles Versionen, die nun überprüft werden."

Hojdar selbst jedoch deutet an, welche Varianten er für das Anbringen der Wanze eher ausschließen will:

"Wie mir ein Untersuchungsbeamter sagte, ist das eine Angelegenheit von mindestens einer dreiviertel Stunde. Also die Vorstellung, dass auf einem Parkplatz jemand beginnt, an dem Auto herumzumontieren und irgendeine Vorrichtung anzubringen, ist ziemlich unwahrscheinlich. Und sonst steht das Auto hier im Abgeordnetenhaus in der Garage. Ziehen Sie selbst Ihre Schlüsse daraus."

Mit dem Fall werden sich jedenfalls in den nächsten Wochen die Unterhauskommission zur Kontrolle polizeilicher Abhörmaßnahmen und wohl noch einige andere Parlamentsausschüsse intensiv befassen.