Vorratsdatenspeicherung auch in Tschechien ein Fall fürs Verfassungsgericht

Vorratsdatenspeicherung – schon das Wort klingt bedrohlich. Sechs Monate lang müssen Telefongesellschaften speichern, wer mit wem wann telefoniert oder Kurznachrichten und E-Mails ausgetauscht hat. So will es eine EU-Richtlinie. Doch in Deutschland würde die zur Terrorismusbekämpfung gedachte Bestimmung zur Verfolgung von Bagatelldelikten missbraucht. Und dies sei nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, befanden in der vergangenen Woche die Bundesverfassungsrichter in Karlsruhe. Vor dem Hintergrund des deutschen Urteils ist nun auch in Tschechien eine Debatte über die Verwendung der Daten entbrannt.

Wie in Deutschland müssen auch in Tschechien Telefongesellschaften und Internet-Provider erfassen, wer wann wo mit wem telefoniert oder Nachrichten ausgetauscht hat. Ein halbes Jahr lang müssen die Daten gespeichert und bei Bedarf den Behörden zur Verfügung gestellt werden. Doch was von der EU eigentlich als Maßnahme zur Bekämpfung des Terrorismus gedacht war, wird auch hierzulande zur Verfolgung des sprichwörtlichen Eierdiebes genutzt.

„Grob geschätzt bekommen wir von den Behörden Zehntausende Anfragen pro Jahr. Das macht mehrere Hundert bis eintausend Anfragen pro Tag“, so Jiří Janeček von der Telefongesellschaft T-Mobile im Tschechischen Fernsehen. Die anderen Telekom-Anbieter sprechen von ähnlichen Zahlen. Experten schätzen, dass Polizei und Staatsanwaltschaft pro Jahr rund 100.000 Rufdaten-Auskünfte anfordern. Die Polizei will diese Zahl nicht kommentieren, bestätigt aber:

„Diese Daten helfen uns sehr bei der Aufklärung von Straftaten und dazu verwenden wir sie auch“, so die Sprecherin der Kriminalpolizei, Pavla Kopecká. Eine Praxis, die einer Gruppe von Abgeordneten nicht gefällt. Sie wollen nun, dass wie in Deutschland das Verfassungsgericht die Vorratsdatenspeicherung überprüft:

„Entweder, wir haben Hunderttausende Terroristen im Land, oder die Polizei fordert die Daten bei jedem Bagatelldelikt an. Nach zwei Jahren zeigt sich, dass dieses Gesetz nicht zur Terrorabwehr dient, sondern zur Bespitzelung aller Bürger“, erläuterte der bürgerdemokratische Abgeordnete Marek Benda im Tschechischen Fernsehen. Er kritisiert außerdem, dass der Staat den Telefongesellschaften mehrere Hunderttausend Euro pro Jahr für die Datenspeicherung bezahlt.

Die Verfassungsbeschwerde soll in den nächsten Tagen eingereicht werden. Das Urteil der Brünner Richter darf mit Spannung erwartet werden.