Tschechisch-slowakische Begegnungen

Wie immer bei der jeweils letzten Ausgabe der Begegnungen im Monat beteiligten sich an der Gestaltung der folgenden Begegnungen unsere Kollegen von der deutschsprachigen Redaktion von Radio Slowakei International. Das gemeinsame Thema der folgenden tschechisch-slowakischen Begegnungen lautet: Opfer des Kommunismus.

230 Menschen wurden in der Tschechoslowakei nach Schauprozessen von den Kommunisten hingerichtet, Zehntausende unschuldige Menschen wurden zu jahrelangen Freiheitsstrafen verurteilt. Einer der ersten politischen Häftlinge des kommunistischen Regimes war Stanislav Lekavý. Er war 18 Jahre alt, als er im September 1948 verhaftet wurde. Wie er selbst sagt, war das Regime damals offiziell noch so zu sagen "freiheitlich". Einer seiner Mitschüler brachte ihm alte Tageszeitungen, die aus der Zeit vor dem kommunistischen Putsch stammten, und diese scheinen für ihn verhängnisvoll gewesen zu sein.

Erst nach einem Jahr im Gefängnis hat Stanislav Lekavý, wie er sagt, begriffen, dass sich die Gerichte nicht nach Gesetzen richten, sondern dass sie denjenigen, den sie verurteilen wollen, auch verurteilen und dass das Recht dem momentanen Bedarf angepasst wird. Wie geht er mit diesem Unrecht, das er erleben musste, um? Stanislav Lekavý dazu:

"Die Tatsache, dass mir einige Menschen Unrecht getan haben, und zwar ein großes Unrecht, die trage ich nicht in meinem Herzen. Ich war in meinem ganzen Leben nie jemandem böse, ich habe nie jemanden beneidet. In dieser Hinsicht war ich immer frei, es war das Leben selbst - meine Erlebnisse - dich mich befreiten," sagte Stanislav Lekavý.

Einen Augenblick in seinem Leben hält er jedoch für ausschlaggebend:

"Es war der 7. Oktober 1949, ich saß damals im Gefängnis in Plzen-Bory - in der sogenannten "Korrektion". Dort gab es nur Wände, kein Licht, man konnte fünf Schritte zu dem dunklen Fenster oder zurück zur Tür spazieren. Ich hatte damals eine Blutvergiftung und spürte, dass ich mich vom Leben allmählich verabschiede. In der Nacht gaben die Schmerzen nach, und ich hörte Gesang. Ich erkannte die Melodie - jemand von den Gefangenen sang das Lied ´Bliz, k tobe Boze muj´ - Näher zu dir, mein Gott, jedoch in englischer Sprache. Der Sänger verriet danach über sich, dass er ein Soldat war und in den Reihen der alliierten Truppen gegen die Nazi-Armee kämpfte. Er sang laut dieses Lied, um die anderen Gefangenen, zu ermuntern," sagte Stanislav Lekavy.

Auch wenn er aus einer mährischen katholischen Familie stammte, sagt er, dass er sich erst in diesem Moment dessen bewusst geworden ist, was der lebendige Glaube ist. Er bat damals den Gott darum, ihn zu retten.

Stanislav Lekavý musste als politischer Gefangener einige Jahre lang in den Urangruben arbeiten, danach war er bei den sogenannten PTP-Einheiten - den technischen Hilfsbatallions zur Zwangsarbeit eingesetzt. Nach seiner Freilassung arbeitete er Hilfsarbeiter und Kraftfahrer. 1979 wurde er geheim zum Priester geweiht. Am 25. September 1998 - genau 50 Jahre nach seiner Verhaftung - begann er als Seelsorger zu arbeiten. Seit 1999 ist P. Lekavý Rektor der Wallfahrtskirche "Maria Hilf" bei Zuckmantel/Zlaté Hory.

Das Wort hat jetzt meine Kollegin von Radio Slowakei International, Lydia Korecka:

...sagt der ehemalige politische Häftling Anton Srholec. Der katholische Priester vom Orden der Salesianer Don Boscos war 10 Jahre lang wegen seinem Glauben inhaftiert und zur Zwangsarbeit im Uranbergwerk Jachymov verurteilt. Heute ist er Mitglied der Organisation der ehemaligen politischen Häftlinge, die nach einer Rechtfertigung verlangt. In der Slowakei, dem kleinen Land mit 5 Millionen Einwohnern, waren während der kommunistischen Herrschaft unter dem Vorwand Feinde des Regimes zu sein 130 Menschen hingerichtet, gequält und erschossen worden. Viele Opfer sind bis heute unbekannt, weil sie einfach verschwanden und nie gefunden wurden, mehr als 70 000 Männer und Frauen waren in Gefängnissen. Heute fragt man sich natürlich, was mit denen passiert ist, die für den Schrecken und die Qualen der unschuldigen Menschen während der Totalität verantwortlich waren. Pater Anton Srholec klagt über die nun herrschenden politischen Zustände und die Passivität der Gesellschaft:

Es gibt z. Z. in der Slowakei keinen politischen Willen die Opfer des Kommunismus zu entschädigen. Wie könnte es ihn auch geben, wenn die Kommunisten wieder im Parlament sitzen?

Autoren: Martina Schneibergová , Lydia Korecka
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