Trübsinn an der Schwelle des neuen Jahres

Prag, 1. Januar 2004 (Foto: CTK)

Einige freuten sich, einige waren traurig, die einen waren erfolgreich, die anderen nicht, so ist das Leben! So etwa war der Tenor der ersten Neujahrsrede des tschechischen Präsidenten, in der er sich zum eben abgelaufenen Jahr äußerte. Wie sehen die Tschechen dem neuen Jahr entgegen? Mehr dazu von Jitka Mladkova.

Prag,  1. Januar 2004  (Foto: CTK)
Nun, das Leben geht weiter, und das, was Vaclav Klaus sagte, gilt im Prinzip auch für das neue Jahr und alle nachfolgenden, denn im Leben gibt es ja immer Gewinner und Verlierer. Für das Gedeihen eines Landes ist wohl das Verhältnis zwischen beiden ausschlaggebend. Für die Tschechische Republik begann das neue Jahr mit einem Staatsfeiertag, der kaum als solcher wahrgenommen ist. Seit 2001 gilt der 1. Januar im tschechischen Kalender als Tag der Erneuerung des selbständigen tschechischen Staates. Für die Mehrheit der Bevölkerung wird er aber traditionsgemäß als Neujahrstag wahrgenommen, an dem nicht gearbeitet wird, - schließlich für viele nach einer langen stürmischen Silvesternacht undenkbar - als ein Tag also, der eher einen geruhsamen Verlauf hat. Mehr denn je stellen sich viele gerade an diesem Tag die Frage, was auf sie im neuen Jahr zukommen werde. Dieser Gedanke mag bei vielen Tschechen Trübsinn ausgelöst haben, denn der Ausblick auf das historische Jahr 2004, in dem Tschechien Mitglied der Europäischen Union werden wird, jagt ihnen auch eine Gänsehaut ein. Die Regierung hat bereits vor Weihnachten ihre Entscheidung kundgegeben, eine weitere Schlacht um die zweite Phase der Finanzreform auszufechten. Ministerpräsident Vladimir Spidla ist zuversichtlich. Nach seiner Überzeugung werde es der Koalition gelingen, die Bevölkerung vom Sinn der Reform zu überzeugen. Und doch nach ihrer Durchsetzung soll das Leben in Tschechien wieder besser werden. In einem Gespräch mit dem Tschechischen Rundfunk hat er, wie es seine Art ist, sachlich die absehbare Zukunft skizziert:

"Allgemein kann man folgendes sagen: Die Tschechische Republik ist ein relativ entwickeltes Land, hat aber bestimmte Schwächen, wie z.B. die demografische Alterung, mangelnde innovative Prozesse, Mängel in den Bereichen Schulwesen, Wissenschaft und Entwicklung usw. usf. Wir müssen also auf diese Herausforderungen reagieren, die uns bevorstehen."

Im Unterschied zu Premier Vladimir Spidla sieht ein Teil der Nation der Zukunft mit echten Befürchtungen entgegen. Diese nehmen mit dem nahenden EU-Beitritt zu. Dies trotz der Tatsache, dass die Mehrheit der Politiker und Ökonomen darin übereinstimmen, dass dieser keine tief greifende Wende im Leben der Bevölkerung herbeiführen wird. Immerhin, die aktuellen Angaben über das Vertrauen in die Preisstabilität sagen das Gegenteil aus. Wie die Freitagausgabe der Wirtschaftszeitung Hospodarske noviny aufgrund einer von der Gesellschaft STEN/MARK durchgeführten Studie informiert, ist das Vertrauen der Verbraucher in Tschechien in den letzten Monaten 2003 auf dasselbe Niveau wie vor vier Jahren gesunken. Ähnliches wurde z.B. im September 2001 nach den Terroranschlägen in den USA oder nach der Hochwasserkatastrophe 2002 verzeichnet. Das Vertrauen der Verbraucher habe sich aber immer nach einiger Zeit wieder erholt. In diesem Zusammenhang zitiert das Blatt Jan Lajko von der Gesellschaft STEN/MARK: "Der Verbraucher kann viel vertragen, weil er ein kurzes Gedächtnis hat. Das, was sich im letzten Halbjahr abspielt, erinnert an einen Krug, der überzulaufen beginnt." Jan Lajko zufolge erinnere die beschriebene Situation an das Jahr 1997, als nach der Durchsetzung der Sparpakete und der anschließenden Hochwasserkatastrophe in Mähren die Regierung des damaligen Premiers Vaclav Klaus ihren Rücktritt ankündigte.