Ökologisches Zentrum Toulcuv dvur

Einen gotischen Speicher, Ställe aus der Barockzeit, aber auch eine beachtenswerte Natur kann man beim Besuch im so genannten Toulcuv dvur erleben, wo sich seit einigen Jahren das ökologische Zentrum der Hauptstadt Prag befindet. In diese Naturoase, die sich nahe einer Plattenbausiedlung im Stadtteil Hostivar befindet, laden Sie im folgenden Spaziergang durch Prag Martina Schneibergova und Daniel Satra ein.

Die erste Erwähnung eines Bauernhofes in der Gemeinde Hostivar stammt vom 11. Juni 1362. Damals bekam der Vogt Petrík aus Lestany das Gut vom Abt des Klosters in Sazava, Vojtech, als Pfand. Die Festung war Jahre lang im Besitz des Klosters von Sázava, danach ging sie an den höchsten Burggrafen über und wurde von den böhmischen Ständen verwaltet. 1866 wurde das Areal Eigentum der Gemeinde des Königtums Böhmen. Der letzte Mieter des Hofs war Frantisek Toulec, nach dem der Hof schließlich benannt wurde. In den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurde das Areal vom damaligen Prager staatlichen landwirtschaftlichen Betrieb genutzt. 1992 wurde der einstige Bauernhof gemeinnützigen Organisationen zur Verfügung gestellt, auf dem Gelände entstand inzwischen ein ökologisches Zentrum, das den Namen Toulcuv dvur trägt. Besitzer des Grundstücks und der Gebäude ist der Prager Magistrat, die Interessenvereinigung Toulcuv dvur hat das Areal für eine Dauer von fünfzig Jahren gemietet. Mitglieder der Vereinigung sind drei Organisationen: die Bewegung Brontosaurus Botic, die Bürgervereinigung SRAZ - unter den vier Buchstaben verbirgt sich das Motto "Spolecne za radosti a zdravim" - zu deutsch etwa "Gemeinsam auf der Suche nach Freude und Gesundheit", und das dritte Mitglied ist eine Zweigstelle des Tschechischen Naturschutzverbandes. Das ökologische Zentrum wird von Leos Stibor geleitet, der Landschaftsökologie an der Prager Landwirtschaftlichen Universität studiert hat und bemüht ist, das Zentrum der Prager Öffentlichkeit näher zu bringen. Über die Vereinigung Toulcuv dvur sagte er:

"Die Interessenvereinigung stellt eine Art Dachorganisation dar, die die Tätigkeit koordiniert und die das Zentrum leitet und es nach außen repräsentiert. Ohne die einzelnen Mitgliedsorganisationen würde das Zentrum nicht laufen, denn sie beteiligen sich an den Aktivitäten, die sozusagen "sichtbar" sind. Die Bewegung Brontosaurus Botic bereitet ökologische Unterrichtsprogramme für Schulen vor. Täglich wird das Zentrum von drei bis vier Schulklassen besucht, die an einem der Programme teilnehmen. Diese befassen sich mit einem Thema - z. B. mit dem Wald, mit dem Wasser, aber auch damit, wie das Brot gebacken wird. Die Schüler können hier Getreide ausdreschen, Mehl mahlen und schließlich auch Brot backen."

Im ökologischen Zentrum befindet sich auch eine Farm mit verschiedenen Haustieren, so dass hier Großstadtkinder die Möglichkeit haben, die Arbeit auf einer Farm hautnah zu erleben. Für die Farm sind die Mitarbeiter der Bewegung Brontosaurus Botic gemeinsam mit der Bürgerinitiative SRAZ verantwortlich. Leos Stibor fügt hinzu:

"Die Vereinigung SRAZ ist für die Pferde, für den Reiterhof, für die Hippotherapie verantwortlich. Die Hippotherapie - also das therapeutische Reiten - ist vor allem für behinderte Kinder bestimmt und ist unter ihnen sehr belieb."

Gemeinsam beteiligen sich die einzelnen Organisationen an der Instandhaltung und Renovierung des ganzen Areals, das in historischen Räumlichkeiten untergebracht ist:

"Toulcuv dvur ist ein Komplex von Gebäuden, die unter Denkmalschutz stehen. Von den interessantesten Objekten würde ich den Speicher nennen. Es ist eigentlich ein restlicher Teil der ursprünglichen mittelalterlichen Festung. Wir haben dort eine Ausstellung landwirtschaftlicher Instrumente ins Leben gerufen, die auf dem Bauernhof benutzt wurden. Außerdem findet man dort eine Ausstellung über die Entwicklung des Lebens auf der Erde und eine Ausstellung über die Leinverarbeitung. Im Speicher spielen sich auch die Bildungsveranstaltungen für Kinder ab. Im oberen Teil des Speichers werden verschiedene Naturmaterialien, mit denen wir hier arbeiten, aufbewahrt - wie getrocknete Blumen, Stroh und Getreide."

Im Gebäude, das "Gehöft" genannt wird, findet man auch einen Bio-Laden, wo Bio-Produkte verkauft werden. Leos Stibor zeigte mir auch die weiteren Räumlichkeiten:

Leos Stibor
"Es gibt hier auch einen Klub Namens "Materidouska" - zu deutsch bedeutet das Quendel - das ist vor allem ein Klubraum für Mütter mit Kindern. Sie können mit der Lektorin regelmäßige Besuche mit bestimmtem Programm vereinbaren. Diese Klubtätigkeit ist sehr populär, der Klub wird viel besucht."

Das Gebäude, das man in Toulcuv dvur von der Haltestelle des Busses Nr. 177 aus als erstes sieht, sind die ehemaligen Ställe. Unter Maria Theresia gab es hier Ställe für bis zu 400 Schafe. Nach Worten von Leos Stibor war es nicht einfach, das Objekt zu rekonstruieren - heutzutage gibt es dort einen Saal für mehr als 100 Menschen. Neben Ausstellungen werden alle größeren Veranstaltungen, die meistens samstags stattfinden, eben in diesem Saal organisiert. Vor einem Monat konnte man dort z. B. einen St. Nikolaus-Jahrmarkt besuchen.

Ein weiteres Gebäude des ökologischen Zentrums ist die frühere Scheune.

"Im nördlichen Teil der Scheune wird ein ökologischer Kindergarten errichtet. Wir warten jetzt darauf, ob wir finanzielle Unterstützung vom Umweltfonds bekommen, um das Projekt voranzutreiben. Im Dachboden bieten wir die Möglichkeit an, Besucher unterzubringen. Wir bemühen uns dabei den gemeinnützigen Organisationen Unterkunft mit Ermäßigungen anzubieten."

Das ökologische Zentrum ist täglich von 8 bis 18 Uhr geöffnet. Dann ist das gesamte Gelände, das eine Fläche von 8,5 Hektar umfasst, zugänglich. Bestandteil des Zentrums sind nicht nur die erwähnten Gebäude, sondern auch ein kleiner Wald, ein Kirschgarten, kleine Felder sowie Auslaufflächen für die Tiere. Dies alles können die Besucher im Rahmen eines Lehrpfads kennen lernen. Toulcuv dvur ist inzwischen vor allem dem naturinteressierten Publikum ein Begriff. Das Interesse für die einzelnen Veranstaltungen ist enorm. Leos Stibor dazu:

"Wir müssen oft überlegen, ob unsere Kapazität überhaupt ausreichend ist. Denn es ist dann unangenehm, die Interessenten abzulehnen. Wir wollen uns deswegen jetzt auf eine gezielte Ankündigung unserer Aktivitäten konzentrieren. Sonst würden wir gern noch mehr Besucher aus den Reihen der Öffentlichkeit in den Nachmittagsstunden bei uns begrüßen. Denn wir bemühen uns darum, das Öko-Zentrum zu einem Ausflugsziel für Prager Bürger zu machen. Wir erwarten zugleich, dass wenn mehr Leute kommen, es möglich sein wird, hier auch einen Laden mit Gegenständen aus Naturmaterialien zu öffnen. In seinem Rahmen könnte auch eine Werkstatt eröffnet werden."

Leos Stibor zufolge möchten die Mitarbeiter des Zentrums auch die Umgebung des Hofs verschönern. Zu diesem Zweck wird eine Spendensammlung organisiert. Die Lage des Zentrums ist verhältnismäßig günstig, denn von der Bushaltestelle ist es nur einige Schritte entfernt:

"Wir würden außerdem gern auch die Lücke im Kulturangebot dieses Stadtteils ausfüllen. Unser Kulturangebot möchten wir an die jüngere Generation richten, denn in der Nähe gibt es hier einige Studentenheime. Es könnte sich um Musikveranstaltungen, aber auch um interessante Lesungen oder Vorträge z. B. über Forschungsreisende handeln. Dies alles gehört meiner Meinung nach mit hinein in den Bereich der Ökologie."

Mehr über das Öko-Zentrum Toulcuv dvur erfahren Sie unter www.toulcuvdvur.cz