"Hommage a Leos Janacek" im Brünner "Haus der Kunst"

Leos Janacek im Jahre der Uraufführung von Jenufa (1904)

Eine Reihe von Veranstaltungen erinnert dieser Tage vor allem in der mährischen Metropole Brno/Brünn an den Komponisten Leos Janacek, dessen 150. Geburtstag im Jahr 2004 begangen wird. Im Brünner "Haus der Kunst" ist seit einer Woche unter den Namen "Hommage a Leos Janacek" eine Ausstellung moderner Kunst zu sehen. Markéta Maurová hat sich am Tage der Eröffnung nach Brno begeben und näheres von deren Kurator, Dr. Petr Spielmann, erfahren. In der folgenden Ausgabe von "Reiseland Tschechien" können auch Sie, liebe Hörerinnen und Hörer, das Haus der Kunst besuchen. Gleichzeitig nimmt der Besuch eine Serie vorweg, die wir im Rahmen dieser Sendereihe für das gerade begonnene Jahr der tschechischen Musik 2004 planen. Zehn musikalische Reisen, jeweils am ersten Wochenende des Monats, werden Sie dabei unternehmen können. Nun aber hinein ins historische "Haus der Herren von Kunstadt" nach Brno.

Ausstellung
In Brno wurde eine Ausstellung eröffnet, die den Namen ‚Hommage a Leos Janacek' trägt. Sie sind der Autor der Idee, können Sie uns etwas zur Entstehungsgeschichte dieser Ausstellung sagen?

"Ich wurde gebeten, zum großen Jubiläum von Janacek - 150 Jahre seit seiner Geburt - eine Ausstellung zu machen. Ich habe 200 Künstler aus der ganzen Welt angeschrieben und sie gebeten als eine Ehrung für Janacek ein Werk nach Brünn zu schicken. Außerdem hatten die Autoren noch die Möglichkeit, sich wörtlich zu äußern. Und es war für mich schon eine Überraschung, dass 110 von diesen 200 angeschriebenen Künstlern positiv geantwortet haben. Nach verschiedenen Schwierigkeiten sieht es heute so aus, dass 103 Künstler aus der ganzen Welt in der Ausstellung präsent sind. Es gibt hier Bilder, Skulpturen, Graphiken, Zeichnungen, also es ist eine sehr vielfältige Ausstellung. Überraschend ist, dass die Künstler wirklich sehr bedeutende Werke, also nicht etwas am Rande ihres Schaffens geschickt haben, sondern wirklich bedeutende Werke, und so ist diese Ausstellung eine Übersicht über die zeitgenössische Kunst in Europa. Und das ist, glaube ich, etwas sehr wichtiges."

Wie haben Sie ausgerechnet diese 200 Künstler ausgewählt, die Sie angesprochen haben? Haben Sie vielleicht von einigen gewusst, dass sie eine Beziehung zu Janacek bzw. zur tschechischen Musik haben, oder wollten Sie eher das Beste der Gegenwartskunst präsentieren?

"Die Entstehungsgeschichte geht auf meine Tätigkeit zurück - ich war lang Direktor des Museums in Bochum und habe dort sehr viele Kontakte zu Künstlern angeknüpft. Ich habe also die Künstler ausgewählt, von denen ich dachte, dass sie eine Beziehung zu Janacek haben könnten, oder manche sogar, von denen ich wusste, dass sie sich mit der Beziehung bildende Kunst - Musik befassen. Das ist ein Thema, das mich immer schon interessiert hat, und ich habe auch schon einige Ausstellung zu diesem Thema gemacht. Aber ich habe dann auch Künstler gewählt, von denen ich dachte, dass man sie dazu bewegen könnte, sich zu so einem Thema zu äußern."

Wie haben die Künstler auf diesen Auftrag reagiert? Findet man hier direkte Inspirationen durch das Werk Janaceks oder was kann man hier sehen?

"Also es gibt hier verschiedene Werke. Es gibt hier Werke, die die Künstler als Hommage gedacht und geschickt haben. Sie müssen nicht eine direkte Beziehung zu einem Werk haben, aber es gibt hier auch eine Reihe von Bildern, die zu ganz konkreten Kompositionen von Janacek eine Beziehung haben. Hier sind z.B. drei Bilder von Thomas Grochowiak und das sind drei Sätze aus dem Zweiten Quartett ,Intime Briefe'. Daneben ist die österreichische Künstlerin Uta Peyrer-Prantl, das sind sieben Sätze der Sinfonietta. Das hier ist ein Bild von Inge Prokot, das ist auch eine Inspiration durch die Sinfonietta. Daneben ist eine Inspiration durch die Oper ,Die Sache Makropulos'. Hier ist ein Bild von Eva Vones, das ist eine tschechische Künstlerin, die in Wien lebt. Und das Bild ist inspiriert durch den Klavierzyklus ,Auf verwachsenem Pfade'. Also, Sie sehen, es gibt hier direkte Inspirationen, aber es gibt hier auch manche lockere Inspiration. Und dann auch ganz strenge Werke geometrischer Art. Werke, die sich mit der Beziehung ,bildende Prinzipien und kompositorische Prinzipien' befassen. Es gibt da selbstverständlich große Beziehungen. Janacek selber hat sich sehr mit bildender Kunst befasst. Aber er hat auch etwas anderes gemacht, was hier ja auch zur Sprache kommt. Er hat sich eine Theorie der so genannten Sprachmelodien ausgedacht. Er hat Sätze oder Teile von Sätzen in Noten notiert. Z.B. - das ist eine sehr berühmte Sache - er hat einen Vortrag von Rabindranath Tagore notiert. Und diese einzelnen Sprechgesangsmotive hat er dann für seine kompositorische Arbeit genutzt. Aber was war dabei wichtig, sein Interesse war ein psychologisches. Er wollte z.B. denselben Satz notieren, wie man ihn sagt, wenn man traurig ist, wenn man lustig ist, wenn man froh ist, also die Sprache aus psychologischen Aspekten zu untersuchen. Und es ist ja interessant, dass Janacek aus Hukvaldy in Nordmähren stammt. 30 Kilometer von seinem Geburtsort liegt der Ort Pribor, wo Sigmund Freud geboren ist. Zwar etwas später, aber sie sind fast Zeitgenossen und es gibt da sicherlich irgendeine Verwandtschaft. Und es war ja so, dass die Theorie von Freud, die ganze Kunst des 20. Jahrhunderts bedeutend beeinflusst hat."

In der Ausstellung sind über 100 Bilder, Skulpturen und Kunstwerke zu sehen. Einige davon werden auch weiterhin in Brünn bleiben...

"Ja es besteht die Absicht... In der Masaryk-Universität in Brünn wurde eine Kunstsammlung gegründet. Und dieser Kunstsammlung hat ungefähr die Hälfte der Künstler ihre Werke gewidmet. Und das ist, glaube ich, eine großartige Sache, dass man hier jetzt auf einmal einen kleinen Durchschnitt durch die europäische Kunst bekommt, der ständig in Brünn bleiben wird und der eigentlich eine Lücke füllen wird. Weil wir hier in der Tschechoslowakei praktisch seit 1938 nicht sehr lebendige Kontakte zur Kunst in der Welt hatten. Man hatte persönliche Kontakte und man hat Sachen gesehen, darüber in Zeitschriften gelesen, aber die Werke hat man meistens nicht gesehen."

Diese Ausstellung gilt als Hommage a Janacek. Wie ist Ihre persönliche Beziehung zu diesem Komponisten, zu diesem Musiker?

"Also ich empfinde diese Ausstellung auch als meine persönliche Hommage a Janacek. Für mich war das eine der wichtigsten Inspirationen in meinem Leben, ich liebe seine Musik, ich liebe seine Opern. Aber ich bin auch Volkskundler und ich habe mich auch mit Janaceks Theorien über die Volksmusik und über das Volkslied befasst, und auch dort war er für mich eine sehr wichtige Person."