Empire-Schloss in Boskovice

Das Schloss in Boskovice, foto: Lasy, CC BY 3.0 Unported

Boskovice - ein Städtchen in Südmähren, vor allem aber sein Schloss sind heute unsere Ziele in der Sendereihe "Reiseland Tschechien". Nur wenige Denkmäler sind bis heute in einer so reinen stilistischen Form bewahrt geblieben, wie das Schloss in Boskovice, das am Anfang des 19. Jahrhunderts, in der Ära der Empire-Mode, gebaut worden war.

Boskovice
Die Stadt Boskovice bekam ihren Namen höchstwahrscheinlich vom slawischen Stamm der Bozkovici, der dort einmal siedelte. Die Volkstradition überliefert aber auch eine Sage, die Ende des 16. Jahrhunderts schriftlich festgehalten wurde. Der Vögelfänger Velen, der einst das Leben eines Brünner Fürsten gerettet und dafür reich belohnt worden war, beaufsichtigte über den Bau der Burg. Er spazierte barfuß auf der Baustelle herum und auf einmal trat er sich einen Dolch in seinen Fuß. Er werde nie mehr barfuß gehen, rief Velen aus. Und da liegt der Kern des Pudels: "nie mehr barfuß" - auf Tschechisch: "nikdy bosko více" schrie der Vogelfänger Velen. Und seitdem trägt die Stadt den Namen Boskovice.

Das Schloss in Boskovice,  foto: Lasy,  CC BY 3.0 Unported
Die historischen Quellen ermöglichen es nicht, die ältesten Anfänge der Herren von Boskovice und der Entstehung der Stadt zu ermitteln. Wir wissen sicher, dass Boskovice als ein Marktflecken unterhalb der Burg entstand, in dem sich Handwerkproduktion und Handel konzentrierten. Die erste Erwähnung stammt aus einer Urkunde des Königs Premysl Ottokar II. vom Jahre 1222.

Anfang des 13. Jahrhunderts entwickelte sich die Siedlung zum Wirtschafts-, Verwaltungs- und Kirchenzentrum des Herrschaftsgebiets und einige Jahre später nutzte sie schon das Nürnberger Bürgerrecht. 1463 erhielt Boskovice vom König Georg von Podiebrad das Marktrecht. Zur Stadt wurde es erst unter der Habsbuger Kaiserin Maria Theresia im 18. Jahrhundert erhoben.

Das Schloss in Boskovice
An Stelle des heutigen Schlosses stand ursprünglich ein Dominikanerkloster, das nach seiner Schließung Ende des 18. Jahrhunderts kurze Zeit als Manufaktur zur Produktion von Farbstoffen diente. Der Umbau dieses Klosters zu einem Schloss wurde in den Jahren 1819-1826 unter Franz Xaver von Dietrichstein realisiert. Es entstand eines der reizvollsten Schlösser in Mähren, das seinen reinen Stil bis heute bewahrt hat.

Im Jahre 1856 überging es in den Besitz der Grafen Mensdorff-Pouilly, die es bis 1950 inne hatten, dann enteignet wurden und es im Jahre 1991 im Laufe der Restitutionen nach der politischen Wende zurückbekamen. Heute leben zwei Brüder im Schloss, die wir Ihnen bereits in unserer Sendereihe "Begegnungen" vorgestellt haben. Sie haben uns auch über das Schloss berichtet, sowie darüber, wie ihre Familie nach Mähren kam. Ihre Wurzeln liegen in Lothringen, in Pouilly sur Meuse. Nach der Französischen Revolution haben sie jedoch Frankreich verlassen. Hören Sie Friedrich Mensdorff-Pouilly:

Das Schloss in Boskovice
"Unser Ur-, Ur-, Urgroßvater mit Frau und zwei Söhnen wollte scheinbar nicht guillotiniert werden. Er war Kommandant eines königlichen Regiments und hat es praktischer gefunden, mit seinem Kopf wegzugehen als ohne Kopf zu bleiben. Und die Söhne haben, wie man damals sagte, 'nome de guerre', angenommen, d.h. einen Familiennamen für den Krieg, und als Mensdorff haben sich die Söhne gegen die Revolution und dann gegen Napoleon geschlagen, und dann wurden sie als Mendsdorff-Pouilly im österreichischen Kaiserreich akzeptiert."

Nach Boskovice kam die Familie Mitte des 19. Jahrhunderts.

Ruine der Burg der Herren von Boskovic
"Ungefähr nach 1850, nach der Hochzeit unseres Urgroßvaters mit seiner ersten Frau, Dietrichstein. Seither sind die Mensdorff-Pouilly hier. Ich möchte noch zurückkommen, auf die Wurzeln, die Familie hat Pouilly geheißen, und heißt Mensdorff seit der Französischen Revolution. Nach der Französischen Revolution hat unser Ur-, Ur-, Urgroßvater seinen Söhnen den Namen Mendsorff gegeben, damit sie nicht erkannt würden, wenn sie von Revolutionären gefangen worden wären. Und seither heißen wir Mensdorff-Pouilly."

Über das Schloss erzählt uns der Bruder Hugo Mensdorff-Pouilly.

"Es ist ein Empire-Schloss, das es hier sonst weit und breit nicht gibt. Es hat zwei große Sachen, die wirklich markant sind. Es ist die Haupttreppe, das Stiegenhaus ist eine unglaubliche Sache. Es ist eine Doppelstiege, zwei Stiegenhäuser hintereinander bzw. nebeneinander. Und dann ist hier der Saal, der größte Raum des Schlosses. Er ist zweistöckig, natürlich wiederum im Empirestil gebaut. Das Schloss ist teilweise im Empirestil eingerichtet, es sind Möbel da, es sind Bilder da. Wir haben hier z. B. eine Sammlung von fünf oder sieben Bildern, die Schlachten aus dem Dreißigjährigen Krieg darstellen. Sie sind auf Büffelleder gemalt, niemand weiß, von wem."

Judenstadt in Boskovice
Vor allem einige Kuriositäten ziehen die Aufmerksamkeit der Besucher auf sich: Ein Kupferglobus, auf dem Sternbilder mit Hilfe von Wappen dargestellt sind, ist von nur dreien solchen Globen weltweit. Ein Rokoko-Puppentheater ist ein Geschenk der britischen Königin Victoria. Ebenso wie das Theater, dienten auch Miniatur-Möbel, die im Schloss ausgestellt sind, den Kindern. Hugo von Mensdorff-Pouilly empfiehlt dennoch, vor allem in der Umgebung des Schlosses spazieren zu gehen.

"Eine Besichtigung nur vom Schloss hat natürlich keinen Sinn. Sie sollen herkommen, weil die Umgebung prachtvoll ist. Für mich ist es natürlich die allerschönste Umgebung überhaupt. Es sind prachtvolle und gute Wälder. Oben ist eine Ruine einer mächtigen Burg der Herren von Boskovic, das war einmal ein mächtiger Stamm. In Boskovice befindet sich eine interessante Judenstadt bzw. ein Rest der Judenstadt mit einem interessanten jüdischen Friedhof. Es gibt eine sehr schöne gotische Kirche hier, einfach, aber hübsch. Es gibt eine Friedhofskirche, die klein, aber sehr hübsch ist. Man kann hier Sport treiben. Es ist nicht nur das Schloss, sondern das ganze zusammen. Ich will das Schloss nicht vom anderen trennen."