Stahlwerk INH versüßt Entlassung mit überdurchschnittlicher Abfindung

Wenn große Firmen schlecht wirtschaften, uneffektiv arbeiten oder an der Börse ihre Gewinne verspekulieren, dann hat das zumeist unangenehme Folgen. In der Regel stehen solche Unternehmen dann vor dem Konkurs und müssen jede Menge Arbeitnehmer entlassen. Ein Vorgang, der zumeist alle Beteiligten schmerzt. Dass Entlassungen bzw. freiwillige Kündigungen aber nicht immer mit einer finanziellen Talfahrt verknüpft sein müssen, beweist das Beispiel des größten tschechischen Stahlwerks, der Gesellschaft Ispat Nová hut (INH) in Ostrava/Ostrau. Was es mit diesem Beispiel auf sich hat, das verrät Ihnen Lothar Martin.

Seit diesem Montag herrscht in den Verwaltungsräumen der INH-Gesellschaft ein Riesenandrang. Denn das Unternehmen hat bekannt gegeben, dass alle Beschäftigten, die bis zu 12. November ihre freiwillige Kündigung einreichen, mit einer Abfindung von 25 Monatsgehältern rechnen dürfen. Wer seinen Antrag hierbei schon bis zum 1. November formuliert hat, erhält im Falle der Antragsbewilligung noch ein weiteres Monatsgehalt hinzu. Dass nicht alle Anträge positiv beschieden werden, liegt auf der Hand: Das Stahlwerk will nämlich verhindern, dass auch Arbeitnehmer die Flucht nach vorn antreten, die auf dem Markt schwer zu finden sind. Dazu zählen zum Beispiel Schweißer oder Fräser. Was aber hat das Unternehmen dazu bewogen, mit dieser außergewöhnlichen Maßnahme den Arbeitsplatzabbau einzuleiten. Dazu sagte Firmensprecher Ivo Celechovský:

"Die Bedingungen zur Restrukturierung und Privatisierung unseres Stahlwerks sehen anhand unserer mit dem Staat getroffenen Privatisierungsvereinbarung vor, dass wir uns u. a. dazu verpflichten, die Konkurrenzfähigkeit und den Mehrwert des Unternehmens zu erhöhen und andererseits die Anzahl der Beschäftigten zu verringern. Und zwar bis Ende nächsten Jahres auf die Zielgröße von 8862 Arbeitnehmern. Da die Firma sowohl im vergangenen als auch in diesem Jahr sehr gut gewirtschaftet hat, wollen wir den Arbeitnehmern ihren Abgang dadurch erleichtern, indem wir sie freiwillig entscheiden lassen, ob sie das Werk verlassen wollen oder nicht. Und deshalb bieten wir Ihnen diese ungewöhnliche Lösung an."

In der Tat, diese Lösung spricht für sich. Und bis zu 1000 Arbeitnehmer, für die das Werk eine solche Abfindungssumme bereithält, wollen auch von dieser Regelung Gebrauch machen. Welche Berufsgruppen das vor allem sind, dazu sagte Sprecher Celechovský:

"Einer in der vergangenen Woche gemachten inoffiziellen Umfrage zufolge haben vor allem Arbeiter und Verwaltungsangestellte im Vor-Renten-Alter ein großes Interesse an einem frühzeitigen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis. Des weiteren sind es Arbeitnehmer im mittleren Alter, die eventuell als private Unternehmer beginnen wollen, und nicht zuletzt sind das Arbeiter in Berufen, die darüber bescheid wissen, dass sie sich in ihrem Job auch weiterhin auf dem Arbeitsmarkt behaupten können."

Die Gesellschaft INH hat derzeit 10.800 Beschäftigte. Nicht zuletzt dank der ungewöhnlichen Abfindungsmaßnahme soll sich ihre Zahl bis Ende 2005 auf die bereits erwähnten 8862 Arbeitnehmer verringern.