Kinderpsychologe Zdenek Matejcek gestorben

Zdenek Matejcek (Foto: CTK)

Er war ein international anerkannter Begründer der modernen tschechischen Kinderpsychologieforschung, er gehörte zu den ersten Kritikern der kommunistischen Kollektiverziehung und er war ein Befürworter des klassischen Familienmodells. Die Rede ist vom namhaften tschechischen Kinderpsychologen Zdenek Matejcek, der am Dienstag im Alter von 82 Jahren gestorben ist. Mehr über seine Tätigkeit erfahren Sie von Martina Schneibergova.

Zdenek Matejcek  (Foto: CTK)
Der auch außerhalb Tschechiens bekannte Professor, der u. a. der Meinung war, dass eine Strafe nicht erzieht, sollte ursprünglich Lehrer werden. Er studierte Philosophie und Literatur, aber in den schlimmsten kommunistischen Zeiten - in den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts - wurde es ihm nicht erlaubt, den Lehrerberuf auszuüben. Er begann im Prager Institut zu arbeiten, das 1953 in Psychiatrische Kinderambulanz umbenannt wurde. Dort beteiligte er sich zunächst an den Forschungen über verschiedene Lernstörungen und konzentrierte sich später auf langfristige Beobachtungen der Kinder, die außerhalb ihrer eigenen Familie erzogen wurden und sozial gefährdet waren. Bahn brechend waren seine Erkenntnisse über die Deprivation der Kinder, die er in den sechziger Jahren veröffentlichte. Er hob immer die Bedeutung des Familienmilieus für die Entwicklung des Kindes hervor.

Professor Matejcek wirkte als Pädagoge an der Karlsuniversität, arbeitete mit dem Prager Zentrum für Psychiatrie zusammen und propagierte seine Forschungsergebnisse im Bereich der Kinderpsychologie in den Medien. 1996 wurde er von Präsident Vaclav Havel mit der Verdienstmedaille ausgezeichnet. Professor Matejcek hat die wissenschaftlichen Möglichkeiten nie überschätzt. Vor kurzem sagte er gegenüber Radio Prag:

"Es gibt vieles, was wir noch lernen sollten. Die kleinsten Kinder verstehen wir immer noch nicht so richtig, weil uns das Kind nichts mitteilen kann. Wir versuchen sein Verhalten nur zu entschlüsseln und vermuten oder schätzen ab, was das Kind in etwa erlebt. Wir können uns davon aber durch kein Experiment überzeugen."

Der Präsident der Tschechischen Gesellschaft für Sozialpädiatrie, Frantisek Schneiberg, arbeitete mit Professor Matejcek zusammen:

"Professor Matejcek war vor allem Begründer der so genannten tschechischen kinderpsychologischen Schule. Er beeinflusste bedeutend einige Generationen von Kinderpsychologen und Kinderärzten. In der Welt ist er durch sein Werk über die Deprivation im Kindesalter bekannt geworden. In diesem Buch, das 1962 erschien, beschrieb er die damalige Lage in den Kinderheimen bei uns sehr treffend. Professor Matejcek hat bewiesen, dass die Deprivation wieder geheilt werden kann, wenn das Kind aus einem Heim in die Familie zurückkehrt. Dieses Buch wurden inzwischen in vielen Ländern herausgegeben, darunter auch in den USA. Professor Matejceks Lehre, dass die Familie das wichtigste Milieu für die Erziehung der Kinder darstellt, war selbstverständlich in den Zeiten der kommunistischen Erziehung unbeliebt. Aus dem Grund konnte Zdenek Matejcek der Professortitel erst nach der Wende, und zwar 1995, verliehen werden. Seine Lehre über die Kinderdeprivation war für die Erziehung der Kinder aus einem schlechten sozialen Milieu wichtig. Dank ihm sah die Erziehung in den Kinderheimen bei uns anders als in anderen osteuropäischen Ländern - wie z. B. in der DDR - aus. In den Kinderheimen hat man sich bei uns doch bemüht, sich dem Familienmilieu zu nähern. Ich bin sehr glücklich, dass ich mit Professor Matejcek zusammenarbeiten konnte. Wir arbeiteten an derselben Kinderklinik in Prag. Vor einigen Wochen diskutierte ich mit ihm über das Konzept der Ersatzfamilienfürsorge in der Tschechischen Republik. Ich habe mich darauf gefreut, dass ich mit ihm den Entwurf in den nächsten Tagen dem Ministerium unterbreiten werde. Leider wird es nicht mehr möglich sein, und dies tut mir sehr Leid."