Nadeje - Hoffnung für Obdachlose und Hilfsbedürftige

Prager Hauptbahnhof

Der Stadtpark neben dem Prager Hauptbahnhof ist Sammelpunkt für Obdachlose nicht nur aus Prag. Die unabhängige Hilfsorganisation Nadeje unterhält hier ein Tageszentrum für Menschen ohne Zuhause - gerade in der kalten Jahreszeit eine wichtige Hilfe. Thomas Kirschner berichtet.

Durch die kahlen Bäume des Prager Stadtparks scheint die Kuppel des historischen Hauptbahnhofs. Einst war hier das eleganteste Viertel der Stadt, auf kiesbestreuten Wegen führten Gouvernanten ihre Zöglinge spazieren. Von der Pracht vergangener Zeiten ist nichts geblieben, der Park durch den Bau der Stadtautobahn und einer Bahnhofserweiterung auf eine kümmerliche Wiese zusammengeschrumpft. Heute treffen sich hier die Obdachlosen, Menschen aus allen Teilen der Republik, die schließlich in der Hauptstadt gestrandet sind.

Gleich neben dem Park unterhält die unabhängige Prager Hilfsorganisation Nadeje, zu Deutsch Hoffnung, in einigen Kellerräumen ein Tageszentrum für Obdachlose. Vor allem in der kalten Jahreszeit drängen sich hier die Menschen:

"Im Winter haben wir hier einen vielfachen Anstieg der Leute, die Hilfe suchen, und unsere Möglichkeiten reichen nicht mehr aus. Während an einem Sommertag ungefähr 100 Obdachlose zu uns kommen, sind es jetzt 300 oder auch mal 350 Leute. In der kleinen Teeküche kochen wir jeden Tag 400 warme Mahlzeiten - das ist ein wahres Babylon."

Ladislav Varga, der Leiter des Zentrums, bemüht sich mit seinem Team, den Mangel zu managen. Neben einer warmen Mahlzeit können Obdachlose hier Kleidung erhalten. Es gibt Waschgelegenheiten, einen Aufenthaltsraum und ärztliche und soziale Betreuung.

Das Tageszentrum am Stadtpark ist aber nur eine der Einrichtungen, die die Hilfsorganisation Nadeje betreibt. Vor fast 15 Jahren, kurz nach der Wende in Tschechien, wurde sie auf private Initiative hin gegründet, um den Problemen der sich schnell wandelnden Gesellschaft zu begegnen. 1990 waren es die in großer Zahl amnestierten Häftlinge aus sozialistischen Gefängnissen und Flüchtlinge aus Rumänien, heute kümmert man sich um bedürftige Senioren, geistig Behinderte und vor allem auch um Obdachlose. Neben Heilsarmee, Caritas und Diakonie ist Nadeje inzwischen zu einer der großen Hilfsorganisationen in Tschechien geworden. Noch schneller als Nadeje wuchs allerdings das Problem der Obdachlosigkeit - während des Sozialismus ein unbekanntes Phänomen. Heute leben allein in Prag rund 4000 Menschen auf der Straße. Ohne einen deutlichen Anstieg der staatlichen Unterstützung sei keine Besserung zu erwarten, meint Ladislav Varga, auch wenn sich die unabhängigen Institutionen bemühen, die Hilfe sicherzustellen.

"Schon seit einigen Jahren gelingt uns das nur noch zu einem bestimmten Maß. Die Möglichkeiten von Hilfsorganisationen, wie wir eine sind, sind nicht so, dass wir die Probleme wirklich lösen könnten. Die Hilfe, die wir Obdachlosen geben können, reicht aus, dass sie nicht an Hunger oder Kälte sterben müssen. Aber ihre eigentliche Lage verbessert sich dadurch nicht."