9. Mai in Moskau: Präsident Klaus kritisiert Auszeichnung von Polens Ex-Präsident Jaruzelski

Moskauer Siegesfeiern (Foto: CTK)
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Ganz Europa erinnerte sich am Sonntag, dem 8. Mai an das Kriegsende vor 60 Jahren. Noch gar nicht so lange ist es her, da wurde in der Tschechoslowakei und anderen Warschauer-Pakt-Staaten erst einen Tag später des Kriegsendes oder genauer: der Befreiung vom Nationalsozialismus gedacht. Geschuldet war dies der Zeitverschiebung zwischen Russland und Westeuropa. Als die Deutschen am 8. Mai kurz vor Mitternacht in Karlshorst bei Berlin die Kapitulation unterzeichneten, schrieb man in Russland bereits den 9. Mai. Inzwischen ist in Tschechien wieder der 8. Mai dem Gedenken an das Kriegsende gewidmet. Doch wie man sich am diesjährigen 9. Mai, als in Moskau wie zu kommunistischen Zeiten die Befreiung vom Faschismus gefeiert wurde, verhalten sollte, darüber waren sich die ehemals kommunistischen Staaten nicht einig. Tschechien entschied sich letztlich für einen Kompromiss. Silja Schultheis berichet.

Moskauer Siegesfeiern  (Foto: CTK)
Teilnehmen oder nicht teilnehmen an den Moskauer Siegesfeiern? Diese Frage stellte sich in aller Brisanz den baltischen Staaten: Das Jahr 1945 habe für sie nicht Befreiung, sondern erneute Okkupation bedeutet - mit dieser Begründung lehnten die Regierungen Litauens und Estlands die Teilnahme am diesjährigen Festakt in Moskau ab. Tschechien war am 9. Mai in Moskau durch Präsident Vaclav Klaus vertreten. Klaus übte dort scharfe Kritik an der Ehrung des früheren KP-Generalsekretärs Wojciech Jaruzelski, der während der Feiern in Moskau für seine Verdienste in der Roten Armee bei der Befreiung Polens von der deutschen Besatzung ausgezeichnet wurde.

Wojciech Jaruzelski und Vladimir Putin  (Foto: CTK)
Für die Tschechen sei Jaruzelski als Verteidigungsminister in Erinnerung geblieben, der den Einmarsch der Warschauer-Pakt-Truppen in der Tschechoslowakei 1968 mitorganisiert habe. Präsidentensprecher Petr Hajek:

"Er ist außerdem Symbol für die gewaltsame Unterdrückung der Demokratie-Bewegung in Polen, die Anfang der 80er Jahre den bedeutendsten Widerstand gegen das kommunistische Regime verkörperte. Aus diesem Grund betrachtet der Präsident die Auszeichnung als eine unnötige Störung der diesjährigen Feiern."

Für den Historiker Toman Brod, selbst ein Holocaust-Überlebender, der sich heute mit den Beziehungen zwischen der Tschechoslowakei und der Sowjetunion beschäftigt, war die Kritik von Klaus am russischen Präsidenten Putin eine positive Überraschung:

Präsident Vaclav Klaus in Moskau  (Foto: CTK)
"Ich denke, das war eine gute Reaktion von Präsident Klaus auf die unberechtigte Auszeichnung Jaruzelskis durch Präsident Putin. Das war so eine spektakuläre Aktion, mit der der russische Präsident möglicherweise die Polen für ihr kritisches Verhältnis zu Russland bestrafen wollte. Ich finde, dass sich der tschechische Präsident richtig verhalten hat, indem er das öffentlich verurteilt hat."

Moskauer Siegesfeiern  (Foto: CTK)
Es gab jedoch auch kritische Stimmen: So erinnert etwa Aleksandr Mitrofanov, Kommentator der Tageszeitung Pravo unter der Überschrift "Zwei verschiedene Vaclavs" an die Haltung von Ex-Präsident Vaclav Havel. Dieser hatte sich mit dem Inhalt einer Petition identifiziert, die sich gegen die Moskauer Siegesfeiern richtet. Klaus hingegen, so Mitrofanov, habe nichts grundsätzliches an der Veranstaltung in Moskau auszusetzen gehabt, sondern lediglich eine mediengerechte Geste gewählt, die "niemandem weh tut".

Bei der polnischen Opposition übrigens stieß die Kritik des tschechischen Präsidenten an der Auszeichnung Jaruzelskis auf Zuspruch. Dass Putin aus Polen ausgerechnet Jaruzelski hervorgehoben habe, das sei nicht annehmbar, so der Leader der oppositionellen Bürgerplattform, Donald Tusk.