Nach Bundesliga starten auch tschechische Fußball-Profiligen wieder
Ab diesem Samstag setzt die erste Fußball-Liga in Tschechien ihre wegen der Corona-Pandemie unterbrochene Saison fort, die zweite Liga folgt drei Tage später. Unter den 32 Vereinen herrscht größtenteils Erleichterung und auch ein wenig Vorfreude, dass sie den Punktspielbetrieb wieder aufnehmen können. Auf der anderen Seite aber bleibt ungewiss, welchen Einfluss die fehlenden Zuschauer und die hohe Belastung aufgrund der englischen Wochen haben werden.
Der erste komplette Spieltag in beiden Ligen wird am Dienstag und Mittwoch kommender Woche ausgetragen. Dennoch wird aus Zeitgründen schon eine Partie an diesem Samstag angepfiffen. Es ist die Nachholbegegnung zwischen Teplice / Teplitz und Liberec / Reichenberg im Oberhaus, zu der jedoch nur 100 Menschen zugelassen sind. Der Torwart von Liberec, Filip Nguyen, aber kann den Re-Start kaum noch erwarten:
„Ich freue mich, dass nun wieder gespielt wird. Und ich denke, auch den anderen Jungs geht es ähnlich. Punktspiele zu bestreiten, das ist schließlich unsere Arbeit. Wenn es sie nicht geben würde, hätte alles wirklich keinen Sinn, denn dafür trainieren wir ja letztlich auch.“
In der zweiten Liga ist man ebenso erleichtert, dass es nun tatsächlich weitergeht. Vor allem bei Spitzenreiter FK Pardubice ist das der Fall, wie Trainer Jiří Krejčí bestätigt:
„Ich bin froh, dass die Saison zu Ende gespielt wird, schon allein wegen der Finanzen und all dem, was an unserem Sport dranhängt. Zudem wird wieder Fußball im Fernsehen gezeigt, auch wenn sich die fehlende Zuschauerkulisse bemerkbar machen wird. In jedem Fall aber freut mich, dass der Wettbewerb auf dem Rasen entschieden wird.“
Filip Nguyen: „Ich freue mich, dass nun wieder gespielt wird. Punktspiele zu bestreiten, das ist schließlich unsere Arbeit. Wenn es sie nicht geben würde, hätte alles wirklich keinen Sinn, denn dafür trainieren wir ja letztlich auch.“
Wie Trainer Krejčí anmerkte, wird man sich mit den bevorstehenden Geisterspielen auf eine noch unbekannte Situation einstellen müssen. Wird darunter die Qualität des Fußballs leiden? Fußball-TV-Experte Luděk Zelenka hat dazu aus eigener Erfahrung eine klare Meinung:
„Als ich noch für Dukla Prag spielte, haben wir zu Hause ein tolles Match gegen Opava bestritten. Aber es herrschte keine Begeisterung, weil nur 150 Menschen zusahen. Damals waren wir der Meinung, dass es ein perfektes Fußballspiel gewesen wäre, hätten 20.000 Besucher zugeschaut. Und umgekehrt war es so, dass wir ein Stadtderby im Pokal bei Sparta Prag gewannen, obwohl wir schlecht gespielt und nahezu keine Chance hatten. Doch im Stadion waren 20.000 Zuschauer, die Emotionen kochten hoch, es war eine begeisternde Atmosphäre. Und das wird dem Fußball jetzt wirklich fehlen.“
Das aber muss bis zum Ende der Saison nicht so bleiben. Laut dem Exit-Plan der Regierung wird die Anzahl der Personen, die sich zu Events aller Art versammeln können, schrittweise erhöht. Ab dem 8. Juni dürfen sich bis zu 500 Menschen an einem Ort treffen, ab dem 22. Juni liegt die Obergrenze bei 1000 Personen. Das hat Liga-Verbandschef Dušan Svoboda dazu bewogen, die Clubs mit diesem Vorschlag anzustacheln:„Die Anzahl von 500 übersteigt natürlich bei weitem die für ein Spiel erforderlichen Personen. Daher liegt es dann in der Kompetenz der jeweiligen Vereine, ob sie sich dafür entscheiden, die Differenz beispielsweise mit Zuschauern aus dem V.I.P.-Bereich aufzufüllen.“
Es gibt aber auch Teams, die derzeit ganz andere Sorgen zu haben scheinen als die spärliche Kulisse. Zu ihnen gehören die mährisch-schlesischen Vereine aus Karviná / Karwin und Opava / Troppau, die gegen den Abstieg spielen. Sie befürchten, dass ihnen in den nächsten sechs Wochen, in denen noch elf Spieltage zu absolvieren sind, letztlich die Luft ausgeht. Petr Mašlej ist Co-Trainer des MFK Karviná:
„Dieses Programm erfordert einen Kader von 30 Spielern, und den haben wir nicht. Wir müssen mit den Kickern auskommen, die wir haben, also darf sich möglichst niemand verletzen.“
Jiří Balcárek: „Es wird alles etwas komplizierter, denn die Regeneration ist ein Teil des Trainingsprozesses. Wenn sie aber nun aufgrund der englischen Wochen entfällt, steigt das Risiko von Verletzungen.“
Und der Trainer des Slezský FC Opava, Jiří Balcárek, ergänzt:
„Es wird alles etwas komplizierter, denn die Regeneration ist ein Teil des Trainingsprozesses. Wenn sie aber nun aufgrund der englischen Wochen entfällt, steigt das Risiko von Verletzungen.“
Möglicherweise waren diese Bedenken auch einer der Gründe, weshalb sich die Vertreter aus Karviná, Opava und Zlín als einzige der 16 Erstligisten bei der Abstimmung über den Re-Start ihrer Stimme enthielten. Es gibt aber auch Mannschaften, die in der Konstellation, dass fast durchgängig bis zu zweimal pro Woche gespielt wird, einen Vorteil für sich sehen. Zu ihnen gehört der Zweitligist FC Hradec Králové. Ondřej Prášil ist Trainer der Elbestädter:
„Ich finde es gut, dass wir einen breiten Kader haben. Dadurch können wir bei Bedarf rotieren oder aber die Akteure ersetzen, die aufgrund einer Verletzung oder einer Gelbsperre nicht auflaufen können. Das ist unser großer Vorteil.“Und auch etliche Kicker begrüßen es, dass nach der langen Pause jetzt häufig gespielt wird. Vlastimil Hrubý, Torwart des Erstligisten FK Jablonec:
„Nach dem Re-Start werden wir so spielen wie die Vereine, die sonst an den europäischen Wettbewerben teilnehmen, also im Rhythmus Wochenende – Mittwoch – Wochenende. Daher wird es kaum Trainingseinheiten geben. Doch für uns ist es bestimmt besser zu spielen als zu trainieren.“
Der Kapitän des Tabellendritten aus der Neißestadt ist Ex-Nationalspieler Tomáš Hübschmann. Er schlägt in die gleiche Kerbe wie sein Teamkollege:
„Ich denke, jeder Fußballer sollte sich darüber freuen, dass wir jetzt so häufig spielen. Selbstverständlich ist es nun die Aufgabe aller Trainer und ihrer Assistenten, dass sie ihre Mannschaft entsprechend einstellen und vorbereiten.“
Es scheint also, als warteten die Teams nur noch darauf; dass es endlich wieder losgeht. Doch der Neubeginn in der über zwei Monate unterbrochenen Rückrunde ist alles andere als eine normale Angelegenheit. Denn der Verursacher für diese Zwangspause, das Coronavirus, spielt womöglich weiter eine große Rolle. Sollten während der Restsaison auch nur einige der Hauptdarsteller aus dem Fußballzirkus positiv auf den Covid-19-Erreger getestet werden, dann droht Quarantäne nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für ihre Mitspieler. Und dies hieße, es gäbe Spielausfälle, die das ganze Projekt noch ins Wanken bringen könnten. Torhüter Filip Nguyen aus Liberec aber denkt optimistisch:
„So wie ich das sehe, ist die Angst vor einer Infektion mit dem Virus minimal. Denn die tägliche Anzahl der Neuansteckungen, wie sie zuletzt gemeldet wurde, ist wirklich gering im Vergleich zu anderen Ländern. Von daher schätze ich das Risiko als unerheblich ein.“Auch Tomáš Hübschmann vertritt die Meinung, dass man sich gegenwärtig nicht unnötig mit dem Thema belasten sollte. Er verweist dabei auf das Beispiel aus dem Nachbarland:
„In der Bundesliga versucht man dem durch ein strenges Reglement und durch zahlreiche Tests entgegenzuwirken. Und die Frage, was ein positiver Testfall zur Folge hätte, lässt sich erst dann beantworten, wenn es soweit ist.“
Schon etwas genervt von dem ständigen Bohren der Journalisten nach dem Motto „Was geschieht, wenn…?“ ist Liga-Verbandsboss Dušan Svoboda. Wohl auch deshalb reagierte er neulich auf diese Frage etwas gereizt und formulierte sarkastisch:
„Ich weiß nicht, was passiert, wenn in der Halbzeit im Strafraum auf einmal ein Baum wächst. Genauso kann plötzlich ein Meteorit vom Himmel fallen oder der Dritte Weltkrieg beginnen – das alles kann passieren.“
Gehen wir davon aus, dass nichts davon geschehen wird. Dennoch werden wohl alle Verantwortlichen des tschechischen Fußballs wie auch die Fans die Daumen drücken, dass die anstehende Nagelprobe letztlich gut überstanden wird.