Fehlender Corona-Schutz: Ärztekammer übt Kritik
In Tschechien fehlt es im Kampf gegen das Coronavirus massiv an Mund- und Atemschutzmasken. Deswegen haben auch wieder Kurzwarengeschäfte geöffnet und viele Menschen nähen sich einen einfachen Mundschutz selbst. Akut aber ist das Defizit vor allem für Mediziner im Land, die am häufigsten mit kranken Menschen in Kontakt kommen. Daher hat sich am Dienstag auch der Präsident der Tschechischen Ärztekammer, Milan Kubek, zu Wort gemeldet.
„In der Zeit, als die Gesundheitsämter nur imstande waren, 30 Kontrollen pro Tag durchzuführen, war klar, dass die Zahl der positiv auf das Virus getesteten Personen nur die Spitze des Eisbergs ist.“
Nicht viel besser war und ist es mit dem wichtigsten Mittel zur Abwehr des Virus – es fehlt im ganzen Land an Mundschutzen, und erst recht an Atemschutzmasken. Ende Februar, als sich die Pandemie vor allem in Italien ausbreitete, wandte sich Kubek daher an die Chefin des zentralen Gesundheitsamtes. Von Eva Gottvaldová wollte er wissen, wo die Ärzte die empfohlenen Masken bekommen sollen. Das Ergebnis war ernüchternd:
„Eine ganze Woche lang habe ich keine Antwort erhalten, erst als ich am 3. März mit dem Regierungschef darüber gesprochen habe, kam Bewegung in die Sache. Doch nach wie vor handelt es sich nur um Versprechungen, in der Realität aber verläuft sich das Ganze.“Während die Krankenhäuser seitdem interne Regelungen treffen, um ihr Personal vor einer Ansteckung zu schützen, sind beispielsweise Hausärzte oft ratlos. Die Ärztekammer hatte sie aufgefordert, ihre Praxen nicht zu schließen, weil jetzt auch viele Menschen an Grippe oder Erkältungen erkrankt seien. Doch dies sei nur die eine Seite des Kompromisses, so Kubek:
„Außerdem empfehlen wir, dass die Hausärzte sämtliche Kontrolltermine und alle nicht zwingend notwendigen Behandlungen auf später verschieben sollen. Jetzt aber sollten sie mit ihren Patienten vor allem telefonisch kommunizieren.“
Der Ärztekammerchef nahm das Rundfunkgespräch zum Anlass, um die Bevölkerung aufzurufen, wirklich nur noch in dringenden Fällen zum Arzt zu gehen. Und Kubek verwies zudem auf ein weiteres Problem – die Pendler im Grenzgebiet. Weil die Aufrechterhaltung der Wirtschaft für Premier Andrej Babiš (Ano-Partei) ebenso eine hohe Priorität hat, dürfen diese Pendler trotz der landesweiten Quarantäne im Umkreis von 100 Kilometern noch unterwegs sein. Das aber missbilligt Kubek:
„Es ist nicht möglich, dass ein Arbeiter weiterhin zu seiner Schicht beispielsweise nach Bayern fährt. Dort ist die Lage ebenso ernst. Entweder ist die Grenze konsequent geschlossen, oder sie ist undicht wie ein Sieb und die Leute können sie passieren. Ohne Gesundheitskontrollen kann das nicht funktionieren.“Kubek bekräftigte seine Aussage damit, dass er die Informationen der Ärzte aus den Grenzregionen, die mit diesen Erscheinungen jetzt zu tun hätten, sehr ernst nehme.
Mittlerweile haben viele Menschen in Tschechien begriffen, dass sie ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen müssen, wenn sie sich wenigstens etwas gegen die Corona-Seuche schützen wollen. In Heimarbeit oder in kleineren Unternehmen haben sie damit begonnen, sich selbst Mundschutzmasken zu fertigen. Doch warum ist die Regierung nicht schon früher mit einem entsprechenden Appell an die Bevölkerung herangetreten? Auch dazu hat Kubek eine klare Antwort:
„Das Problem ist, dass das Kabinett nicht mit der Lage zurechtgekommen ist. Von daher ist es schwer, jemanden zum Handeln aufzurufen, wenn man selbst nicht fähig ist, etwas zu beschaffen.“Am Mittwoch konnte die Regierung nun endlich eine erste Erfolgsmeldung verbreiten: In der Nacht ist eine Militärmaschine in Prag gelandet, die unter anderem 150.000 Schnelltester-Sets für das neuartige Coronavirus an Bord hatte. Die Lieferung kommt aus dem chinesischen Shenzhen. Die Testpräparate werden noch am selben Tag verteilt. Sie sind unter anderem für die Einwohner der Orte bestimmt, die wegen der Ansteckung mit dem Erreger hermetisch abgeriegelt sind. Des Weiteren sollen sie zum Testen von Polizisten, Soldaten und Feuerwehrleute genutzt werden, die wegen der Covid-19-Gefahr im ständigen Einsatz sind. Und natürlich werden sie an die Krankenhäuser verteilt, sagte Gesundheitsminister Adam Vojtěch (parteilos).