Rot-Gelb-Grün: 90 Jahre Ampeln in Prag
Die erste automatische Ampeln wurde auf dem Wenzelsplatz in Prag 1930 installiert.
„Früher gab es keine Regeln für den Straßenverkehr, jeder ging und fuhr, wie er wollte. In Prag galt eine Straßen- und Fahrverordnung aus dem Jahr 1908, die der Lage schon längst nicht mehr entsprach. Im Polizeipräsidium machte man sich also Gedanken, wie sich der Straßenverkehr regulieren lässt. 1919 wurde dann der erste Verkehrspolizist auf den Wenzelsplatz gestellt, der mit seinen Händen die Signale gab.“
In der ersten Welle gab es 27 Verkehrspolizisten an fünf Kreuzungen in der Hauptstadt. Doch der Verkehr nahm weiter zu, und in den Straßen wurde immer dringender Ordnung gebraucht. Es begann die Ära von Rot-Gelb-Grün:
„In Prag nahm 1927 die erste Ampel ihren Betrieb auf, in der Hybernská-Straße. Sie hing über der Straße und wurde mit der Hand bedient. Sie war ein Blechkasten, 1,40 Meter groß, mit je drei Lichtern an allen vier Seiten.“Der verkehrsreichste Knotenpunkt war damals aber der Wenzelsplatz:
„Auf Grund einer Untersuchung wurde damals festgestellt, dass etwa 90.000 Menschen pro Tag in öffentlichen Verkehrsmitteln über den Wenzelsplatz fuhren und etwa 19.000 Pkws dort die Kreuzung der Straßen Vodičkova und Jindrišská passierten. Eine weitere stark beanspruchte Kreuzung lag am Můstek am unteren Ende des Wenzelsplatzes mit etwa 18.000 Wagen.“
Im Jahr 1928 wurde diese Hauptader umgebaut. Die Schienen wurden in die Mitte verlegen. Im Januar 1930 wurde über der Kreuzung Mitte des Wenzelsplatzes die erste automatische Ampel aufgehängt. Im April folgte eine weitere an der Můstek-Kreuzung. Für die Fahrer und Fußgänger galt ab nun die einfache Regel von Rot-Gelb-Grün:
„Das System hatte historische Wurzeln. Die erste Ampel hatte es 1868 in London gegeben. Sie war gasbetrieben und hatte zwei Lichter: Rot und Grün. Die Gasleitung dort explodierte nach drei Wochen, und der diensthabende Polizist erlitt schwere Verletzungen. 1918 wurde in New York eine Ampel mit drei Lichtzeichen aufgestellt.“Die Ampel auf dem Wenzelsplatz stand 23 Sekunden auf Rot, es folgten 10 Sekunden Gelb und wieder 23 Sekunden Grün für freie Fahrt. Doch den Fahrern gefiel das System nicht, sie beschwerten sich, dass die automatische Ampel ihre Fahrt aufhalte:
„Sie mussten die Regeln einhalten, weil ihnen Geldstrafen drohten. Die Geldstrafen wurden zunächst nicht vor Ort verhängt, sondern es wurde ein Verfahren eingeleitet. Dabei füllte der jeweilige Polizist einen Zettel aus und steckte ihn in einen Umschlag. Der Sünder wurde später ins Verkehrsinspektorat gerufen. Dort bildeten sich lange Schlangen. Deswegen wurde bald die Bußgeldzahlung vor Ort eingeführt. Die Summe war sehr niedrig, man musste zwei Kronen zahlen.“
Doch weiterhin wurde auch auf Manpower gesetzt. Kurz vor dem Zweiten Weltkrieg sorgten in Prag knapp 200 Polizisten und 33 Ampeln für Ordnung im Straßenverkehr. Ab den 1960er Jahren stieg die Zahl der Lichtsignalanlagen stark an. Heute sind 700 Kreuzungen und Straßenabschnitte in der tschechischen Hauptstadt mit Ampeln bestückt.