Erfolg auf Umwegen: Smetanas „Verkaufte Braut“

Oper „Die verkaufte Braut“

Die vielleicht bekannteste tschechische Oper ist „Die verkaufte Braut“ von Bedřich Smetana. Dabei hatten Kritiker gezweifelt, dass der Komponist solch ein lustiges Singspiel überhaupt verfassen kann. Im zweiten Teil unserer Serie über die größten Hits der tschechischen klassischen Musik wollen wir Ihnen die Oper nun vorstellen.

Bedřich Smetana im Kreis seiner Freunde
Oper „Die verkaufte Braut“  | Foto: Archiv des Nationalmuseums in Prag

Bedřich Smetana war von dem Gedanken getragen, eine typische tschechische Nationaloper zu komponieren. Und das wahrscheinlich schon bei seinem Aufenthalt in Göteborg im Jahr 1861. Gleich nach seiner Rückkehr aus Schweden bemühte er sich darum. Erst ein Jahr später konnte er aber auch ein brauchbares Libretto auftreiben. Und zwar vom vielseitigen Literaten Karel Sabina. Er verwertete das historische Drama „Die Brandenburger in Böhmen“. Es war stark nationalistisch und hatte einen antideutschen Unterton.

Wir wissen nicht, ob Smetana mit seiner Oper „Die Brandenburger in Böhmen“ wirklich zufrieden war. In jedem Fall bemühte er sich ziemlich schnell, vom ernsten Thema dieses Werks wegzukommen. Wie er selbst später bekannte, standen dahinter die Kritiker, die daran zweifelten, dass er in einem leichten aber doch nationalistischen Ton komponieren kann. Deswegen begann er unverzüglich, an einer komischen Oper mit Folklore-Elementen zu arbeiten. Das bedeutet, dass er eine Musik für die Bühne schrieb, die voller Dorfbewohner in Trachten ist, und für Chöre, deren Lieder bald das ganze tschechische Volk singen sollte.

Karel Sabina

Smetana nahm die Arbeit an einer komischen Nationaloper sehr ernst. Das Libretto für die „Verkaufte Braut“ schrieb erneut Karel Sabina. Während dieser für die „Brandenburger in Böhmen“ einen Text voller Pathos und Nationalstolz hervorgebracht hatte, misslang ihm das Libretto zu der fröhlichen Oper. Smetana ließ diesen Teil zwar komplett überarbeiten. Aber ehrlich gesagt, selbst nach der Überarbeitung war es kein Meisterwerk.

Vergessen Sie Smetanas wunderschöne Melodien und lesen Sie das trockene Libretto. Dann verstehen Sie, welch musikalisches Genie Smetana war. Denn er hat die holprigen Zeilen Sabinas zu einer frischen Musik verarbeitet.

Smetana hatte während des Komponierens doppeltes Pech. Zum einen befand sich die tschechische Sprache der Kunst noch in der Suchphase. Sie hatte längst noch nicht die ganze Breite des Wortschatzes wie heute. Und zum anderen haben wir ja schon über Karel Sabina gesprochen. Wie andere damalige Librettisten war er kein Spitzenliterat.

Zu seiner Verteidigung muss man aber auch anführen, dass er seinen Text eigentlich nicht für eine Oper, sondern für eine Operette schrieb. So hatte war es ursprünglich mit Smetana vereinbart gewesen. Als er zum ersten Mal die „Verkaufte Braut“ hörte, soll er gesagt haben: „Wenn ich gewußt hätte, was Smetana aus diesem meinen Libretto macht, hätte ich mich mehr angestrengt.“

Foto: Alžběta Němcová

Smetana hat diese schrecklichen Worthäufungen zu Musik geformt. Und das klang so natürlich, dass die Arien fast zu Volksliedern geworden sind.

Dem Volk aus der Seele gesprochen

Auch heute findet man Opernliebhaber, die ganze Textpassagen aus der „Verkauften Braut“ auswendig kennen. Aber damals kannte das Libretto fast jeder, der sich als Tscheche und Patriot fühlte. Die Chorstücke lernten die Leute erst später kennen.

Miloš Forman erinnerte sich, dass er als kleiner Junge bei seinem ersten Kinobesuch eine Verfilmung der „Verkauften Braut“ sah. Allerdings war dies eine Stummfilmversion. Forman erzählt, dass die Zuschauer bei den ersten Takten angefangen hätten zu singen und das bis zum Ende des Films durchhielten.

Die damaligen Musikkritiker schossen sich auf Smetana aber ein. Sie warfen ihm vor, dass er kein Tschechisch könne. Außerdem, dass die Wortakzente nicht mit dem Rhythmus der Musik übereinstimmen würden und die Redewendungen verdreht seien. Aber das ist schließlich auch bei vielen Volksliedern der Fall. Heute gilt das als die musikalische Raffinesse eines genialen Komponisten.

Ema Destinnová in der „Verkauften Braut“  (Foto: Archiv des Nationaltheaters in Prag)

Und das ist wahrscheinlich auch die Erklärung, warum der Einleitungschor seit der Premiere so beliebt ist. Smetana konnte sich gerade dadurch an die Melodik der Volkslieder anpassen, dass er keine Rücksicht nahm auf die strengen Regeln der Sprache. Und viele Liebhaber der „Verkauften Braut“ stellten schnell fest, dass man mit ein wenig musikalischer Begabung das einleitende Chorstück auch einstimmig singen kann.

Wodurch wird ein Lied zur Kunst? Vielleicht beruht der Erfolg auch darauf, dass dieses Lied ganz am Anfang der berühmten Oper gesungen wird. Und gleich mehrmals erklingt. Unmittelbar nach der Ouvertüre entwickelt sich der erste Akt, und die eingängige Melodie ist erneut zu hören, allerdings in Moll. Und dann kommen die zwei Hauptakteure auf die Bühne, Jeník und Mařenka. In diesen Rollen hören wir jetzt Gabriela Beňáčková und Peter Dvorský.

Vom Dorfstück zum Welterfolg

Und noch ein paar Worte über den Komponisten: Bedřich Smetana gilt hierzulande als Begründer der tschechischen Nationalmusik. Dazu gehört vor allem „Mein Vaterland“, dieser monumentale Zyklus sinfonischer Dichtungen. Weltweit ist er aber genauso als Komponist der „Verkauften Braut“ bekannt. Das ist unter anderem ein Verdienst von Ema Destinnová, sie hat diese Oper in einer berühmten Premiere an der Metropolitain Opera in New York gesungen. Seitdem wird dieses Werk immer wieder auf allen Musikbühnen der Welt gespielt.

Smetana selbst erlebte 1882 die einhundertste Aufführung seines Werkes. Dabei wurde der Komponist im Nationaltheater in Prag mit stürmischem Beifall überschüttet. „Die Verkaufte Braut“ stellte alle seine anderen Werke in den Schatten. Sie ist bis heute die am meisten gespielte tschechische Oper und zusammen mit Rossinis „Barbier von Sevilla“ die erfolgreichste komische Oper gleich nach „Figaros Hochzeit“ von Mozart.

Der Zyklus „Hits der klassischen Musik“ beruht auf einem Projekt von Lukáš Hurník und Bohuslav Vítek zu den „Hits des Jahrtausends“, das der Kultursender Tschechischer Rundfunk – Vltava ausgestrahlt hat.

Die verkaufte Braut“ entstand Mitte des 19. Jahrhunderts als Komposition Bedřich Smetanas auf ein Libretto Karel Sabinas. Es ist eine Dorfkomödie über ein junges Mädchen, das nach Irrungen und Wirrungen doch noch einen Ehevertrag erfüllt. Beliebtheit erlang das Stück vor allem durch die Adaptionen von Volksmusik und der bunten Inszenierungen voller Trachten.

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