Bedřich Smetana: Dichter, Denker und Schöpfer der tschechischen Nationalmusik
Bedřich Smetana ist der bekannteste Komponist Tschechiens. „Die verkaufte Braut“ ist auf deutschen Opernbühnen das meistgespielte Stück überhaupt und ist zusammen mit der eingängigen, symphonischen Dichtung „Die Moldau“ aus dem Zyklus „Mein Vaterland“ das bekannteste Stück Smetanas. Sein Ruhm wäre aber geringer, wenn er einfach nur Musik geschrieben hätte. Jede Note war Ausdruck eines Menschen, der politisch dachte und lebte. Deshalb wollen wir Ihnen diesen Menschen und sein Denken noch einmal in Erinnerung rufen.
Bedřich Smetana wurde 1824 in Litomyšl (Leitomischl) als elftes Kind eines Braumeisters geboren. Er starb 1884 in Prag und wurde auf dem hiesigen Slavín- Friedhof beigesetzt. In seinen 60 Jahren dazwischen schrieb Smetana den „Soundtrack der Nation“, unter anderem die Oper „Libuše“, den Liederzyklus „Mein Heimatland“ und „Die verkaufte Braut“.
Die Oper „Libuše“ erzählt die Geschichte der mythischen Stammmutter aller Tschechen. Laut Legende wurde auf ihre Anweisung die Stadt Prag gegründet. Die Posaunen der Ouvertüre von Libuše ertönten erstmals zur Eröffnung des Prager Nationaltheaters 1881, obwohl die Komposition schon zehn Jahre vorher abgeschlossen war. Der Grund für Smetanas Zögern: Die Oper zum tschechischen Nationalbewusstsein sollte nicht auf der deutschsprachigen Bühne des Ständetheaters aufgeführt werden. Noch vor Smetanas Tod wurde die Libuše über 100 Mal aufgeführt und avancierte damit zur meistgespielten Oper des Prager Nationaltheaters.
Der Zyklus „Má vlást“ („Mein Heimatland“) besteht aus sechs symphonischen Dichtungen. Eine davon beschreibt das Fließen der Moldau, wie sie als quirlige Quelle beginnt und später zu einem breiten, majestätischen Fluss wird. Smetana wird seitdem unmittelbar mit der Moldau in Verbindung gebracht. Die Tschechische Philharmonie führt den höchst anspruchsvollen Zyklus nur einmal im Jahr auf und zwar immer zur Eröffnung des Musikfestivals „Prager Frühling“ am 12. Mai. Dann steigen Noten in den Himmel über dem Altstädter Ring und formen dort die großen Erinnerungsorte der tschechischen Kultur. Einer der musikalisch-beschriebenen, legendären Orte ist das Lager „Tábor“, in dem sich die Hussiten mit mächtigen Chorälen auf die Schlacht mit den katholischen Feindesheeren einstimmen. Als Smetana „Mein Heimatland“ komponierte, litt er bereits an Tinitus. Er zog sich aus dem Prager Gesellschaftsleben in das Försterhaus des Schwiegersohns nach Jabkenice zurück.
„Die größte Qual bereitet mir das fast ununterbrochene Getöse im Inneren, das mir im Kopf braust und sich bisweilen zu einem stürmischen Gerassel steigert. Dieses Dröhnen durchdringt ein Gekreisch von Stimmen, als ob Furien und alle bösen Geister auf mich losfahren würden. Beim Komponieren wird das Brausen schlimmer, in ruhiger Stimmung leiser“, beschreibt der Kranke in einem Brief die unheilbare Krankheit.
Die hat ihm vielleicht auch der Ärger mit der Prager Kunstszene eingebracht. Gegen den talentierten und fleißigen Musiker Smetana hatte man nicht viel einzuwenden. Auch nicht gegen den heimatliebenden Soundtrackschreiber. Aber als rühriger Organisator eckte er an. Zum Beispiel bei den privaten Gesangslehrern der Stadt. Die sahen ihre Einnahmen schwinden, als Smetana für eine dreijährige Gesangsausbildung an der Oper sorgte. Das Gezeter war vergessen, als die Prager Oper dank Smetanas weitsichtiger Reformen schon bald auf demselben Niveau wie die etablierten Häuser in Wien oder Berlin war.
Die Oper „Die verkaufte Braut“ ist auch auf deutschen Bühnen die bisher meist inszenierte Oper. Die Handlung: Marie liebt Hans, soll aber einen anderen Bauernsohn heiraten, weil dessen Vater viel Geld hat. Als Marie sich weigert, wird sie für 300 Gulden an den reichen Bauern verkauft. Im Vertrag steht, dass das Mädchen einen seiner Söhne heiraten muss. Der Witz an der Geschichte: Der liebe Hans und der unangenehme Wenzel sind Brüder. Wenzel hat an Marie kein Interesse mehr, weil er bereits einem anderen Rock nachsteigt. Und so läuten am Ende die Hochzeitsglocken für Marie und Hans.
Sein Lebenswerk brachte Smetana einen großen Titel ein, der mit seinem Namen so eng verbunden ist wie der Bogen mit der Geige: Bedřich Smetana gilt als „der Schöpfer der tschechischen Nationalmusik“.