Tschechische Weihnacht in der Schweiz
Im Schweizer Kindermuseum in Baden herrscht bereits jetzt Weihnachtsstimmung. Seit Mitte November kann man dort die Ausstellung „Weihnachten in Tschechien“ besuchen.
„Das Museum öffnet bereits zum zwölften Mal zur Weihnachtszeit ein Fenster zu einer anderen Kultur. In den vergangenen Jahren haben wir unsere Nachbarländer besucht: Frankreich, Italien, Österreich und Deutschland. Wir waren in Skandinavien, in Polen, Großbritannien und Mexiko. Und in diesem Jahr haben wir Tschechien ausgewählt.“
Im Mittelpunkt der Ausstellung finde sich eine tschechisch eingerichtete Stube mit einem geschmückten Weihnachtsbaum, beschreibt Herr Kaysel:
„Dann berichten uns Tschechinnen und Tschechen aus drei Generationen von ihren persönlichen Weihnachtserlebnissen als Kind. Die zeigen wir in Ton und in Bild. Und Familien aus dem ganzen Land teilen mit unseren Besuchern ihre Weihnachtsschnappschüsse der letzten Jahre. Dazu zeigen wir Volkskunst, Krippen, im Fall von Tschechien Weihnachtskugeln, und natürlich Spielzeug aus Tschechien. Weiter interessiert uns natürlich, was die Tschechen am Weihnachtsabend essen, was ein aufgeschnittener Apfel über die Zukunft aussagt, oder auch, warum ein Karpfen in der Badewanne schwimmt.“
Für die Mitarbeiter des Kindermuseums sei es immer wieder schwierig und spannend zugleich herauszufinden, was nun das Spezielle an einem Weihnachtsfest in dem entsprechenden Land sei, sagt der Museumsleiter.„Denn jede Familie feiert ja eigentlich ihr persönliches Fest, und doch gibt es Traditionen, die sich häufig wiederfinden. So haben Herr und Frau Günter, die in Baden wohnen, und drei Frauen aus dem Verein Český dům in Zürich uns geholfen, die Wohnstube einzurichten, Kontakte zu vermitteln, Fotos von Familien zu beschaffen und uns auch inhaltlich zu beraten.“
Christkind, Karpfen und Weihnachtsschmuck
Václav Günter und seine Frau sind Tschechen, sie leben aber seit 50 Jahren in der Schweiz. Das Motto für die ganze Gestaltung sei der tschechische Maler Josef Lada gewesen, sagt Václav Günter.„Wir haben dort das Bild einer Stube, das von Lada gemalt wurde. Dieses wird an die Wand projiziert. Wir haben uns für drei Hauptkomponenten entschlossen, und zwar das Christkind, den Karpfen und den Weihnachtsschmuck.“
Das Bild von Josef Lada, das eine Stube mit dem Weihnachtsbaum und einer Familie darum zeigt, dominiert den Eingangsbereich in der Ausstellung. Dazu Museumschef Daniel Kaysel:
„Davor haben wir einen Tisch, da können die Kinder einen Brief an das Christkind schreiben oder eine Zeichnung anfertigen und dann die Karte in einen Schlitz bei einem Fenster einwerfen. Sie werden schließlich im Januar überrascht mit einer Karte aus Tschechien, mit der Sonderbriefmarke und dem Poststempel.“Denn das Christkind, auf Tschechisch heißt es Ježíšek, soll nämlich der Überlieferung nach in Tschechien die Weihnachtsgeschenke bringen.
Der größte Teil der Ausstellungsobjekte kommt aus dem Fundus des Museums. Dieser ist im Laufe der vergangenen 50 Jahre zusammengekommen. Doch auch die Familie Günter hat Manches zur Verfügung gestellt, wie Václav Günter erzählt:
„Ja, ich habe zum Beispiel meinen Spiel-Lastwagen dort ausgestellt, mit dem ich vor 70 Jahren gespielt habe. Später auch mein Sohn und jetzt die Enkelkinder. Weiter haben wir unzählige Bücher auf Tschechisch und auf Deutsch ausgestellt. Und auch Porzellan und Gläser, die stehen in der Weihnachtsstube.“
Zur Eröffnungsfeier Mitte November hat ein Chor tschechische Weihnachtslieder vorgetragen. Es war auch ein Anlass, bei dem viele der in der Schweiz lebenden Tschechen in der Museumsvilla in Baden zusammenkamen. Václav Günter:
„Wir waren positiv überrascht, dass so viele Tschechen und auch Slowaken zur Vernissage gekommen sind. Wir schätzen, ungefähr 20 Prozent der Gäste kamen von der tschechischen Gemeinschaft hier. Es gibt verschiedene Vereine, an die wir unsere Einladung verschickt haben. Sie organisieren zum Beispiel immer im Januar einen Ball, zu dem 300 bis 400 Leute kommen.“Tschechen in der Schweiz
Sabina Hexspoor ist Tochter von Herrn Günter. Obwohl sie nie in der Heimat ihrer Eltern gelebt hat, spricht sie fließend Tschechisch:
„Das schöne ist auch, dass die nächste Generation die Kontakte pflegt. Ich bin ja in der Schweiz geboren und aufgewachsen. Meine Eltern stehen natürlich mit ihren tschechischen Freunden in Verbindung, die auch Kinder haben. Und wir pflegen den Kontakt auch sehr rege. Wir fahren zum Beispiel frühlings alle zusammen nach Frankreich. Das ist auch eine alte Tradition, das machen wir seit 40 Jahren.“
Zurück aber zum Weihnachtsfest. Auch an Heiligabend hält man sich in der Familie Günter an tschechischen Traditionen, erzählt Sabina Hexspoor:„Wir schmücken auch den Christbaum schön. Früher mussten wir ins Zimmer, und da hat ein kleines Glöckchen geleuchtet, und wir sagten, ah, der Ježíšek ist gekommen. Unter dem Christbaum waren viele Geschenke. Gesungen haben wir nicht, aber wir hatten einen Plattenspieler und da liefen die tschechischen Weihnachtslieder. Meine Mutter bereitet bis heute den Karpfen mit dem dazugehörigen Salat zu. Und wir genießen das. Und das Weihnachtsgebäck darf natürlich nicht fehlen.“
Václav Günter ergänzt:
Apfel und Fischschuppen
Manche Traditionen und Bräuche haben die Tschechen und die Schweizer gemeinsam. Doch es gibt auch Besonderheiten, die für Tschechien einzigartig sind. Daniel Kaysel:
„Sicher speziell sind die Rituale des Aberglaubens. So zum Beispiel das Aufschneiden des Apfels quer in der Hälfte. Oder die Fischschuppen unter dem Teller, die der Familie Reichtum bringen sollen. Aber auch, dass jene, die an Heiligabend den ganzen Tag nichts essen, am Abend ein goldenes Schweinchen als Zeichen des Glücks zu sehen bekommen.“Spannend finde er auch die Geschichte mit dem Weihnachtskarpfen. Dieser ist ein traditionelles Abendessen an Heiligabend in Tschechien. Viele Familien kaufen einige Tage vor Weihnachten einen lebendigen Fisch und lassen ihn in der Badewanne schwimmen:
„Wir haben eine kleine Badewanne ausgestellt. Da gibt es einen Film, wo wir die Karpfen zeigen, die im Wasser herumschwimmen. Wenn man da den Play-Knopf drückt, sieht man einen Film darüber, wie die Fische gefangen werden.“
Das Museum bietet auch ein Begleitprogramm zur Ausstellung. Daniel Kaysel nennt einige der Aktivitäten:
Drei Nüsse für Aschenbrödel
„Die Kinder schreiben einen Brief an das Christkind. Wir haben in die Ausstellung auch einen Suchwettbewerb eingebaut, die Kinder müssen den kleinen Maulwurf finden. Dann können die Kinder einen Adventskalender bemalen. Dann machen wir Weihnachtskugeln aus Glas oder richtige Pfefferkuchen mit Zuckerguss, die von den Kindern verziert werden können. Und wichtig ist auch, dass wir den Weihnachtsklassikerfilm ‚Drei Nüsse für Aschenbrödel‘ im Kino zeigen werden. In der Schweiz gibt es keine Weihnacht ohne diesen Film. Er wird immer im Fernsehen gezeigt.“Die Ausstellung im Schweizer Kindermuseum dauert bis 5. Januar 2020. Das Museum in Baden (Ländliweg 7) ist dienstags bis samstags von 14 bis 17 Uhr und sonntags von 10 bis 17 Uhr geöffnet.