Duftende Tradition: Die Räucherkerzen „Františky“ gehören in Tschechien zu Weihnachten dazu

Gold, Weihrauch und Myrrhe – das sind die drei Gaben, die die Heiligen Drei Könige laut der Weihnachtsgeschichte dem Jesuskind übergeben haben. Das zweite Geschenk, Weihrauch, ist heutzutage für viele Menschen eng mit Weihnachten verbunden – vor allem als Zusatz von Räucherkerzen aus dem sächsischen Teil des Erzgebirges. Aber auch in Tschechien erfreuen sich die kegelförmigen Duftkörper in der Adventszeit großer Beliebtheit.

Simona Matějková | Foto: Magdalena Hrozínková,  Radio Prague International

Was gehört für Sie zu Weihnachten dazu? Ein Weihnachtsbaum? Der Gottesdienstbesuch? Das entsprechende Essen? Womöglich sind ja auch Räucherkerzen für Sie ein untrennbarer Teil des Fests. In Tschechien trifft dies bei vielen Menschen zu. „Františky“ werden die kegelförmigen Glimmkörper hierzulande genannt. Hergestellt werden sie unter anderem von Simona Matějková und ihrem Ehemann Pavel. Er sagt:

„Ich habe als Köhler in einer Firma gearbeitet, in der Grillkohle produziert wurde. Dort wurden immer auch Räucherkerzen hergestellt, allerdings nur gegen Jahresende in einer kleinen Edition. Sie wurden dann Handelspartnern und den Angestellten als Geschenk überreicht.“

Foto: Magdalena Hrozínková,  Radio Prague International

Als Angestellter hat auch Matějka einmal ein Tütchen mit nach Hause gebracht – und war begeistert. Gemeinsam mit seiner Frau hat er die Kerzchen deshalb selbst hergestellt.

„Bei verschiedenen Anlässen haben wir die Kegel unseren Freunden geschenkt. Sie waren begeistert und wollten Nachschub. Also haben wir immer mehr Räucherkerzen produziert. Und da das Interesse so groß war, haben wir uns eines Tages gesagt, dass wir auch versuchen könnten, die Kerzen zu verkaufen.“

Das ist mittlerweile 22 Jahre her. Heute verkauft das Ehepaar aus Roztoky / Rostok bei Křivoklát / Pürglitz seine Dufterzeugnisse vor allem auf verschiedenen Weihnachtsmärkten. Nahezu alle Burgen, Schlösser und historischen Stadtzentren Mittelböhmens habe man mittlerweile abgeklappert, sagt Simona Matějková:

Pavel Matějka | Foto: Jana Káninská,  Tschechischer Rundfunk

„Unsere Saison beginnt im September, wenn wir unterschiedliche Veranstaltungen mit dem Stand besuchen. Natürlich ist das Interesse im Herbst noch eher verhalten. Die Leute riechen unsere Räucherkerzen und sind zumeist davon überrascht, dass bald schon wieder Weihnachten vor der Tür steht.“

In der Adventszeit hingegen brummt das Geschäft. Wenngleich die Räucherkerzen laut Matějková nicht überall in Tschechien verbreitet und bekannt sind, lösen sie bei vielen Besuchern am Stand positive Erinnerungen aus:

„Das Geruchsgedächtnis des Menschen ist bemerkenswert und reicht lange in die Vergangenheit zurück. Die Leute erinnern sich mit einem Mal an ihre Kindheit – daran, dass ihre Großeltern Räucherkerzen angezündet haben. Oft erzählen sie uns dann ihre Erinnerungen.“

Foto: Magdalena Hrozínková,  Radio Prague International

Unterschiede bei tschechischen und sächsischen Räucherkerzen

Die Räucherkerzen haben ihren Ursprung im Erzgebirge, dem heutigen tschechisch-deutschen Grenzgebiet. Während auf der sächsischen Seite der Grenze, etwa in Crottendorf und Mohorn-Grund, heute Produzenten sitzen, die die Räucherwaren im großen Stil herstellen, sucht man vergleichbar aufgestellte Hersteller in Tschechien vergebens. Auch die Produkte selbst würden sich unterscheiden, meint Matějková:

Foto: Jana Káninská,  Tschechischer Rundfunk

„Die Räucherkerzen sind in Deutschland mit unterschiedlichen Düften versetzt. Und auch die Rezeptur ist eine andere. So werden dort etwa auch Baumrinde und Kräuter verwendet.“

Die tschechischen „Františky“ hingegen bestehen nur aus Weihrauch und Kohle – sowie einigen Geheimzutaten natürlich. Zudem sind sie um einige Zentimeter größer als ihre sächsischen Kollegen. Sie werden auch nicht in Räuchermännchen gestellt. Außerdem sind sie in der Regel nicht bunt, sondern pechschwarz.

Aber warum heißen die „Františky“ eigentlich „Františky“, also „Franz“? Die Meinungen der Räucherkerzenforscher gehen auseinander. Simona Matějková sagt, sie sei zunächst davon ausgegangen, dass der Name von Franz von Assisi oder den Franziskanermönchen abstamme. Diese Theorie hält sie mittlerweile aber für widerlegt:

„Die Räucherkerzen waren hier schon, bevor es überhaupt eine Kirche oder eine andere organisierte Religionsgemeinschaft gab. Sie wurden wirklich schon sehr lange benutzt. In einem Buch bin ich dann darauf gestoßen, dass Weihrauch auf Englisch ‚frankincense‘ heißt, was aus dem Altfranzösischen ‚franc encens‘ stammt und soviel wie ‚reiner Rauch‘ bedeutet. Da ist es mir wie Schuppen von den Augen gefallen, dass das tschechische Wort davon abgeleitet wurde. Mit ‚franc encens‘ kann hierzulande keiner etwas anfangen, deshalb sprechen wir von den ‚Františky‘.“

Herstellung in Handarbeit in heimischer Küche

Die Räucherkerzen von Pavel Matějka und seiner Frau entstehen in liebevoller Handarbeit in der Küche des Ehepaares. Aber wie sieht die Produktion aus? Matějka beschreibt den Prozess:

Foto: Jana Káninská,  Tschechischer Rundfunk

„Ich verwende für die Herstellung ausschließlich Lindenholz. Am Anfang gehe ich zum Forstmeister, der mir die Bäume markiert, die dem Wald entnommen werden dürfen, damit er gesund bleibt. Ich hole sie ab, mache daraus Meterholz und bringe es in den Garten. Dort muss es dann ungefähr drei Jahre lang trocknen.“

Denn erst, wenn das Holz komplett ausgetrocknet ist, kann daraus gute Kohle hergestellt werden.

„Die Holzkohle zermahle ich anschließend zu feinem Staub. Dann gebe ich den Weihrauch hinzu. Auch er muss zermahlen sein, damit sich die Masse gut vermengen lässt und die beiden Anteile jeweils etwa die Hälfte ausmachen.“

Für das Zerkleinern der einzelnen Bestandteile hat Matějka erst nach einigem Experimentieren das richtige Werkzeug gefunden…

„Ich verwende einen Fleischwolf. Ich habe auch versucht, einen großen Häcksler zu verwenden, aber die Struktur hat mir ganz und gar nicht zugesagt. Also nehme ich das Küchengerät. Das dauert leider sehr lange, alleine das Mahlen beschäftigt mich eine Woche. Aber die Qualität ist einfach um Längen besser.“

Foto: Barbora Kvapilová,  Tschechischer Rundfunk

Geformt werden die einzelnen Kegel anschließend mit einer eigens angefertigten Zange. Sonderanfertigungen forme er aber mit der Hand, sagt Matějka. Seine Ehefrau beschreibt die Eigenschaften einer solchen Luxus-Räucherkerze:

„Sie ist etwa 15 Zentimeter hoch und besteht aus einem sehr seltenen Weihrauch aus dem Oman, der ziemlich edel und mild riecht. Dementsprechend fällt dann auch der Preis aus. Aber die Menschen kaufen diese Räucherkerze sehr gern und mitunter auch gleich mehrere davon.“

Selbst angezündet habe das Ehepaar einen so großen „František“ zwar noch nicht, etwa zwei Stunden Glimmdauer dürfte die Kerze aber haben, so Matějková.

Der Weihrauch bestimmt den Geruch

Laut der Kleinunternehmerin werden bei der Herstellung der Duftkegel keine Aromen verwendet. Der entscheidende Bestandteil, der den Geruch der Räucherkerzen bestimmt, ist der Weihrauch. Und dabei gebe es große Unterscheide, meint Matějková:

Foto: Jana Káninská,  Tschechischer Rundfunk

„Weihrauch ist ein Naturprodukt. Es handelt sich dabei um das Harz der Bäume der Gattung Boswellia. Von diesem Gehölz gibt es etwa 25 Arten, sie wachsen zum Beispiel in Nordafrika, auf der Arabischen Halbinsel oder in Indien. Je nach Standort ist der Geruch unterschiedlich. Und ein bisschen ist das Ganze auch wie beim Wein: So verändern sich die Bestandteile des Harzes je nach dem Wetter im aktuellen Jahr an dem gegebenen Standort.“

Simona Matějková und ihr Mann verkaufen an ihrem Stand mittlerweile aber nicht mehr nur Räucherkerzen. Angeboten wird auch entsprechendes Zubehör. So finden sich im Repertoire etwa entsprechende Schalen, in denen die Kegel sicher angezündet werden können – schließlich herrschen in ihrem Inneren bis zu 500 Grad Celsius.

„In den Gesprächen am Stand haben uns die Kunden immer wieder erzählt, dass sie wegen der Räucherkerzen ihre Möbel beschädigt hätten“, so Matějková.

Foto: Magdalena Hrozínková,  Radio Prague International

Die Schälchen, die nun an den Mann gebracht werden, sind eine Sonderanfertigung eines Keramikers. Die Produkte auch ins Ausland zu exportieren, stehe derzeit nicht auf der Tagesordnung. Dennoch seien die „Františky“ mittlerweile in der Welt herumgekommen, meint Simona Matějková:

„Unsere Kunden erzählen uns oft, dass sie die Räucherkerzen kaufen und dann an Angehörige im Ausland verschenken. So sind die kleinen Kegel schon auf alle Kontinente gereist. Einmal hat auch jemand unsere Kerzen nach Tibet mitgenommen. Er reiste dort zu einem Aufenthalt in einem Kloster und wollte die Räucherelemente bei sich haben.“

Am beliebtesten sind die Räucherkerzen von Simona Matějková und Pavel Matějka aber weiterhin in Tschechien – und sorgen dort auch in diesem Jahr für die richtige Weihnachtsstimmung.

Simona und Pavel Matějka | Foto: Magdalena Hrozínková,  Radio Prague International
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