Neue Berufskrankheiten: Kampf um Anerkennung

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Derzeit gibt es in Tschechien etwa 90 verschiedene Berufskrankheiten. Experten fordern jedoch, noch weitere gesundheitliche Probleme in die Liste aufzunehmen.

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Berufskrankheiten sind definiert als Schädigungen der Gesundheit durch die berufliche Tätigkeit. Meist entstehen sie aufgrund von gesundheitsgefährdenden Arbeitsverfahren oder der Verwendung von gefährlichen Arbeitsstoffen. Typische Berufskrankheiten sind Lärmschwerhörigkeit, Hautkrankheiten sowie Erkrankungen durch anorganische Stäube.

„Es begann zu jucken, das Ekzem hat im Bereich des Schienbeins begonnen. Später hatte ich Probleme an den Händen, die so angeschwollen waren, dass die Gelenke nicht mehr zu sehen waren.“

Soweit Bohumil aus Liberec / Reichenberg. Sein Körper hat auf einen Klebstoff reagiert, mit dem er bei seiner Arbeit als Fliesenleger in Berührung gekommen ist. Gerade Allergien gegen chemische Stoffe haben in den vergangenen Jahren zugenommen. Zu den gefährlichen Stoffen zählen unter anderem Isocyanate, die in der Autoindustrie und auf dem Bau eingesetzt werden. Daniela Pelclová ist Ärztin an der Klinik für Arbeitsmedizin in Prag:

Daniela Pelclová  (Foto: Archiv von Daniela Pelclová)
„Die Isocyanate sind sehr gefährlich, sie können eine idiopathische Lungenfibrose auslösen. Diese lässt sich nicht heilen, und den Menschen drohen schwerste Behinderungen.“

Die Zahl der Lungenerkrankungen in Folge des Berufs ist 2018 im Jahresvergleich um 30 Prozent angestiegen. Die häufigsten Schädigungen durch die Erwerbsarbeit treten aber nach wie vor am Stütz- und Bewegungsapparat auf. Ganz vorne steht dabei das Karpaltunnelsyndrom. Im letzten Jahr wurden hierzulande 460 solcher Fälle gemeldet.

Die Ärzte fordern seit mehreren Jahren schon, auch Schäden an der Lendenwirbelsäule als Berufskrankheit anzuerkennen. Milan Tuček ist Vorsitzender der Gesellschaft für Arbeitsmedizin:

„Es handelt sich um Erkrankungen, die durch die Überlastung der Bandscheiben verursacht sind. Aus fachlicher Sicht gibt es keine Zweifel daran, dass es sich um eine Berufskrankheit handelt. In den meisten Ländern unserer Region ist sie auch anerkannt. Die Sache wurde auch im Rahmen eines Forschungsprojekts des Gesundheitsministeriums fachlich begründet. Deswegen bin ich überrascht, dass sich die Anerkennung so verzögert.“

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Das Gesundheitsministerium hat den Entwurf vor mehr als einem Jahr an das Ministerium für Arbeit und Soziales weitergeleitet. Doch dieses plant aktuell keine Ergänzung der Liste von Berufskrankheiten. Dem Ministerium zufolge wird der Entwurf von Vertretern der Arbeitgeber blockiert. Eva Veličková ist Sprecherin des Industrie- und Verkehrsverbands. Sie nennt die Gründe dafür:

„Im Vorschlag fehlt eine Auswertung der praktischen und ökonomischen Folgen für die Arbeitgeber. Zudem ist es unserer Meinung nach problematisch nachzuweisen, dass die Schmerzen in der Lendenwirbelsäule tatsächlich durch die berufliche Tätigkeit ausgelöst wurden.“

Die Ärztin Daniela Pelclová lehnt diese Argumente ab. Ihren Aussagen nach sind die Kriterien für eine Anerkennung klar und streng formuliert. Sie rechnet mit 20 bis 30 Fällen jährlich hierzulande:

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„Das erste Kriterium ist, dass man mindestens ein Jahr lang arbeitsunfähig sein muss. Zudem muss man zuvor mindestens drei Jahre lang eine physisch schwere Arbeit geleistet haben. Diese Bedingung erfüllen laut unserer Forschung zum Beispiel Krankenschwestern, die Patienten hochheben und wenden müssen, oder Arbeiter im Bauwesen.“

Im Jahr 2018 sind in Tschechien mehr als 1000 Menschen an einer oder mehreren Berufskrankheiten erkrankt. Die Liste sollte laut dem Regierungsrat für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz eigentlich alle zwei Jahre überarbeitet werden. Die letzte Aktualisierung erfolgte allerdings 2014.