Der „Schatz“ aus dem KZ Theresienstadt
Im nordböhmischen Terezín / Theresienstadt richteten die Nationalsozialisten während des Zweiten Weltkriegs ein Konzentrationslager ein, das sie selbst Ghetto nannten. Zunächst wurden die Juden aus Böhmen und Mähren dort hingebracht, später auch aus Deutschland und weiteren Teilen Europas. Die meisten der Inhaftierten wurden später in Vernichtungslagern umgebracht. In einem der Häuser in Terezín sind vor kurzem die zurückgelassenen Besitztümer einer jüdischen Frau gefunden wurden. Historiker sprechen von einem kleinen Schatz, der da aufgetaucht ist.
„Der Dachboden war sauber, aber darunter waren die Papiere verborgen. Vielleicht hat sie jemand ganz einfach unter den Holzbohlen versteckt, oder sie sind zuvor irgendwo auf einem Haufen gelegen. In jedem Fall gehören dazu sogar Dokumente von 1830 und 1880. Ein Großteil des Materials stammt aber aus der Zeit des Ghettos.“
Jiří Smutný kennt sich mit alten Schriftstücken aus, weil er Mitglied ist in einem militärgeschichtlichem Verein. Er begann, die Sachen zu sortieren. Und er wandte sich auch an die Gedenkstätte Terezín. Dort zeigte man sich begeistert von dem Fund.
„Die meisten Spenden an uns stammen von Privatpersonen. Sie werden uns mit dem Hinweis übergeben, dass die Stücke aus dem Familiennachlass stammen. Meist sind es wenige Gegenstände. Nur ganz selten erhalten wir auch Sachen, die sich einem genauen Fundort zuordnen lassen“, so die Dokumentarin Michaela Dostálová.Die jetzigen Dokumente und Gegenstände gehörten einer Frau namens Anna Hönigsberg. Sie wurde 1864 in Kirchschlag in Niederösterreich geboren. Am 22. Juli 1942 wurde sie aus Wien ins KZ Theresienstadt deportiert. Dort war die damals bereits betagte Frau in Block L 112 untergebracht. Lukáš Lev führt Besucher durch die Gedenkstätte in Terezín. Er hat weitere Nachforschungen angestellt zu Anna Hönigsberg:
„Sie überlebte letztlich den Krieg und kehrte nach Wien zurück. Derzeit warte ich auf weitere Archivteile aus der österreichischen Hauptstadt. Einen Teil habe ich bereits erhalten. Daraus geht hervor, dass Hönigsbergs Verwandte möglicherweise heute in Uruguay leben, wohl in Montevideo.“
Jene Dokumente vom Dachboden, die sich auf die Zeit im KZ beziehen, füllen einen großen Karton. Darunter sind Ghetto-Karten, Essensmarken, Teller und Besteck. Aber es ist ein Plan für den Wachdienst an den Toiletten, der den Historiker Tomáś Fedorovič besonders erstaunt:„Ich bin begeistert, weil ich so etwas noch nie gesehen habe. Klowache – das war mir bisher nicht bekannt. Den Dienstplan zur Klowache möchte in die neue Ausstellung im Ghetto-Museum aufnehmen. Solch absurde Regelungen hat es in Theresienstadt gegeben.“
Da Anna Hönigsberg schon längst gestorben ist, können die Fundstücke demnächst auch von der Öffentlichkeit eingesehen werden. Dazu Dokumentarin Michaela Dostálová:
„Wenn die Schriftstücke durch die Hände der Restauratoren gegangen sind, werden sie digitalisiert und auf unseren Webseiten gezeigt.“
Zur Entdeckung vom Dachboden gehören übrigens auch ein Strohhut oder eine Flasche aus der Theresienstädter Brauerei sowie eine Postkarte. Der Gruß ist am 13. Mai 1943 in Italien abgestempelt worden. Das Schicksal der Absenderin Melanie Friedrich ist bisher aber noch nicht bekannt.