Ermittlungen nach Smartwings-Flug mit einem Motor
Die tschechische Luftfahrtbehörde ermittelt derzeit zu einem Vorfall vom Donnerstag vergangener Woche. Da flog eine Boeing 737 von Smartwings trotz des Ausfalls eines Triebwerks noch zum Zielflughafen nach Prag.
Mit nur einem Triebwerk fliegen die Piloten darauf die Boeing über zwei Stunden noch bis zum Zielflughafen nach Prag. Am selben Tag erklärt Smartwings-Sprecherin Vlaďka Dufková:
„Die Besatzung ist in Übereinstimmung mit den Sicherheits- und Betriebsvorschriften für solche Fälle vorgegangen und hat das Flugzeug sicher gelandet. Der Chefpilot gehört zu den erfahrensten unseres Unternehmens, die Besatzung hatte die Lage unter Kontrolle und hat sicher nichts unterschätzt.“
Doch Kollegen aus der Branche reiben sich verwundert die Augen. Was, wenn auch noch der zweite Motor ausgefallen wäre? Patrick Huber ist Chefredakteur von Austrianwings, der größten Flugzeitschrift Österreichs. Der gelernte Pilot sagte gegenüber Radio Prag:„Wir sprechen hier ja von einer zweimotorigen Maschine. Wenn da ein Triebwerk ausfällt, ist es internationale Gepflogenheit, umgehend auf dem nächsten Flughafen zu landen, der für das Flugzeug geeignet ist.“
Konkret wäre am Donnerstag für die Smartwings-Maschine vor allem Thessaloniki in Frage gekommen sowie Skopje.
Doch die Boeing der tschechischen Billigfluggesellschaft flog wohl einfach weiter, ohne ihren Fall zudem den Bodenfunkstellen auf der Strecke zu melden. Das Flugmagazin „Aviation Herald“ zitierte am Montag einen Lotsen vom Flughafen in Budapest, man sei nur über ein „technisches Problem“ der Maschine informiert worden. Auch das ist laut eher ungewöhnlich:„Das Mindeste wäre, dass man der Flugverkehrskontrolle Bescheid gibt und sagt: Ich habe hier einen Triebwerksausfall und brauche den nächstgelegenen, geeigneten Flughafen zum Landen. Das wäre die international übliche Vorgehensweise“, so Patrick Huber.
Mittlerweile ist man auch bei den Behörden in Tschechien auf den sonderbaren Flug von Samos nach Prag aufmerksam geworden. Pavel Mráček ist technischer Inspektor bei der Anstalt für die fachliche Untersuchung von Flugunfällen. In den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks sagte er, dass man sich sowohl auf die Ursache des Triebwerksaufalls konzentriere, als auch auf das Verhalten der Crew:
„Zunächst ist da die technische Ebene, die betrifft den Motor. Die zweite Ebene bezieht sich auf die Piloten. Da wird geprüft, ob nach dem Ausfall das Vorgehen im Einklang stand mit den geltenden Vorschriften.“Aber auch die Luftfahrtbehörde sammelt derzeit Informationen. Diese müssten dann erst einmal ausgewertet werden, so Behördensprecher Vítězslav Hezký:
„Aus unserer Sicht ist der Vorfall keine banale Angelegenheit. Wir wollen das Vorgehen der Besatzung untersuchen, weil wir dies nicht für standardgemäß halten. Ob das aber zu einem Gerichtsverfahren gegen den Betreiber oder die Besatzung des Flugzeugs führt, kann ich derzeit noch nicht sagen.“
Beobachter sehen bei Smartwings schon seit Längerem einen hohen Kostendruck. Seit diesem Frühjahr kann die tschechische Billigfluggesellschaft zudem ihre Boeing 737 Max nicht nutzen. Denn die Europäische Luftaufsichtsbehörde hat angeordnet, dass dieser Typ Flugzeug vorerst nicht weiter geflogen werden darf. Eine Ausweichlandung beim Flug von Samos hätte aber zusätzliche Ausgaben bedeutet – etwa um die 170 Passagiere bei Bedarf in Hotels einzuquartieren und eine Ersatzmaschine dorthin zu bringen.