Billigflieger: Wings in Prag zu Niedrigpreisen
Tschechien ist Mitglied in der EU und der Sommer bringt für viele freie Tage mit sich. Grund genug, um den EU-Neuling in Europas Mitte einen Besuch abzustatten. Billige Flüge mit so genannten Low-Cost-Carriern landen auch in Prag. Daniel Satra hat für das "Wirtschaftsmagazin" mit den beiden Fluggesellschaften Travel Service und Germanwings gesprochen.
Travel Service ist der größte private Fluganbieter Tschechiens. 1997 gegründet hat die Fluggesellschaft im Jahr 2003 mit acht Boing 737 rund 1,2 Millionen Passagiere befördert. Neben Charterbetrieb hat Travel Service Ende 2003 auch den Linienbetrieb aufgenommen. Ziele sind Bangkok, Teneriffa und Brasilien. Eine Boing 767 soll im Jahresverlauf Prag mit den Malediven, Sri Lanka, der Dominikanischen Republik und Japan verbinden. Unter der Marke Smart Wings ist Travel Service pünktlich zum EU-Beitritt am 1. Mai in den Low-Cost-Carrier-Markt eingestiegen. Zwei Flieger des Typs Boing 737-500 mit Ziel Paris, Amsterdam, Kopenhagen, Madrid und Zürich stehen seitdem auf dem Flugplan der Tschechen. Der Flugpreis pro Flug: 1590 Kronen, das sind ungefähr 50 Euro, Steuern und Flughafengebühren inklusive. Das gilt jedoch nur für Frühbucher. Neben den ersten fünf Zielen zu Niedrigpreisen planen die Tschechen weiter auf den Billigflieger-Markt vorzustoßen, wie die Unternehmenssprecherin Vladimira Dufková sagt:
"Wir planen in drei Jahren 17 reguläre Zielflughäfen anzufliegen. Namentlich in Frankreich, Italien, Spanien, Deutschland und vielleicht auch in Großbritannien."
Zudem kann Travel Service mit zwei ausländischen Töchtern in Ungarn und Spanien aufwarten. Smart Wings lockt seine Kunden nicht nur mit vergleichsweise niedrigen Preisen. Zielflughäfen sind immer auch die Hauptflughäfen der Region, nicht abgelegene Nebenziele. Zudem können Internet-Skeptiker ihr Flugticket auch per Telefon ordern oder im Reisebüro kaufen. Wenn auch vorsichtig, die Tschechen setzen mit dem Billigflieger-Neuling Smart Wings auf Erfolg:
"Wir sind in diesem Produktbereich mit dem Selbstverständnis eingetreten, dass wir erstmal keine Gewinne einfahren werden. Sicherlich werden wir kein Verlustgeschäft betreiben, aber wir gehen davon aus, dass es ein großes Produkt für einen langen Zeitraum ist: Daher wollen wir den Reisenden Zeit geben, sich an die Marke 'Smart Wings' zu gewöhnen. Wir rechnen damit, dass wir im ersten Jahr keine Gewinne machen werden. Wir wollen mit einer Marge von rund 10 Prozent arbeiten", so Dufková.Bisher heben die tschechischen Billigflieger nur nach Paris und Madrid voll besetzt ab. Zielgruppe sind vor allem Reisende, die zuvor mit dem Zug oder dem Bus unterwegs waren. Und die haben in Tschechien gute Gründe aufs Flugzeug umzusteigen: Bis vor kurzem hat die Busfahrt Prag-London noch 3000 Kronen gekostet, fast das doppelte des Frühbucherpreises bei Smart Wings. Dazu kommt: Der Bus, der die tschechische mit der britischen Hauptstadt verbindet, benötigt für die Strecke 26 Stunden. Smart Wings ist nur eine von 14 Billigfluglinien, die Tschechien mit dem Rest Europas verbinden. Neben BMIbaby, EasyJet, Germanwings und Norwegian, steuern SkyEurope, Snowflake, Volareweb und andere die Tschechische Republik an. Das Unternehmen Travel Service mit seiner Marke Smart Wings beschäftigt 300 Mitarbeiter. Der Umsatz lag 2002 bei 3,4 Milliarden Kronen (ungefähr 106 Millionen Euro). Dufková über die Entscheidung, Billigflüge ins Programm aufzunehmen:
"Im Chartergeschäft sehen wir für uns kein Wachstum mehr, weil wir bereits 70 Prozent des tschechischen Marktes abdecken. Daher haben wir uns entschieden auf diesen Trend zu reagieren. Dabei haben wir nicht geplant in direkte Konkurrenz mit anderen Low-Cost-Carriern zu treten. Wir konkurrieren eher mit den klassischen Fluganbietern."Auf den Trend reagieren, ohne in direkte Konkurrenz zu treten. Ein schwieriges Unterfangen. Doch der enge europäische Billigflieger-Markt zwingt die Unternehmen zur Vorsicht. Das wissen offenbar auch die Strategen von Smart Wings. Dufková:
"Gegenwärtig entstehen eine Reihe von Allianzen. Und auch wir wollen uns in Zukunft an einer der neu entstehenden Allianzen von Low-Cost-Carriern beteiligen."
Kooperation in Allianzen bedeutet vor allem Dienstleistungen gemeinsam anbieten, die Web-Portale und Flugangebote vernetzen und damit die Kosten drücken. Niedrige Kosten, billige Flüge, so die einfache Rechnung. Davon profitiere dann vor allem einer: Der Kunde.
Auch die 1997 gegründete Fluggesellschaft Germanwings hat Prag auf dem Flugplan. Der deutsche Airliner verbindet einmal täglich Prag mit seinem Heimatflughafen Köln/Bonn. 2003 konnte Germanwings 2,4 Millionen Passagiere befördern. Germanwings-Sprecher Heinz-Joachim Schöttes:"Das war ein gigantischer Erfolg, weil wir erst am 27. Oktober 2002 unseren ersten Flug gemacht haben. Innerhalb von einem Jahr 2,4 Millionen Passagiere aus dem Stand heraus, das war ziemlich viel."
Und dennoch musste Germanwings Strecken wieder aus dem Programm nehmen. So ist zum Beispiel auch Prag-Stuttgart einer Flugplanreform zum Opfer gefallen. 80 Prozent Auslastung meldet Germangwings. Der Mix macht's, sagt Schöttes:
"Wir setzen ganz stark auf einen Mix aus Geschäfts- und Privatreisenden. Bei den Privatreisenden sind das hauptsächlich Städtereisende. Prag ist als Stadtziel natürlich unglaublich interessant, insbesondere für den deutschen Markt. Der Mix, den wir angestrebt haben, geht auf. Auf der Strecke nach Prag sind ungefähr 40 Prozent der Passagiere Geschäftsreisende."Dabei liegt der Anteil der Buchungen aus Prag nur bei 18 bis 20 Prozent. Ausbaufähig, sagt Schöttes. Um bei den Prozenten zu bleiben: Germanwings-Kunden sind Umsteiger, 60 Prozent der Passagiere haben vorher Auto oder Zug genutzt, erst die Billigangebote haben sie ins Flugzeug gelockt. 19 Euro kostet ein einfacher Flug bei Germanwings, inklusive Steuern und Flughafengebühren. Allerdings, auch bei Germanwings gilt: Das Kontingent billiger Sitze ist begrenzt, wer früh bucht, - und das heißt mitunter Wochen vor dem Abflugtermin - der spart Geld. Neben Prag fliegt Germanwings ab Köln mit Budapest und Warschau zwei weitere Hauptstädte im Osten an. Das Polnische Krakau sowie Zagreb und Split in Kroatien sollen im Juni und Juli folgen.
"Wir sehen große Chancen im mittel- und osteuropäischen Markt. Als andere noch von Hindernissen gesprochen haben, haben wir das ganz konsequent entwickelt. Wir haben unsere Chancen wahrgenommen und sehen dort auch mehr Chancen als Hindernisse. Wir haben sehr gute Erfahrungen gemacht und sind auch in den Märkten sehr gut aufgenommen worden."
Und das Geschäftsumfeld wird sich für den Kölner Billigflieger noch verbessern, prognostiziert Schöttes. Die Bedingungen dafür hat die EU-Erweiterung am 1. Mai geliefert, sagt er:"Durch die Neuaufnahme der Länder in die EU, werden die Geschäftsbeziehungen weiter ausgebaut, und der Tourismus sowie das Pendeln zwischen Tschechien und Deutschland werden zunehmen. Da Geschäfte im Rahmen der EU einfacher zu machen und abzuwickeln sind, wird auch der Geschäftsreiseverkehr zunehmen, und zwar in beiden Ländern."
Auch Germanwings, das bereits mit dem Low-Coster BMIbaby kooperiert, plant - wie die tschechische Smart Wings - zukünftig verstärkt Allianzen einzugehen. Heinz-Joachim Schöttes:
"Eine kleine Allianz der Sternchen ist denkbar, aber es muss natürlich so sein, dass wir keine Komplexität erreichen. Das Produkt muss einfach sein und für den Benutzer einen Mehrwert bieten. Wir werden also keine 'Miles-and-More'-Kooperationen eingehen, sondern die Kooperation muss auf informationstechnologischer Seite einfach abzuwickeln sein. Hier sind noch eine Menge Vorarbeiten zu leisten, bevor man von einer richtigen Allianz sprechen kann".