„Offenes Gefängnis“ in Tschechien bisher erfolgreich
Der tschechische Strafvollzug leidet unter einer hohen Rückfallquote. Rund 70 Prozent der Inhaftierten kehren früher oder später zurück hinter Gitter. Deswegen wurde vor knapp zwei Jahren ein Pilotprojekt gestartet. Es ist das erste „offene Gefängnis“ im Land. Als Vorbild dafür diente zum Beispiel Norwegen oder auch der „offene Vollzug“ in Deutschland. Und die Bilanz ist bisher positiv.
„Wenn ich Frühschicht habe, dann stehe ich um halb fünf auf und geh um fünf in die Arbeit. Angestellt bin ich in einem Tischlereibetrieb außerhalb. Gegen zwei oder halb drei komme ich zurück. Dann haben wir hier meist noch Kurse wie ‚Sicheres Auftreten‘, ‚Umgang mit Finanzen‘ oder ‚Grundlagen des Rechts‘.“
Auch alle anderen Insassen haben eine feste Arbeit in der Umgebung. Auf dem Gefängnisgelände leben sie in kleinen Häusern für je neun Bewohner, immer zwei Inhaftierte teilen sich ein Zimmer. Zudem gibt es eine Küche, in der man sich zusätzlich zum Kantinenessen noch etwas zubereiten kann. Die Insassen werden nicht von Wärtern beaufsichtigt. Die zwei Meter hohe Mauer um die Anstalt hat auch keinen Stacheldraht. Dennoch habe bisher noch niemand die Flucht versucht, sagt Gefängnisleiterin Hana Prokopová:
„Wir haben hier Verurteilte, die sehr motiviert sind. Mindestens einmal im Monat sind sie für 24 Stunden zu Hause. Damit wollen wir ihre familiären Beziehungen aufrechterhalten.“
Und welche Täter sind in Jiřice untergebracht?
„Die meisten sind wegen Eigentumsdelikten verurteilt, aber wir haben auch schon Gewaltverbrecher gehabt“, so Prokopová.Seit der Eröffnung vor knapp zwei Jahren haben rund einhundert Straftäter die Haftanstalt durchlaufen. Nur drei von ihnen sind bisher rückfällig geworden. Das überzeugt auch den Direktor des tschechischen Justizvollzugsdienstes, Petr Dohnal:
„Unsere bisherige Erfahrung mit diesem Projekt ist sehr positiv. Wenn man in die Zimmer der Insassen schaut, dann sieht man, dass alles sehr sauber ist. Die Leute sind dankbar für diese Art des Vollzugs.“
Denn alle Insassen wissen auch, dass es schnell wieder vorbei sein kann mit der relativen Freiheit.
„Wenn man nicht das erfüllt, was von einem gefordert wird, dann kommt man sofort zurück in ein bewachtes Gefängnis“, weiß der Insasse Josef Rubeš.
Noch gilt Jiřice als Pilotprojekt. Doch schon jetzt denkt Dohnal über eine Ausweitung des offenen Vollzugs nach. Dabei hat er vor allem das Gefängnis in Rapotice auf der Böhmisch-Mährischen Höhe im Blick. Ganz allgemein sagt der Direktor des Justizvollzugsdienstes:
„In das Gefängniswesen muss Geld investiert werden. Dabei kann es aber nicht darum gehen, die Insassen zu bewachen, sondern mehr mit ihnen zu arbeiten. Nur so können sie sich nach der Entlassung wieder ins normale Leben eingliedern.“
Doch beim Justizministerium ist man im Moment noch zurückhaltend. Jeroným Tejc ist stellvertretender Ressortleiter:„Das Geld spielt auch eine Rolle, aber dies ist nicht der einzige Grund. Wir müssen das Projekt erst einmal detailliert analysieren. Dies soll bis 2021 abgeschlossen sein. Die nächste Regierung wird dann ausreichend Daten haben. Und der künftige Minister kann auf dieser Grundlage entscheiden, ob das Projekt weitergeführt, ausgeweitet oder in irgendeiner anderen Weise verändert werden soll.“
Zudem muss noch ein weiteres Detail gelöst werden: Bisher erlaubt die tschechische Gesetzgebung den offenen Vollzug nämlich noch gar nicht. Man arbeite aber schon daran, um dies zu ändern, hieß es aus dem Justizministerium.