Emil Škoda – Geburt eines Imperiums
Der Name Škoda steht heute sowohl für den Autohersteller in Mladá Boleslav / Jungbunzlau als auch für den gleichnamigen Maschinenbauer in Plzeň / Pilsen. Er leitet sich vom Unternehmensgründer Emil Škoda ab. Vor 150 Jahren kaufte er die Fabrik der Familie Waldstein und begründete so das künftige Firmenimperium.
1866 kommt Emil Škoda in die Maschinenfabrik der Familie Waldstein. Der 27-Jährige übernimmt damals den Posten des leitenden Ingenieurs. Ladislava Nohovcová ist Historikerin beim Bezirksarchiv Pilsen:
„Damals hatte das Unternehmen nicht sehr viele Kunden und etwa 40 Angestellte. Innerhalb von drei Jahren gelang es Emil Škoda, die Zahl der Aufträge zu anzuheben, und die Zahl der Beschäftigten stieg auf rund 120. Der Grund war, dass er den Maschinenbau bei den Waldsteins modernisierte und das Werk vergrößerte.“
Emil Škoda wird am 18. November 1839 in Pilsen geboren. Sein Vater ist Arzt und wird in der Folge nach Cheb / Eger versetzt. Dort absolviert der Filius das Realgymnasium, danach nimmt er ein Studium an der Technischen Hochschule in Prag auf. Nach vier Semestern verpflichtet sich Škoda aber für ein Jahr bei der Armee. 1859 muss er schließlich an die Front, die Donaumonarchie führt zu jener Zeit Krieg gegen Frankreich und Sardinien. Von den Schlachtfeldern in Italien kehrt er mit einem chronischen Magenleiden zurück. Wieder in Zivil setzt er in Karlsruhe sein Studium fort und macht in der nordbadischen Stadt auch seinen Abschluss.
„Danach blieb er weiter in Deutschland. Zunächst arbeitete er drei Jahre lang in Chemnitz in einer Fabrik für Fräsmaschinen und danach in Bremen“, so Nohovcová.Ausbildung in Deutschland
1866 beginnt jedoch der sogenannte Deutsche Krieg zwischen Österreich und Preußen. Als Angehöriger des verfeindeten Staates muss Emil Škoda das Land verlassen. So beginnt seine Karriere in den Waldstein-Fabriken. Bald stellt sich heraus, dass Ernst Graf von Waldstein nicht bereit ist, genügend Geld in die Modernisierung seines Unternehmens zu stecken. Das bringt den leitenden Ingenieur auf die Idee, selbst das Werk zu kaufen. Am 12. Juni 1869 wird der Kaufvertrag von beiden Seiten unterzeichnet. Der Preis beträgt knapp 168.000 Dukaten. Das ist für Škoda erst einmal eine große Investition, wie Historikerin Nohovcová ausführt:
„Das Geld für den Erwerb des Unternehmens und weitere Investitionen erhielt er aus dem Vermögen seiner Familie. Das war zum einen das Erbe seiner verstorbenen Mutter, einen Teil trug auch Emils Vater bei. Und eine größere Summe kam von seinem Onkel Josef Škoda, der in Wien ein hoch angesehener Arzt war. Insgesamt kamen auf diese Weise 1,2 bis 1,4 Millionen Dukaten in bar und in Wertpapieren zusammen.“Mit diesem Startkapital entstehen die Skoda Werke in Pilsen. Die Idee des neuen Unternehmers ist es, nicht mehr nur Maschinen herzustellen, sondern auch das Stahl für diese. Deshalb errichtet er eine eigene Kokerei und eine Gießerei. Das größte Projekt ist aber das Stahlwerk selbst.
„Dafür nutzte er seine Handelskontakte und tat sich mit einer Firma aus Westfalen zusammen. Von ihr kaufte er die technischen Lizenzen für die Stahlfabrikation und warb Spitzen-Fachleute an. Um den Stahl auch ausliefern zu können, ließ er einen Gleisanschluss zur Bahnlinie zwischen Wien und Cheb bauen“, so die Geschichtswissenschaftlerin.
1886 wird das Stahlwerk in Betrieb genommen. Die Produkte sind von höchster Qualität. Doch damit ist Emil Škoda noch längst nicht am Ziel. Zum nächsten Vorhaben wird der Einstieg in die Waffenproduktion. Alle europäischen Großmächte beginnen damals, ihre Armeen hochzurüsten – so auch die Doppelmonarchie. Allerdings kauft Wien die Geschütze noch bei Krupp in Deutschland. Daher wittert der Unternehmer aus Pilsen seine Chance. 1889 stellt er die erste Kanone her, doch Erfolg hat er letztlich erst mit Schiffsgeschützen.„Mit der Flotte hatte er bereits früher gute Erfahrungen gemacht, als er zum Beispiel Schiffsschrauben, Anker oder Ruder sowie große Stahlplatten lieferte. Schwieriger gestalteten sich hingegen die Handelskontakte zu den Bodentruppen. Denn die Armeevertreter beharrten weiter auf Gewehrläufen aus Bronze. Škoda fertigte aber modernere Läufe aus Stahl. Es half auch nicht, dass er alle seine Bekannten in den zuständigen Ministerien abklapperte und sie zu Vorführungen einlud“, sagte Ladislava Nohovcová.
Das Pilsner Unternehmen ist aber längst nicht nur auf das eigene Land angewiesen. Man erhält auch viele lukrative internationale Aufträge. So etwa von den deutschen Vulcan-Werken oder Orlando aus Italien beziehungsweise von Werften in Frankreich und Großbritannien.
Strenger Patriarch
Als Arbeitgeber ist Emil Škoda ein Patriarch wie viele andere Firmengründer seiner Zeit. Historikerin Nohovcová:„Emil Škoda war streng zu seinen Beschäftigten, aber korrekt. Und er erkannte Leistung auch an. Jeden Tag ist er durch seine Werke gegangen, die leitenden Angestellten kannte er persönlich. Gelang es beispielsweise, einen Eilauftrag rechtzeitig fertigzustellen, belohnte er die Arbeiter gerne auch mit einem Bonus in der Höhe eines Wochenlohns. Zudem hat Škoda soziale Sicherungen eingeführt. 1871 gründete er eine Sozialkasse, zu der das Unternehmen beitrug.“
Leitende Angestellte kommen wiederum ab 1893 in den Genuss einer Rentenversicherung. Allerdings zeigt der Unternehmer nach bestimmten Berichten auch andere Seiten. So hat er wohl immer einen Stock bei sich. Schlampt jemand in seinen Augen bei der Arbeit oder lässt im Tempo nach, dann schlägt der Patriarch gerne auch zu.
Immer mehr wird Škoda zum Workaholic. Weil ihn die täglichen Fahrten zu und von der Arbeit stören, richtet er sich ein Zimmer in einem der Fabrikgebäude ein. Und auch seine Angestellten will er jederzeit unter den Augen haben. Deswegen lässt er sie nicht zum Essen gehen, sondern schickt ihnen die Speisen an den Arbeitsplatz.„Emil Škoda sah die Fabrik als sein eigenes Kind an und lehnte alles ab, was ihn in seinen Rechten beschnitten hätte. So durften seine Arbeiter nicht an den Feiern zum 1. Mai teilnehmen, da kannte er keine Kompromisse“, erläutert Nohovcová.
Ende des 19. Jahrhunderts sind in den Skoda Werken 3200 Arbeiter beschäftigt und 250 Büroangestellte. Um Schritt zu halten mit der rasenden industriellen Entwicklung, braucht das Unternehmen viel Kapital. Das können aber letztlich nur noch Banken bereitstellen. Schweren Herzens entschließt sich der Unternehmer deswegen, den Familienbetrieb zu einer Aktiengesellschaft umzubauen.
„Emil Škoda wurde zum Hauptaktionär mit 55 Prozent Aktienanteil. Die anderen Teile hielten die Wiener Kreditanstalt, die dem Unternehmen bereits früher Geld geliehen hatte, und die Böhmische Exportbank.“Škoda bleibt weiter Generaldirektor und wird Vorsitzender des Verwaltungsrates. Das alles geschieht im Dezember 1899. Da ist der Patriarch aber bereits gesundheitlich stark angeschlagen, wie Ladislava Nohovcová sagt.
„Er hatte wiederholt Magenbeschwerden. Aber sein Tod hing wohl nicht direkt damit zusammen, dieser kam ziemlich plötzlich.“
Am 8. August 1900 stirbt Emil Škoda im Zugabteil auf dem Weg von Bad Gastein zurück nach Pilsen. Seine Beerdigung wird ein großes gesellschaftliches Ereignis in seiner Heimatstadt. Škoda hinterlässt ein gut funktionierendes Unternehmen, das immer weiter wächst. Meilensteine werden der Bau von Dampfturbinen, mit dem noch vor dem Ersten Weltkrieg begonnen wird, sowie in den 1920er Jahren der Einstieg in die Autoindustrie. Heute heißt der Mutterkonzern Škoda Transportation. Hauptgüter sind Züge inklusive Lokomotiven und Straßenbahnen.