Dschungel und Tauchtour – Rentner reisen virtuell

Foto: Archiv HateFreeCulture

Viele alte Menschen in Tschechien kommen nicht mehr weit, wenn sie erst einmal im Heim sind. Eine Prager NGO will das ändern. Und zwar mit moderner Technik. Mehr von Strahinja Bucan.

Foto: Archiv HateFreeCulture
Wunderschön, und dann diese Tiefe. Von einem hohen Gipfel aus überblickt die Rentnerin Frau Polednová gerade einen klaren Bergsee. In die Alpen musste sie dazu nicht fahren, vielmehr sitzt sie auf einem Stuhl im Speisesaal eines Prager Altenheimes. Auf dem Kopf hat sie eine Virtual-Reality-Brille, mit der sie sich auf eine digitale Reise machen kann. Damit fühlt sie sich zurückversetzt in gute alte Zeiten:

„Ich war völlig überwältigt, so schön war das. Mit meinem Mann bin ich viel herumgekommen, gerne sind wir beispielsweise mit dem Boot auf der Moldau von Lenora nach Prag gepaddelt. Nun bin ich aber schon seit 15 Jahren allein. Mit meinem Mann bin ich wirklich viel gereist, und daran habe ich mich gerade erinnert.“

Lukáš Houdek  (Foto: David Vaughan)
Seit September vergangenen Jahres können sich Rentner dank einer solchen VR-Anlage auf virtuelle Reisen begeben. Möglich macht das die NGO Hate free culture. Lukáš Houdek erklärt, wie die Aktivisten auf die Idee gekommen sind:

„Wir wollen Menschen, um die sich vielleicht die Familie nicht so viel kümmert, ein starkes Erlebnis bieten. Bei vielen kommt das gut an, und sie freuen sich noch lange danach über ihren virtuellen Ausflug.“

Mittlerweile nimmt Hate free culture die tschechischen Rentner mit an Strände, in den Dschungel oder auf eine Tauchtour mit Haien. Für viele der Senioren ist es eine willkommene Abwechslung im tristen Heimalltag. Und manche Reaktionen seien rührend, erklärt Lukáš Houdek:

„Man fühlt besonders mit, wenn es um Menschen geht, die nicht mehr eigenständig kommunizieren können und zu keiner Reaktion mehr fähig sind. Die setzen die Brille auf und reden plötzlich wieder, oder sie zeigen schlicht ihre Freude.“

Am Anfang sei sie eher skeptisch gewesen, gibt Aneta Stachová zu. Sie leitet das Altenheim „Senior Komplex“ im Prager Stadtteil Třebešín, in dem auch Frau Polednová ihren Lebensabend verbringt. Am Ende sei sie aber überrascht gewesen, wie schnell die teils Über-90-Jährigen den Zugang zur modernen Technik gefunden hätten, so die Sozialarbeiterin Stachová:

Foto: YouTube Kanal HateFreeCulture
„Erst dachte ich, dass die Senioren Angst haben würden davor. Die Reaktionen waren aber überwältigend, und nun freue ich mich mit unseren Bewohnern.“

Laut Lukáš Houdek von Hate free culture ist das Interesse von Seniorenheimen an ihrem Projekt enorm. Deshalb wolle man in Zukunft in weitere VR-Brillen investieren, so der Aktivist.