Petříček in Kiew: Tschechien aufseiten der Ukraine
Der tschechische Außenminister Tomáš Petříček ist seit Montag zu Besuch in der Ukraine. Schon beim Auftakttreffen mit seinem ukrainischen Amtskollegen Pawlo Klimkin wurde deutlich, weshalb die bilateralen Beziehungen für beide Länder sehr wichtig sind.
„Wir begreifen, in welch schwieriger Lage die Ukraine steckt. Sie muss an zwei Fronten kämpfen. Zum einen gegen die russische Aggression und gegen die prorussischen Aufständischen im Osten des Landes, und zum anderen muss sich die Ukraine modernisieren. Beide Kämpfe sind eng miteinander verknüpft, denn ohne eine soziale Stabilisierung und wirtschaftliche Entwicklung wird es schwer, den Konflikt zu lösen – und umgekehrt. Tschechien reicht der Ukraine hilfreich die Hand und will das Land in seinen Anstrengungen unterstützen.“
Der ukrainische Chefdiplomat Pawlo Klimkin dankte für das Hilfsangebot. Sichtliche Genugtuung bereitete ihm, dass Petříček von einer „russischen Aggression“ sprach. Und er würdigte die offizielle Haltung Prags zu dem Konflikt – sie besteht darin, dass man die Sanktionen der Europäischen Union gegen Russland unterstützt und die russische Annexion der Krim verurteilt. Tschechiens Präsident Miloš Zeman sieht das jedoch anders. Er kritisiert die Sanktionen des Westens und bezeichnete den Anschluss der Krim an Russland als Tatsache, die man hinnehmen müsste. Auf die Frage, was er davon halte, antwortete Klimkin:„Wenn der tschechische Präsident es anders sieht, dann bin ich bereit, mit ihm darüber zu diskutieren. Ich würde die Diskussion auf der Grundlage von historischen Fakten und des internationalen Rechts mit ihm führen.“
„Im Falle des tschechisch-ukrainischen Forums sollte es sich um ein Gremium handeln, in dem nicht nur Historiker, sondern auch Experten für beidseitige Beziehungen sitzen. Das Forum sollte sich nicht nur auf offene Fragen aus der Vergangenheit konzentrieren. Ich wäre erfreut, wenn es sich in erster Linie mit Zukunftsfragen befasst, also damit, wie wir unsere bilateralen Beziehungen ausbauen können.“
Nichtsdestotrotz sollten auch die heiklen Kapitel der Vergangenheit angesprochen werden, ergänzte Petříček. Er selbst legte Blumen nieder am Denkmal für tschechoslowakische Soldaten, die sich während des Zweiten Weltkriegs an der Befreiung Kiews beteiligt hatten. Und der Sozialdemokrat strich noch eine weitere Form des Zusammenwirkens heraus:„Wir haben ebenso über die Fortsetzung unserer humanitären Hilfe gesprochen. Seit dem Jahr 2014 hat die Tschechische Republik insgesamt acht Millionen Kronen (308.000 Euro) an die Ukraine gezahlt. Unsere Hilfe gilt vor allem dem Bildungs- und dem Gesundheitswesen. Zudem wollen wir den Menschen helfen, die unmittelbar von dem Konflikt betroffen sind, also den Menschen im Donezbecken und dem Gebiet um Luhansk.“
Schließlich verwies der Außenminister darauf, dass in Tschechien über 120.000 Ukrainer leben und arbeiten. Damit sind sie inzwischen die größte ausländische Bevölkerungsgruppe im Land. Nach Aussage von Petříček erteilt Tschechien jährlich die Arbeitserlaubnis für 21.000 Ukrainer. Die Regierung in Prag überlege indes, diese Quote zu verdoppeln. Denn die Ukrainer würden sehr dabei helfen, gegen den Arbeitskräftemangel in Tschechien anzukämpfen.