Zeichen der Solidarität: Tschechiens Außenminister Lipavský zu Besuch in der Ukraine
Emmanuel Macron in Moskau, Olaf Scholz in Washington – die diplomatischen Bemühungen, die Ukraine-Krise friedlich beizulegen, laufen auf Hochtouren. Auch der tschechische Außenminister Jan Lipavský (Piraten) ist mit dem Thema befasst und hält sich derzeit direkt im Spannungsgebiet auf.
Am zweiten Tag seines Ukraine-Besuchs spricht Außenminister Jan Lipavský am Dienstag in Kiew unter anderem mit Präsident Wolodymyr Selenskyj. Am Montag war er gemeinsam mit seinen Amtskollegen aus Österreich und der Slowakei, Alexander Schallenberg und Ivan Korčok, im Krisenland angekommen. Der Zweck dieser Reise bestehe vor allem darin, Solidarität auszudrücken, sagte Lipavský vor dem Abflug am Montagmorgen:
„Wir wollen dieses Land unterstützen, das einen starken Willen zeigt und den europäischen Weg sowie den der Nato eingeschlagen hat. Wir besuchen dieses Land, in dem echte freie Wahlen stattfinden und niemand wegen seiner Meinung im Gefängnis sitzt. Mit den hiesigen Politikern wollen wir darüber reden, was wir dafür tun können, dass die Ukraine ihre Unabhängigkeit auch behält.“
Die Symbolik dieses Besuchs wirke über die Grenzen der Ukraine hinaus, meint Jan Šír. Der Politologe vom Institut für internationale Studien an der Prager Karlsuniversität kommentierte in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:
„Es ist auch ein Signal in Richtung Moskau. Dies besagt, dass Russland mit erneuten Sanktionen bezahlen wird, falls die dortige Regierung weitere Schritte im Militär- oder im Informationsbereich unternimmt. Damit hätte dieser Besuch dann auch einen Effekt.“
Ihr erster Weg führte die drei Diplomaten am Montag an die Kontaktlinie in der ostukrainischen Region Donezk. Per Hubschrauber und ausgestattet mit Tarnwesten ließen sie sich absetzen in der militärischen Zone, in der ukrainische Soldaten und von Russland unterstützte Separatisten immer wieder aufeinandertreffen. Lipavský äußerte zu diesem Zwischenstopp:
„Die Kontaktlinie gehört immer noch zum souveränen ukrainischen Gebiet. 2014 sind hier 14.000 Menschen gestorben, und der Konflikt wird in unterschiedlicher Intensität weiter ausgetragen. Es ist deshalb angebracht, dass wir der Ukraine unsere Solidarität aussprechen. Wir wollen sie unterstützen, damit hier nicht noch mehr Menschen sterben müssen.“
Vor Ort übergab der tschechische Außenminister dem ukrainischen Roten Kreuz 500 Erste-Hilfe-Pakete. In Kiew trafen Lipavský, Schallenberg und Korčok dann unter anderem mit ihrem Amtskollegen Dmytro Kuleba zusammen.
Abgesehen von der Geste, mit denen die drei mitteleuropäischen Länder sich auf die Seite der Ukraine stellen, sieht Petr Kratochvíl noch eine besondere Bedeutung für Tschechien in der Zusammensetzung der Reiseabordnung. Im Tschechischen Rundfunk führte der Analytiker vom Institut für internationale Beziehungen aus:
„Beachtung verdient das Format Tschechien-Slowakei-Österreich. Es handelt sich also nicht um die Minister der Visegrád-Gruppe. Dies ist ein deutliches Zeichen dafür, wohin sich die tschechische Diplomatie orientiert. Dabei zählt nicht mehr nur Visegrád, sondern es gibt auch flexiblere und neue Formen der Zusammenarbeit.“
Lipavský beweise damit ein aktives Engagement in der tschechischen Außenpolitik, auch wenn damit etwa Präsident Miloš Zeman nicht übereinstimme, so Kratochvíl weiter.
Der Diplomatiechef wird am späteren Dienstagabend nach Prag zurückkehren.