110 Jahre Eishockey in Tschechien: Erfolgsweg vom Bandy-Hockey bis zur Ruhmeshalle

Turnier in Chamonix 1909 (Foto: Archiv des Nationalmuseums in Prag, CC BY 4.0)

Eishockey ist in Tschechien nicht nur ein sehr populärer Sport, sondern er ist auch tief verwurzelt. Vor 110 Jahren hat eine Mannschaft aus Böhmen diese Sportart erstmals nach kanadischem Muster gespielt. Heute ist Tschechien im erweiterten Kreis der Weltelite etabliert.

Turnier in Chamonix 1909  (Foto: Archiv des Nationalmuseums in Prag,  CC BY 4.0)
Der 23. Januar 1909 ist ein Meilenstein in der Geschichte des Eishockeys hierzulande. Zu einem internationalen Turnier in Chamonix war auch eine Mannschaft aus den Ländern der Böhmischen Krone angereist. Allerdings hatten die sieben Spieler nur Erfahrung mit dem sogenannten Bandy-Hockey, bei dem statt einem Puck ein kleiner Ball mit gekrümmten Schlägern über das Eis bugsiert wird. Erst bei ihrer Anreise sahen sie im Zug bei einem anderen Spieler zum ersten Mal kanadische Schläger, Schlittschuhe und einen echten Puck. Auch die Regeln kannten sie nicht. So waren sie ganz überrascht, dass die Tore nicht am Spielfeldrand standen.

Als Ausrüstung hatten die Spieler aus Prag nur ihre weißen Slavia-Leibchen mit dem roten Stern dabei, die kanadischen Schläger kauften sie sich am Spielort. Ihre vier Spiele haben die Tschechen prompt verloren, nichtdestotrotz wurden sie in der Fachzeitschrift „Zimní sport“ (Wintersport) gelobt. Das Blatt schrieb:

Tschechoslowakische Mannschaft 1947  (Foto: Archiv des Nationalmuseums in Prag,  CC BY 4.0)
„Wenn sie erst einmal wissen, wie man mit dem kanadischen Schläger umgeht, werden sie zu den Besten gehören.“

Die Zeitschrift sollte Recht behalten. Schon zwei Jahre später konnten sich die Tschechen in Berlin über ihren ersten Europameistertitel freuen. Weitere EM-Siege folgten. 1947 wurde im eigenen Land dann auch die erste WM-Goldmedaille gewonnen. In einer Archivaufnahme des Tschechischen Rundfunks erinnert sich der legendäre Sportreporter Josef Laufer:

„Kaum zwei Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs fand die Weltmeisterschaft erstmals in Prag statt. Es war gerade die Tschechoslowakei, die sich damals zutraute, solch einen Wettbewerb zu veranstalten. In Prag gab es einen ausgezeichneten Titelkampf zu sehen. Und kaum zu beschreiben war der Jubel, als feststand, dass die Heimmannschaft 1947 zum ersten Male Weltmeister wurde.“

Olympiagold in Nagano  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
Diesem Titelgewinn folgten elf weitere, und 1998 bescherte schließlich das bislang größte Highlight – das Olympiagold in Nagano. Nach dem 1:0-Finalsieg über Russland durfte auch Rundfunkreporter Aleš Procházka seine ganze Freude herausschreien.

Im Team des Olympiasiegers standen mit Roman Hamrlík und Martin Ručinský auch zwei ehemalige Spieler, die am Dienstag in die Ruhmeshalle des tschechischen Eishockeys aufgenommen wurden. Hamrlík, der gegenwärtig in den Vereinigten Staaten lebt, konnte aus familiären Gründen nicht zu dieser Ehrung anreisen. Per Videobotschaft ließ er jedoch ausrichten:

Roman Hamrlík  (Foto: James Teterenko,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 3.0)
„Für mich bedeutet die Aufnahme in die Hall of Fame sehr viel: Es ist die größte Wertschätzung, die einem Eishockeyspieler für seine aktive Karriere zuteilwird.“

Die Aufnahmeurkunde für Roman Hamrlík nahm dessen Vater Zdeněk entgegen. Gegenüber dem Tschechischen Rundfunk schilderte er, dass die Erfolge seines Sohnes und der anderen ruhmhaften Spieler nicht von ungefähr kommen:

„Jetzt durchleben es die Geehrten noch einmal. Als sie jung waren, standen sie an vielen Wochenenden von morgens bis abends auf dem Eis. Bei Roman war es so: Er und seine Mitspieler bestritten zwölf Turniere pro Saison. Zudem sagten uns die Klubverantwortlichen, sie könnten die Jungs noch zu zwei weiteren Turnieren anmelden, das müsste jedoch bezahlt werden.“

Neben Hamrlík und Ručinský wurden am Dienstag auch Oldřich Válek, der 1985 im Team der Tschechoslowakei Weltmeister wurde, und Ex-Trainer Zdeněk Uher in die Ruhmeshalle aufgenommen. Die Hall of Fame des tschechischen Eishockeys zählt damit bereits 134 Mitglieder.

Autor: Lothar Martin
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