Große Politik und viel Persönliches

Visualisierung der neuen Dauerausstellung (Foto: Archiv des Nationalmuseums in Prag)

Ab kommendem Jahr zeigt das Prager Nationalmuseum eine neue Dauerausstellung zum 20. Jahrhundert. Diese zusammenzustellen ist jedoch schwieriger, als es scheinen mag.

Ehemaliges Föderalparlament  (Foto: Lenka Žižková)
Eigentlich ist das Gebäude selbst ein bedeutender Teil der jüngsten tschechoslowakischen Geschichte. Vor allem in den Jahren 1989 bis 1993 wurde das Föderalparlament am Prager Wenzelsplatz zum Schauplatz der Entscheidungen, die Tschechien bis heute prägen. Dort wurde nämlich mit Václav Havel der erste nicht-kommunistische Staatschef gewählt, und keine drei Jahre später beschlossen die Abgeordneten dort das Ende der Tschechoslowakei. Heute gehört das Gebäude aus den 1970er Jahren zum Nationalmuseum. Und nach dem Umbau des Hauptgebäudes gegenüber werden Interessierte in den ehemaligen Räumen von Plenarsaal und Abgeordnetenbüros einen Rundgang durch die Geschichte des 20. Jahrhunderts machen können. Die neue Dauerausstellung zusammenzubekommen sei aber keine leichte Aufgabe gewesen, meint der Kurator Daniel Dvořák:

Daniel Dvořák  (Foto: ČTK / Roman Vondrouš)
„Im Gegensatz zu anderen historischen Ausstellungen hat ein Großteil der Besucher das 20. Jahrhundert tatsächlich erlebt. Es hat sie in irgendeiner Weise geprägt, manchmal war das auch tragisch. Wir müssen also davon ausgehen, dass sich unsere Gäste nicht nur gut auskennen, sondern auch eine bestimmte Meinung haben.“

Gerade deshalb wollten die Macher der neuen Dauerausstellung zum 20. Jahrhundert die Weltpolitik und das Private verbinden. Daniel Dvořák erklärt, wie das gelingen soll:

„Wir haben eine Art Libretto entworfen, das den ganzen Inhalt der Schau in vier Gruppen teilt – ganz oben ist die Politik, ein Stockwerk tiefer das öffentliche Leben, und dann folgen das halbprivate und schließlich das ganz private Leben.“

Visualisierung der neuen Dauerausstellung  (Foto: Archiv des Nationalmuseums in Prag)
Vier Stockwerke sollen also voll sein mit Stücken und Erinnerungen aus den Jahren 1901 bis 1999. Bei manchen Exponaten ist es aber schwer, einen richtigen Platz in einer der Sektionen zu finden. Denn sie würden mit ihrer Bedeutung irgendwo dazwischenstehen, glaubt Dvořák:

„Da ist zum Beispiel der Füller, mit dem die deutsche Kapitulation in Prag unterschrieben wurde. Oder aber der Pullover von Václav Havel. Diese Dinge haben nicht nur einen historischen Wert. Bei ihnen ist auch die emotionale Ebene entscheidend.“

Insgesamt liegt aber ein Schwerpunkt auf dem Alltag im vergangenen Jahrhundert – von der Architektur über die Musik bis hin zur Waschmaschine. Präsentiert wird das in einem Zusammenspiel der Exponate mit multimedialen Effekten. Das soll auch das neue Gesamtkonzept des Nationalmuseums sein: die Verbindung zwischen Altem und Neuen sowie zwischen Natur und Geschichte. Dazu Vize-Direktor Michal Stehlík:

Visualisierung des Tunnels  (Foto: Archiv des Nationalmuseums in Prag)
„Neu ist der Tunnel zwischen den beiden Gebäuden des Nationalmuseums. Die Dauerausstellungen sind nicht nur im Neorenaissance-Bau von Josef Schulz, sondern auch im modernistischen Gebäude von Karel Prager zu bewundern. Dort ist dann eben das 20. Jahrhundert untergebracht.“

Die Schau zum 20. Jahrhundert eröffnet im kommenden Jahr, gemeinsam mit weiteren neuen Ausstellungen des Nationalmuseums. Das renovierte Hauptgebäude wird teilweise aber bereits in diesem Oktober geöffnet.