Polit-Satire auf Leinwand: „Präsident Blaník“
Im neuen Film kandidiert der Hauptheld der Kultserie um den Lobbyisten Tonda Blaník für das Präsidentenamt.
Der neue tschechische Film „Präsident Blaník“ ergänzt eine Kultserie, die seit 2014 bei einem Internet-Fernsehanbieter ausgestrahlt wird. Im Mittelpunkt der Serie mit dem Titel „Kancelář Blaník“ (zu Deutsch „Büro Blaník“) steht der fiktive Lobbyist Tonda Blaník. Zwar hält er sich in seinem Büro versteckt, doch er ist der wirkliche Drahtzieher der tschechischen Politik. Blaník hat nämlich die besten Beziehungen zu allen Politikern – vom Staatspräsidenten über die Minister bis zu den Bürgermeistern. Und er ist stets zur Stelle, wenn sie Hilfe brauchen.
Tonda Blaník scheut auch vor keiner Intrige zurück und weiß mit den Medien geschickt umzugehen. Die Autoren der Serie beziehen ihre Inspirationen direkt aus der tschechischen Politik, denn dort haben einige sogenannte Lobbyisten in den vergangenen Jahren eine höchst kontroverse Rolle gespielt. Und mit jeder der etwa siebenminütigen Folgen der Sendereihe reagierten die Drehbuchautoren auf ein aktuelles politisches Ereignis. Schon nach den ersten Folgen der Serie versuchten einige Kollegen, das Team um Regisseur Marek Najbrt zu einem abendfüllenden Film zu überreden. Dazu ist es nun aber erst vor dem Hintergrund der zweiten Direktwahl des tschechischen Staatspräsidenten gekommen. Im Herbst vergangenen Jahres, also einige Monate vor der Präsidentschaftswahl, begannen die Dreharbeiten. Regisseur Najbrt:
„Das ganze Projekt um Tonda Blaník entstand, weil wir es für nötig hielten, auf die Politik zu reagieren. Und am besten schien es uns, dies über das Machtzentrum eines Lobbyisten zu tun. Wir wollten unseren Gefühlen über das Leben hierzulande freien Raum geben.“Blaník for president!
Im Film verlässt Lobbyist Tonda Blaník die vier Wände seines Büros, um für das Präsidentenamt zu kandidieren. In der Kampagne verspricht er den Wählern alles Mögliche, was er allerdings eh nicht einhalten kann. Das ganze Vorhaben scheitert jedoch letztlich daran, dass Tondas Assistent die für die Kandidatur erforderlichen Unterschriften nicht rechtzeitig der zuständigen Behörde zustellt.
Der Film wurde während der aktuellen Wahlkampagne der Präsidentschaftskandidaten gedreht. Die Macher wollten sogar Hauptdarsteller Marek Daniel dazu bringen, sich wirklich um das Präsidentenamt zu bewerben. Doch der Schauspieler war von der Idee überhaupt nicht begeistert.„Ich habe dies nach gründlicher Überlegung abgelehnt, auch wegen meiner Gesundheit. Das meine ich ernst und nicht ironisch. Ich werde nie kandidieren. Vor kurzem habe ich einen guten Freund getroffen, und er hat mir erklärt, dass jeder, der kandidiert, fast eine Art Psychopath sein muss. Das bin ich aber noch nicht.“
Gefilmt wurde während der wirklichen politischen Debatten, im Fernsehstudio oder bei den Feierlichkeiten am 17. November in den Prager Straßen. Am stärksten wirken im Film jene Momente, in denen die Grenzen zwischen Fiktion und Wirklichkeit verschwimmen. Eine kleine Rolle spielt etwa Piratenchef Ivan Bartoš, im Film treten zudem weitere bekannte Persönlichkeiten auf wie Ex-Finanzminister Miroslav Kalousek, Wirtschaftsexperte Tomáš Sedláček oder Sänger Tomáš Klus.
Der Name Blaník ist eine Anspielung auf die Legende über die schlafenden Ritter von Blaník. Der Sage nach sollen sie wach werden, wenn das tschechische Vaterland in höchster Not ist.Zwischen Fiktion und Wirklichkeit
Tonda Blaník kann sich im Film genauso wie in der Internetserie auf zwei loyale Mitarbeiter verlassen: seinen Assistenten namens Žížala und die geschickte Sekretärin Lenka. Halka Třešňáková spielt die Sekretärin. Wie ist ihre Beziehung zu Tonda Blaník? Die Schauspielerin:
„Die Sekretärin ist sehr loyal, und ich glaube, dass sie heimlich in Tonda verliebt ist. Aber es ist ein Hin und Her – manchmal ist sie auch sehr sauer auf ihn. Ich denke, dass sie nicht die gleichen politischen Ansichten wie er hat, aber sie macht, was er sagt. Was Tonda anbelangt – er ist chauvinistisch, eigentlich ein unangenehmer Typ, aber zugleich attraktiv. Ich als Halka würde mich nicht in ihn verlieben. Aber ich denke, Frauen in der Position wie die Sekretärin Lenka schwärmen von solch einem Typen.“
Hat Sie etwas bei den Dreharbeiten überrascht?„Eigentlich nichts, denn ich war darauf vorbereitet. Im Vergleich zur Serie war das Team bedeutend größer. Wir haben von September bis Dezember viele Tage lang sehr konzentriert gedreht. Es war schon anstrengend. Als die Serie gefilmt wurde, hatten wir zum Beispiel keine Kostümbildner und keine Make-up-Künstler.“
Der Film wurde teilweise auf der Straße gedreht. Wie haben die Menschen reagiert, denen Sie begegneten sind?
„Manche haben uns erkannt und haben für die Kandidatur von Tonda Blaník unterschrieben, weil sie wussten, wer wir sind. Diejenigen, die uns nicht aus der Serie kannten, waren ein wenig distanziert. Was uns jedoch erschrocken hat, war der Umgang vieler Leute mit ihrer Unterschrift. Sie hätten alles unterzeichnet für die kleine Packung Butter, die sie bekommen haben. Zum Glück gilt das nicht für alle Menschen.“
Wie haben die Präsidentschaftskandidaten reagiert, die Sie getroffen haben?„Ich bin erstmals im November mit den Kandidaten ins Gespräch gekommen. Ich denke, nicht alle Kandidaten haben uns damals gekannt und gewusst, wer wir sind und was wir machen. Aber dann haben wir sie einige Male wiedergetroffen. Die Frau von Marek Hilšer ist gleich zu mir gekommen, sie war sehr nett. Wir haben uns auch über persönliche Sachen unterhalten. Die Kandidaten waren meist sehr positiv eingestellt. Professor Drahoš hat mich zwar nicht gleich erkannt, dafür hat aber seine Frau gewusst, wer ich bin. Sie hat ihm dann erzählt, welchen Film wir drehen.“
Auch für Deutsche aktuell
Die Filmemacher mussten während der Dreharbeiten sehr flexibel arbeiten. Gefilmt wurde noch nach der ersten Runde der Präsidentschaftswahl. Es wurden zwei Varianten für das Ende des Films gedreht – die eine für den Fall, dass Amtsinhaber Miloš Zeman als Staatsoberhaupt bestätigt wird, und die andere für einen Sieg seines Herausforderers Jiří Drahoš. Halka Třešňáková dazu:„Wir haben am Samstag nach der Bekanntgabe des Ergebnisses über die Wahl diskutiert. Ich persönlich hätte mir lieber ein schlechteres Ende für den Film gewünscht, als nun fünf weitere Jahre mit diesem Wahlsieger vor mir zu haben. Ich hoffe, dass der Film auch für Deutsche aktuell ist, obwohl viele Einzelheiten sehr speziell sind und nur für Tschechen wirklich eine Bedeutung haben. Trotzdem glaube ich, dass auch Deutsche am Film Spaß haben dürften, denn manche Dinge dort sind einfach global.“