Das Schicksal der Deutschen aus dem Isergebirge
Auch aus dem Isergebirge wurde der Großteil der deutschsprachigen Bevölkerung nach dem Zweiten Weltkrieg vertrieben. Wie aber das Schicksal jener Deutschen war, die geblieben sind, das dokumentiert eine neue Ausstellung. Sie wurde am Dienstag im Haus der nationalen Minderheiten in Prag eröffnet. Irena Novák kommt aus Jablonec / Gablonz und ist eine der Initiatorinnen der Schau, sie leitet den Kulturverband der Bürger deutscher Nationalität. Mit ihr nun ein Gespräch über die Ausstellung und die Deutschen aus und im Isergebirge.
„Wir haben eine Ausstellung über das Schicksal der Deutschen aus dem Isergebirge in den Jahren 1948 bis 1968 eröffnet. Es handelt sich um den zweiten Teil einer Schau über Deutsche im Isergebirge. Inzwischen wurde auch der dritte Teil beendet und ist im Haus der Deutsch-Tschechischen Verständigung in Reinowitz (Rýnovice, Anm. d. Red.) bis Jahresende zu sehen. Wir möchten noch einen vierten Teil zusammenstellen, der sich dann auf die Zeit von 1989 bis in die Gegenwart konzentriert.“
Haben Sie für die Ausstellung auch Gespräche mit Zeitzeugen geführt?
„Wir haben bei der Zusammenstellung der Schau auf verschiedene historische Quellen vor allem aus dem Regionalarchiv zurückgegriffen. Sehr viel haben wir aber auch von Zeitzeugen gehört – dazu gehören ebenso jene, die in Deutschland oder in Österreich leben.“
Wie viele Deutsche leben heute ungefähr im Isergebirge?„Das lässt sich schwer schätzen. 200 bis 300 Menschen sind in der Gegend von Gablonz und Reichenberg (Liberec, Anm. d. Red.) in Verbänden organisiert, sie kennen einander und treffen sich regelmäßig. Aber wer ist heute Deutscher? Es gibt viele Kinder, die aus deutsch-tschechischen Familien stammen, die aber nicht wissen, dass sie deutsche Wurzeln haben.“
In wie weit sprechen die Deutschen im Isergebirge noch Deutsch?
„Wir sprechen bei unseren Treffen ausschließlich Deutsch. Wenn ich meinen Mitarbeiterinnen begegne, mit denen ich an dieser Ausstellung gearbeitet habe, dann sprechen wir auch Deutsch. Obwohl wir auf tschechischen und nicht deutschen Schulen waren, ist es für uns wichtig, Deutsch zu reden.“
In der Ausstellung werden einige Persönlichkeiten aus der Region vorgestellt. Wer ist der vermutlich bekannteste Isergebirgler?
„Die vermutlich bekannteste Persönlichkeit war Gustav Ginzel (1932-2008, Anm. d. Red.), der unter anderem Bergsteiger, Höhlenforscher und Fotograf war. Meine Mitarbeiterin Christa Petrásková ist ihm begegnet, für die Ausstellung haben wir auch aus einem Buch Informationen geschöpft, das über ihn erschienen ist. Eine andere interessante Persönlichkeit ist Julie Kiesewetter. Sie hat sich über die Sudetendeutsche Zeitung bei uns selbst gemeldet und ist nach Gablonz gekommen, wo wir sie fotografiert haben. Sie war im vergangenen Jahr auch in Augsburg, wo wir die Ausstellung beim Sudetendeutschen Tag gezeigt haben.“
Wird oder wurde die Ausstellung auch in Neugablonz in Kaufbeuren gezeigt?„Der zweite Teil war gemeinsam mit dem ersten Teil im März dieses Jahres in Neugablonz zu sehen. Die Besucher kamen natürlich besonders wegen der Zeit der Vertreibung in die Ausstellung, sie ist im ersten Teil beschrieben. Aber sie fanden auch das Leben der im Isergebirge verbliebenen Deutschen interessant, denn darüber hatten sie bis dahin nicht so viel gewusst.“
Gibt es viele Deutsche, die erst in den 1960er Jahren nach Deutschland gegangen sind?
„Ja schon, es gibt die Spätaussiedler, die es nicht ertragen haben, ständig unter dem Druck der Assimilierung leben zu müssen. Dies wird in der dritten Folge der Ausstellung dokumentiert. Es gab sehr viele, die das Land verlassen haben und froh waren, dass sie eine neue Existenz in Deutschland aufbauen konnten.“
Die Ausstellung über das Schicksal der Deutschen aus dem Isergebirge in den Jahren 1948 bis 1968 ist im Haus der Minderheiten zu sehen. Das Haus befindet sich in der Straße Vocelova 3, im zweiten Prager Stadtbezirk nahe der U-Bahn-Station I. P. Pavlova. Die Schau läuft noch bis 2. Januar 2018.