Johann Lobkowitz von Hassenstein und Kadaň
Kadaň hat mit dem Franziskanerkloster ein bedeutendes Kulturdenkmal. Bauherr war auch Johann Lobkowitz von Hassenstein.
„Dieses Kloster wurde im letzten Drittel des 15. Jahrhunderts gebaut, und Mitglieder des Adelsgeschlechts Lobkowitz sind mit ihm als Stifter seit dem Jahr 1481 verbunden. Diese Verbindung dauerte in der Linie Lobkowitz von Hassenstein etwa bis zum Jahr 1570 an.“
In diese Zeit fällt die Reformation Martin Luthers. Welche Auswirkungen hatte sie auf Kadaň?
„Diese Geschichte des 16. Jahrhunderts war recht bunt. Denn die ursprünglich katholischen Freiherren von Lobkowitz und Hassenstein sind Lutheraner geworden. Deshalb entschieden sie sich, die katholischen Ordensbrüder der Franziskaner aus dem Kloster zu vertreiben und stattdessen lutherische Pastoren hierher einzuladen.“Das missfiel sicher den katholischen Christen von Kadaň. Welche Partei setzte sich letzten Endes durch?
„Es trat die Situation ein, dass die Freiherren Lobkowitz von Hassenstein die Ordensbrüder der Franziskaner wieder in das Kloster aufnehmen und die lutherischen Pastoren ausweisen mussten. Das war für sie dermaßen demotivierend, dass sie wahrscheinlich beschlossen, das Kloster zu verlassen und es nicht weiter zu unterstützen. An ihre Stelle traten dann ihre entfernten Verwandten aus der Linie Popel von Lobkowitz, deren Nachkommen bis heute in Tschechien leben. Und diese kümmerten sich im weiteren Verlauf auch um das Kloster Kadaň.“
„Ich denke, das kann als wahrhaft moderne, überzeitliche Geste gewürdigt werden.“
Was geschah mit dem Haus Lobkowitz von Hassenstein?
„Sie verließen Böhmen nach der Schlacht am Weißen Berg wegen ihres evangelisch-lutherischen Glaubens und ließen sich in Annaberg oder an noch weiter entfernten Orten nieder. Dann verlieren sich ihre Spuren, bis ein Jahrhundert später ein Freiherr Lobkowitz von Hassenstein plötzlich in Kurland, dem heutigen Lettland erscheint, und von dort kehrten sie nach Deutschland zurück. Aber zu Böhmen bestanden keine Verbindungen mehr.“
Davor hatten die Freiherren Lobkowitz von Hassenstein aber Kadaň nahezu ein Jahrhundert lang besessen. Johann Lobkowitz von Hassenstein hat den größten Teil seines Lebens hier in der Stadt und auf der nahen Burg Hassenstein zugebracht. Was waren seine bedeutendsten Leistungen?„Johann Lobkowitz von Hassenstein war der älteste von vier Brüdern. Er beaufsichtigte anfangs die Erziehung seiner jüngeren Brüder, besonders von Bohuslaus. Doch Johann Lobkowitz von Hassenstein war auch Herr von Kadaň, er kümmerte sich also um die Verwaltung des Großgrundbesitzes seiner Familie und die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt, zu der auch das Kloster gehörte. In den 1470er Jahren zählt Johann Lobkowitz zu den Beratern des böhmischen Königs. Als Mitglied des Königshofes wurde er mit zwei diplomatischen Missionen betraut. Die erste führte ihn 1477 nach Luxemburg mit dem Ziel, durch Maria von Burgund Ansprüche der böhmischen Krone auf Luxemburg zu erwirken. Doch diese Mission misslang, denn Maria von Burgund war damals schon Maximilian von Habsburg versprochen.“
Und welches Ziel hatte die zweite diplomatische Mission?
„Die zweite Mission folgte zehn Jahre später, und sie führte nach Rom. Johann Lobkowitz von Hassenstein besprach bei einer Audienz bei Papst Innozenz VIII. die Möglichkeit der Rückkehr nichtkatholischer, hussitischer Bürger in die katholische Kirche. Diese Initiative ist mit mehreren Zeilen in einer päpstlichen Urkunde festgehalten. Sie vermitteln den Eindruck, dass Johann Lobkowitz von Hassenstein bemüht war, mit friedlichen Mitteln zur Lösung der Glaubenskämpfe beizutragen. Ich denke, das kann als wahrhaft moderne, überzeitliche Geste gewürdigt werden.“Johann Freiherr Lobkowitz von Hassenstein engagierte sich beim Aufbau des hiesigen Franziskanerklosters. Was geht hier in diesen Räumlichkeiten, in denen wir uns befinden, konkret auf ihn zurück?
„Der Saal mit dem Zellengewölbe im zweiten Stock des Klostergebäudes ist datiert, zum einen draußen an der Fassade, dort finden wir die Jahreszahl 1500, zum andern innen unter dem Fenster, dort steht die Jahreszahl 1501. Dieser Gewölbetyp wird auch als Meißener Gewölbe bezeichnet. Wir sind also hier umgeben von Erbe einer norddeutschen architektonischen Strömung. Die Besucher können das Zellengewölbe in einer vollkommen authentischen Form erleben, denn bei der Restaurierung wurde der Zustand des Jahres 1501 wiederhergestellt. So haben das Gewölbe auch Johann und Bohuslaus Lobkowitz von Hassenstein und ihre Gäste gesehen, wenn sie das Kloster besuchten.“
„Die Besucher können das Zellengewölbe in einer vollkommen authentischen Form erleben, denn bei der Restaurierung wurde der Zustand des Jahres 1501 wiederhergestellt.“
Und welche Spuren von Johann Lobkowitz von Hassenstein finden sich heute noch in der Klosterkirche der vierzehn heiligen Nothelfer, die früher auch eine Wallfahrtskirche war?
„Dort ist das bedeutendste Denkmal, das zudem sehr persönlich ist – das monumentale Grabmal Johanns Lobkowitz von Hassenstein. Es ist ein Werk von Ulrich Creutz und besteht aus der Tumba, an deren Seitenwand die Wappen der Familie Lobkowitz und von ihren Verwandten angebracht sind. Zum Beispiel ist dort das Wappen der zweiten Frau Johanns Lobkowitz von Hassenstein, Magdalena von Törring, die aus Süddeutschland stammte. Auf dem Deckel der Tumba ist ein Relief mit einem Sinnbild des Todes, einem mit Haut bezogenem, menschlichem Skelett. Ursprünglich gehörte zu der Tumba noch eine senkrechte Platte mit einem Relief, das Johann Lobkowitz als eine von den Toten auferstehende Gestalt darstellt. Diese Platte mit dem Porträt Johanns von Lobkowitz steht heute hinter dem Hauptaltar.“
Johann Lobkowitz von Hassenstein hat sich auch schriftstellerisch betätigt, ähnlich wie sein jüngerer Bruder Bohuslaus, der berühmte Dichter des Humanismus. Inspiriert hat ihn dazu besonders eine Reise nach Jerusalem. Was enthält diese Reisebeschreibung alles?
„Diese Reisebeschreibung ist deswegen wichtig, weil sie uns Johann Lobkowitz als geistige Persönlichkeit mit großem Respekt für Kunst und Architektur nahebringt. Er beschreibt alle wichtigen Stationen dieser Reise sehr präzise. Es handelt sich um das älteste Werk dieser Art in der tschechischen Literaturgeschichte. Es ist eine Reisebeschreibung aus Böhmen nach Jerusalem, die vom Reisenden selbst in tschechischer Sprache verfasst wurde.“