Schienenfahrzeug-Depot ist gut besucht – historische Züge sind es nicht

Schienenfahrzeug-Depot in Chomutov (Foto: Jan Beneš, Archiv des Tschechischen Rundfunks)

Eisenbahnfans kommen in diesem Sommer und Frühherbst hierzulande voll auf ihre Kosten. Im nordböhmischen Chomutov / Komutau wurde erstmals über einen längeren Zeitraum das größte Eisenbahnwaggon-Depot des Landes für Besucher geöffnet. Zudem verkehren auf der Strecke zwischen Prag und Ostrava / Ostrau nun hin und wieder auch Nostalgie-Züge. Letzteres allerdings mit viel weniger Erfolg.

Schienenfahrzeug-Depot in Chomutov  (Foto: Jan Beneš,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Das Eisenbahnwaggon-Depot in Chomutov gehört dem Nationalen Technik-Museum. Bisher hat es seine alten Lokomotiven, Waggons und Draisinen der Öffentlichkeit in der Regel nur zweimal jährlich zugänglich gemacht. In diesem Jahr aber ist das seit 2006 als Sammlung eingerichtete Depot weitaus länger geöffnet, und zwar viermal wöchentlich seit Anfang Juni noch bis Anfang Oktober. Und das zeitigt Erfolge: In den ersten sechs Wochen wurde das Depot von rund 5000 Menschen besucht. Und eigentlich alle sind auch voll des Lobes:

„Das Depot zeigt uns die Schönheit und Eleganz der Maschinen, und es atmet viel Nostalgie. Mich persönlich bringt es zudem zurück in meine Kindheit, denn mein Vater war ein Eisenbahner“, sagte einer der Besucher.

Karel Ksandr  (Foto: Adam Kebrt,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Die Bahn-Fans bekämen tatsächlich auch Einiges geboten, sagt der Generaldirektor des Nationalen Technik-Museums, Karel Ksandr:

„Zum gegenwärtigen Zeitpunkt besitzt das Nationale Technik-Museum 150 Schienenfahrzeuge. Wenn man aus ihnen einen Zug bilden würde, dann wäre er 1,6 Kilometer lang.“

Die Museumsstücke sind zudem keine 0-8-15-Maschinen, sondern es sind viele europäische Top-Erzeugnisse ihrer Zeit darunter. Das ist kein Wunder, denn in der Zwischenkriegszeit war die Tschechoslowakei eines der fortschrittlichsten Länder des Kontinents und führend im Bereich der Schwerindustrie. So können Besucher unter anderem die legendäre Schnellzuglok namens Albatros bestaunen, die 1955 in den Pilsener Škoda-Werken hergestellt wurde. Die Albatros hat im August 1964 den bis heute gültigen Geschwindigkeitsrekord für hiesige Dampflokomotiven aufgestellt – sie erreichte einen Top-Speed von 162 Stundenkilometern. Zu sehen sind auch sehr alte Maschinen wie eine Lok der Österreichischen Serie 170 aus dem Jahr 1897 ebenso wie die erste Nachkriegslok der Tschechoslowakei, die Lokomotive 534.0301 aus dem Jahr 1945. Überaus groß war damals der Stolz der Lok-Bauer aus den Škoda-Werken, als sie dem Verkehrsminister nach nur kurzer Zeit die erste Lok der Nachkriegsära übergaben.

Foto: Jan Beneš,  Archiv des Tschechischen Rundfunks
Mehr beziehungsweise eine bessere Werbung könnte indes das jüngste Projekt der Tschechischen Bahnen (ČD) gebrauchen, da es bislang wesentlich schlechter angenommen wird als die Depot-Öffnung in Chomutov. Die Rede ist von der Idee, als Kontrapol zur immer schnelleren Personenbeförderung auch hin und wieder Züge mit 40 oder 50 Jahre alten Waggons auf Hauptstrecken einzusetzen. Das neue Nostalgie-Konzept der Bahn ist jedoch (bisher) nicht von Erfolg gekrönt. Denn der Retro-Zug Ostravan, der schon mehrmals zwischen Prag und Ostrau eingesetzt wurde, ist zumeist nur schwach gefüllt. Trotzdem verteidigt Bahnsprecher Petr Šťáhlavský das Konzept:

„Die Tschechischen Bahnen sind eine ganzstaatliche Gesellschaft. Und als solche wollen wir diese alten Maschinen und Waggons auch in anderen Winkeln der Republik präsentieren.“

Depot in Lužná  (Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag)
Mit „anderen“ sind die Gegenden des Landes gemeint, in denen keine Depots mit alten Schienenfahrzeugen stehen. Oder besser gesagt standen, denn der Staatskonzern lässt mittlerweile alle historischen Loks und Waggons zu einem einzigen Punkt überführen: in das Depot der mittelböhmischen Gemeinde Lužná bei Rakovník / Rakonitz. Das hat jedoch die Enthusiasten sehr verärgert, die sich in den Regionen bisher mit Hingabe um den Erhalt des historischen Fahrzeugparks gekümmert haben. Und die Fahrgäste der historischen Züge bleiben auch deshalb aus, weil sie für die Reise in der Regel anderthalb Mal so viel bezahlen müssen wie für eine normale Fahrt. Sollte sich daran nichts ändern, wird das Nostalgie-Konzept der Bahn wohl schon bald wieder in der Versenkung verschwinden.

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