Arbeitskräfte aus Ukraine sollen tschechische Industrie vor Zusammenbruch retten

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In der tschechischen Industrie fehlen Arbeitskräfte. Der Verband der Exporteure warnte vor kurzem sogar vor einem Zusammenbruch der Industrie und forderte die Regierung auf, die Beschäftigung von Arbeitnehmern aus dem Ausland zu vereinfachen. Das Außenministerium hat nun mit einem konkreten Schritt reagiert.

Illustrationfoto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks
Allein bei den exportorientierten Firmen fehlen nach deren Analyse derzeit mindestens 70.000 Arbeitskräfte und einige Tausend Beschäftigte mit technischer Hochschulbildung. Der Verband sieht in einem Zuzug von Arbeitskräften aus dem Ausland die einzig mögliche Lösung des Problems. Tschechien setzt dabei vor allem auf Ukrainer. Das Außenministerium hat nun am Montag mitgeteilt, es werde in seinem Büro im ukrainischen Lwiw / Lemberg fünf weitere Leute einstellen. Die Beamten sollen vor allem Arbeitsvisa ausstellen. Außenminister Lubomír Zaorálek (Sozialdemokraten):

„Es besteht riesengroßer Druck von Seiten der Unternehmer aus ganz Tschechien. Sie beschweren sich, dass ihre Produktionsprogramme zusammenbrechen, weil sie nicht genug Arbeitskräfte finden.“

Karel Havlíček  (Foto: Alžběta Švarcová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Kleine und mittlere Firmen sollen vom Arbeitskräftemangel am schlimmsten betroffen sein. Karel Havlíček ist Leiter des Verbands kleiner und mittlerer Unternehmer:

„Es sind nicht nur jene 70.000 Arbeitsstellen im Exportbereich. Die Nachfrage liegt insgesamt bei 120.000 Arbeitsstellen in allen Professionen. Es handelt sich nicht mehr nur um hoch gebildete Spezialisten in technischen Fächern, sondern um Mitarbeiter in allen Arbeitsfunktionen. Dieses Problem beginnt nun, die tschechische Industrie und den tschechischen Export zu bremsen.“

Havlíček begrüßt daher den Schritt des Ministeriums:

Lwiw  (Foto: Milena Štráfeldová)
„Die fünf Stellen in Lwiw ermöglichen, dass einige Hundert, vielleicht einige Tausend Arbeitskräfte schneller hierher herkommen. Diese Zahl bringt die tschechische Industrie schwerlich auf Trab, wenn man weiß, dass derzeit 400.000 Ausländer hierzulande beschäftigt sind. Ich sehe die jetzige Maßnahme aber als ein Entgegenkommen des Außenministeriums, wir haben dort mit unseren Forderungen wohl Gehör gefunden. Dass gerade in Lwiw, in der Ukraine begonnen wird, ist nur ein erster Schritt. Man muss auch in anderen Ländern und Städten ähnlich vorgehen.“

Die jüngste Entscheidung des Außenministeriums wird allerdings von der tschechischen Wirtschaftskammer kritisiert. Sie trage nur dazu bei, dass die ukrainische Mafia, die vor den Visumsvergabestellen steht, mehr Klienten erhalte. Dies sagte die Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer, Irena Bartoňová Pálková, am Montag. Karel Havlíček sieht das anders:

Irena Bartoňová Pálková  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
„Ich möchte nicht pauschalisieren. Ich bin nicht der Meinung, dass jeder Arbeitnehmer aus der Ukraine in die Fänge der Mafia gerät. Mit der Mafia, die auch tatsächlich Einfluss hat, müssen wir uns selbst auseinandersetzen und dürfen deswegen nicht den Zustrom von ausländischen Arbeitskräften stoppen.“

Für die Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer liegt das Problem darin, dass tschechische Firmen nicht selbst nach Arbeitnehmern in der Ukraine suchen. Das hält Havlíček bei seinen Verbandsmitgliedern aber auch nicht für möglich:

Illustrationsfoto: Joonspoon,  CC BY-SA 4.0
„Große Firmen sind zwar dafür ausgestattet, sie beschäftigen Personalisten. Ich kann mir aber schwer vorstellen, dass kleine und mittlere Firmen durch die Ukraine reisen, dort mit Personalagenturen verhandeln und Mitarbeiter auswählen.“

Das Außenministerium kündigte am Montag an, noch während dieses Jahres könnte die Zahl der ausgestellten Arbeitsgenehmigungen für Ukrainer auf das Dreifache steigen. Bereits im vergangenen Jahr hatte die tschechische Regierung die Aufnahme von IT-Spezialisten aus der Ukraine vereinfacht.