Tschechien sieht sich bestätigt und fordert gemeinsamen Schutz der Schengen-Grenze
In die europäische Sicherheitsdebatte kommt endlich Bewegung. So sieht man es jedenfalls in Tschechien. Premier Bohuslav Sobotka (Sozialdemokraten) hat am Montag die Vorschläge der EU zum stärkeren Schutz der Schengen-Außengrenze ausdrücklich unterstützt. Er und weitere Regierungspolitiker verwiesen indes darauf, dass dies schon immer die tschechische Position in der Frage der Flüchtlingskrise gewesen sei. Doch es gibt auch kritischere Stimmen, die den Schengen-Raum bereits als brüchig ansehen oder aber ein europäisches Einschreiten in Libyen fordern.
Nach der Sitzung seines Kabinetts am Montag sagte Premier Sobotka vor Journalisten, dass Tschechien die Vorschläge der EU-Kommission zum strengeren Schutz der Schengen-Außengrenze unterstütze. Dazu gehörten vor allem die Schaffung einer gemeinsamen Grenz- und Küstenwache sowie die Errichtung eines Amtes, das sich konkret mit der Rückführung von nicht erfolgreichen Asylbewerbern in ihre Herkunftsländer befasse. Dazu erklärte Sobotka:
„Wir müssen Regeln haben für die Überschreitung der Schengen-Außengrenze, und diese Regeln müssen wir gegebenenfalls auch einfordern können. Wenn aber ein Schengen-Mitgliedsstaat an der Außengrenze nicht in der Lage sein sollte, diese Regeln einzuhalten, dann muss es zudem die Möglichkeit geben, ihm dabei zu helfen.“
Innenminister Milan Chovanec (Sozialdemokraten) hat in diesem Zusammenhang mehrfach angeboten, dass man allen EU-Ländern, denen der Flüchtlingsstrom zu schaffen macht, die Erfahrungswerte vermitteln könne, die Tschechien mit dem Hilfseinsatz seiner Polizisten in Ungarn, Mazedonien und Slowenien schon gemacht habe.„Die Hauptaufgabe, die unsere 20 Polizisten im Zuge der Migrationskrise in Slowenien zu erfüllen hatten, war die, täglich 600 bis 1000 Flüchtlinge zu registrieren. Unsere Polizisten machen dort einen ausgezeichneten Job, auch in diplomatischer Hinsicht. Und sie erhöhen das Ansehen der Tschechischen Republik in diesen Ländern.“
Chovanecs Worten zufolge sei Tschechien in keiner Weise daran interessiert, den Schengen-Raum anzufechten oder aber zu verkleinern. Dazu biete er für die Wirtschaft oder den Tourismus einfach zu viele Vorteile. Andererseits habe die Sicherheit innerhalb dieses Territoriums jetzt klare Priorität, betont der Innenminister:„Wir sagen: Lasst uns gemeinsam den Schengen-Raum verteidigen. Entsenden wir dazu mehr Spezialisten an die Außengrenzen und bilden wir dazu endlich gemeinsame Polizei-Einheiten. Lasst unseren Worten endlich Taten folgen!“
Taten wollen er und seine vom Ressort bediensteten Polizisten auch dann folgen lassen, sollten Österreich oder auch Deutschland die lauter werdenden Meinungen nach einer Schließung ihrer Landesgrenzen tatsächlich wahr machen. Dann würden tschechische Polizisten binnen fünf Stunden die jeweilige Grenze des eigenen Landes schärfer kontrollieren, so Chovanec. Vor einem solchen Szenario aber graut es dem Staatssekretär für europäische Angelegenheiten, Tomáš Prouza:
„Wenn es nicht gelingen sollte, den Flüchtlingsstrom zu beschränken, dann wird, so befürchte ich, die bayerische Forderung nach einer Schließung der deutschen Grenze umgesetzt. Die Regierung in Berlin hat uns allerdings versichert, dass dies erst die letzte verzweifelte Lösung sein würde.“In Tschechien mehren sich indes auch die Stimmen, die die EU in ihren Grundfesten erschüttert sehen. So erklärte das Mitglied des parlamentarischen Sicherheitsausschusses, der Abgeordnete Martin Lank (Úsvit-NK), es sei jetzt an der Zeit, die eigene Grenze zu schützen, weil er das Thema Schengen als verloren ansehe. Und der Militär- und Sicherheitsexperte, Lukáš Visingr, fordert sogar ein Einschreiten europäischer Truppen in Libyen:
„Ich behaupte, dass man eine ausgedehnte militärische Operation durchführen sollte mit dem Ziel, die Islamisten in Libyen zu liquidieren sowie eine Zusammenarbeit mit den dortigen säkularen Streitkräften aufzunehmen. Das ist die libysche Volksarmee unter General Haftar. In Zusammenarbeit mit diesen Kräften sollte man ein weiträumiges Gebiet auswählen, in dem schrittweise so etwas wie ein großes Transit- und Flüchtlingslager entsteht.“