UN-Menschenrechtskommissar kritisiert Zustände in Auffanglagern – Prag weist dies zurück
Die Lasten angesichts der Flüchtlingswelle sind in Europa sehr ungleich verteilt. Das ist bekannt. Doch auch die Behandlung von Flüchtlingen unterscheidet sich von Land zu Land. Kritisiert wird dabei vor allem die Tschechische Republik. Nun hat auch der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Prinz Seid Raad al Hussein, Prag vorgeworfen, humanistische Grundwerte zu verletzen.
„Vertrauenswürdigen Berichten aus verschiedenen Quellen zufolge werden die Menschenrechte von Migranten nicht vereinzelt oder zufällig verletzt, sondern systematisch. Es scheint, als ob dies ein untrennbarer Bestandteil der Politik der tschechischen Regierung ist. Die Politik ist darauf ausgerichtet, Auswanderer und Flüchtlinge von der Einreise in das Land abzuhalten beziehungsweise davon, dass sie dort bleiben.“
Premier Bohuslav Sobotka (Sozialdemokraten) wies die Worte des UN-Hochkommissars jedoch zurück:„Diese Kritik ist fehl am Platz. Die Tschechische Republik bemüht sich seit langem, die internationalen Abkommen zu respektieren, und das nicht nur in dieser Flüchtlingskrise.“
Die Kritik des UN-Hochkommissars richtet sich vor allem gegen die unwürdigen Bedingungen in den vergitterten und von der Außenwelt abgeschirmten Lagern, in denen Flüchtlinge in Tschechien festgehalten werden. Laut Innenminister Milan Chovanec aber wird nur eine bestimmte Gruppe interniert:
„Auf unserem Gebiet werden die Menschen festgehalten, die kein Asyl beantragen. Und zwar, damit sie nicht flüchten und uns aus einem anderen EU-Land zurückgebracht werden, zum Beispiel aus Deutschland. Wir folgen der gültigen EU-Legislative und bringen die Flüchtlinge in das nächste Land zurück, aus dem sie gekommen sind.“
Antragstellern auf Asyl würden dagegen mehr Freiheiten eingeräumt, ergänzte Chovanec. Für den Leiter der Hilfsorganisation für Flüchtlinge (OPU), Martin Rozumek, aber sind die Zustände in den Internierungslagern skandalös:„Der Umgang mit den Flüchtlingen, die aus Kriegsgebieten kommen und um Hilfe bitten, ist einfach unwürdig. Die Polizei lässt diese Menschen sich nackt ausziehen, um ihnen das Geld abzunehmen, das sie bei sich haben. Bei nächtlichen Kontrollen werden auch Hunde eingesetzt. Die Hilfe, die unsere NGO den Flüchtlingen anbietet, wird jedoch zurückgewiesen. Die Internierung an sich ist nicht rechtens, was Gerichte mehrfach bestätigt haben. Diese Kritik reicht aber immer noch nicht, damit das Innenministerium sein Vorgehen grundlegend ändert.“
Im Detail angeprangert wird zum Beispiel, dass die Flüchtlinge täglich 242 Kronen (ca. 9 Euro) für den Aufenthalt in den Auffanglagern zahlen müssen und dass auch Kinder hinter Gittern festgehalten werden. Von illegalen Migranten, die Geld haben, könne man eine Gegenleistung für Kost und Logis durchaus verlangen, erklärt Chovanec. Und zur Unterbringung der Kinder sagte er:„Die Kinder sind nicht hinter Gittern, sondern nur bei ihren Eltern, die in den Lagern festgehalten werden. Die Kinder von ihren Eltern zu trennen und in andere Einrichtungen zu stecken, erscheint uns weniger human, als sie bei ihren Eltern zu lassen.“
Von UN-Hochkommissar Prinz Seid Raad al Hussein scharf kritisiert wurden zudem die islamfeindlichen Äußerungen von Staatspräsident Miloš Zeman. Die Mehrheit der Politiker stellte sich hinter Zeman, er habe das Recht, frei seine Meinung zu äußern. Der christdemokratische Abgeordnete Ivan Gabal räumte aber ein:„Die Vereinten Nationen repräsentieren einen ziemlich relevanten Beobachter. Das heißt jemanden, dessen Meinung man ernst nehmen sollte.“