Straßburg interveniert wegen Bedingungen in tschechischem Auffanglager
Das Auffanglager Bělá-Jezová für Flüchtlinge hat einen äußerst schlechten Ruf. Tschechische und mittlerweile auch internationale Hilfs- und Menschenrechtsorganisationen bezeichnen die Unterbringung dort als inhuman. Nun hat der Europäische Menschengerichtshof eine vorläufige Verfügung erlassen. Sie betrifft eine afghanische Familie mit einem kranken Kind. Hilfsorganisationen sprechen von einem wegweisenden Entscheid. Innenminister Chovanec hält dies hingegen offensichtlich weiter für einen Einzelfall.
Bei der Organisation für Flüchtlingshilfe ist man sich jedoch sicher, dass die Familie nicht wirklich abgeschoben wird. Vielmehr werde sie wohl über den Prager Hauptbahnhof nach Deutschland weiterreisen können. Denn 47 Mal haben die tschechischen Behörden in diesem Jahr bereits die Abschiebung von Menschen aus Afghanistan angeordnet – nicht eine einzige wurde vollzogen.
Mit seiner einstweiligen Verfügung hat der Menschengerichtshof auch gesagt, die Unterbringung in Bělá-Jezová sei erniedrigend und menschenunwürdig. Deswegen hat Straßburg alle Unterlagen zu dem Lager angefordert. Milan Chovanec im Tschechischen Fernsehen:„Wir glauben, dass die Bedingungen dort auch weiterhin nicht gegen die Menschenrechte verstoßen. Wir werden die gesamte Dokumentation nach Straßburg schicken, inklusive dem Speiseplan.“
Innenminister Chovanec verteidigt also weiterhin die Verhältnisse in Bělá-Jezová. Dennoch halten Flüchtlingshelfer die einstweilige Verfügung für wichtig.„Wir hoffen, dass dieser Fall ein starkes Signal sein wird für die tschechischen Behörden, um Familien mit Kindern nicht mehr in Bělá-Jezová unterzubringen“, so Tereza Bártová, Anwältin bei der Organisation für Flüchtlingshilfe.