"Die Stimme über den Dächern" - Verena Mermer liest im Prager Literaturhaus

Foto: Sophia Léonard

Das Prager Literaturhaus deutschsprachiger Autoren liegt in der Ječná-Straße nicht weit vom Karlsplatz. Im Juli ist Verena Mermer zu Gast. Bei der Lesung vergangene Woche las sie Kurzprosa und das erste Kapitel ihres Romans.

Foto: Residenz Verlag
Verena Mermer wird Ende August ihr Romandebüt mit dem Titel ‚die stimme über den dächern‘ veröffentlichen. Es handelt von zwei jungen Paaren im revolutionären Aserbaidschan im Jahr 2011. Ein Arbeitsaufenthalt in Baku ging dem Roman voraus. Nun wird Verena Mermer den Juli im Prager Literaturhaus verbringen, und dass auch die Zeit in Prag literarische Früchte tragen könnte, lässt die junge Autorin nebenbei anklingen.

„Ich war schon einmal in Prag und habe mit meinem damaligen Reisebegleiter ganz stark die jüdische Geschichte der Stadt recherchiert. Ich dachte, an diesem Punkt, könnte ich weiter machen, vielleicht auch dazu eine kurze Geschichte schreiben.“

Das Aufenthaltsstipendium ist also ein Schreibstipendium. Als einzige Bedingung daran geknüpft sind eine Lesung und das regelmäßige Führen eines Blogs auf der Homepage des Literaturhauses.

David Stecher und Verena Mermer  (Foto: Sophia Léonard)
„Welche Möglichkeiten ich für mich sehe, ist, in Ruhe zu schreiben ohne Ablenkung, ohne allzu viel Alltagstrubel. Und ich hoffe, dass der eine oder die andere von der Lesung etwas mitgenommen hat, was er oder sie brauchen konnte.“

Drei Texte hat Verena Mermer im Literaturhaus gelesen, über eine Mitbewohnerin, die das Geld für die Nebenkosten neuerdings mit Prostitution verdient. Über einer schwangere Freundin, die trotzdem in die Türkei fliegt und über den Versuch, die Bürokratie auch mal unter der abgeschüttelten Verantwortung schlafen zu lassen und stattdessen die Nacht durchzutanzen.

Wien  (Foto: Gryffindor,  Wikimedia CC BY 3.0)
Verena Mermer hat in Wien studiert, in Wien ist sie zu Hause. Und obwohl die beiden Städte gerne miteinander verglichen werden, denkt die Österreicherin vor allem daran, was diese beiden Hauptstädte unterscheidet.

„Die Städte haben gewisse Ähnlichkeiten, aber sie sind doch auch anders. Prag ist sicher erhaltener geblieben, in Wien wurde mehr umgebaut. Dort wurde im Zweiten Weltkrieg mehr zerstört. Das merkt man dem Stadtbild schon auch an. Ja, und vielleicht auch die Art und Weise, wie die Menschen sich auf der Straße bewegen, wie sie miteinander sprechen.“

Aserbaidschan  (Foto: Vago,  Wikimedia CC BY-SA 3.0)
Auch von der tschechischen Literatur hat sich die 30-jährige Autorin ein erstes Bild gemacht und als Vorbereitung auf den Aufenthalt Literaturzeitschriften gewälzt.

„Ich habe jetzt die ‚Lichtungen‘ und die ‚Horen‘ mit den Tschechien-Beiträgen gelesen. Und ehrlich gesagt, je mehr ich lese, desto mehr Autoren entdecke ich, und dass sie interessante Werke geschrieben haben.“

Aserbaidschan ist weit weg. Aber die Relevanz dieser Thematik für das tschechische Publikum steht für sie außer Frage, weil doch – gerade in Zeiten der Globalisierung – jeder Mensch Verantwortung trägt, auch über Landes- und Ozeangrenzen hinweg.

„Ich denke, dass es Themen gibt, die international sind. Meinem Verlag und mir hat sich auch die Frage gestellt, inwiefern es das österreichische Publikum etwas angeht, was in Aserbaidschan passiert. Und ich denke, dass es vielleicht jeden Menschen etwas angeht, was mit Menschen anderswo auf der Welt passiert.“

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