Maler Gottfried Lindauer: Pilsner in Neuseeland, Maori in Pilsen

Foto: ČTK

Fast 50 Porträts von neuseeländischen Maori werden seit Mittwoch in Plzeň / Pilsen ausgestellt. Es sind Gemälde, die der in Pilsen geborene Maler Gottfried Lindauer (1839-1926) vor mehr als hundert Jahren geschaffen hat. Nun wurden sie aus Neuseeland nach Tschechien ausgeliehen. Die Ausstellung ist einer der Höhepunkte des Kulturhauptstadtjahres in Pilsen, sie ist in der Westböhmischen Galerie zu sehen.

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Majestätische Figuren mit tätowierten Gesichtern, Waffen und Amuletten. So lassen sich die großflächigen Maori-Gemälde von Gottfried Lindauer beschreiben. Er war ein Künstler mit einem bemerkenswerten Schicksal. Nach dem Studium an der Kunstakademie in Wien wirkte er als Maler in seiner Geburtsstadt, aber auch in Polen und in Russland. Zu einem Bruch in seiner Laufbahn kam es im Jahr 1874. Mehr dazu vom Direktor der Westböhmischen Galerie, Roman Musil:

Gottfried Lindauer mit seiner Ehefrau  (Foto: ČTK)
„Im Jahr 1874 fuhr er nach Neuseeland. Dort wurde er als ein herausragender Porträtmaler der Ureinwohner und der Maori-Häuptlinge berühmt. In Tschechien ist Lindauer kaum bekannt, nicht einmal bei manchen Experten, die sich mit der Kunst des 19. Jahrhunderts befassen. In Neuseeland gilt er dagegen als einer der populärsten Künstler der Kolonial-Ära. Seine Werke zählen dort zum neuseeländischen nationalen Kulturschatz.“

Wie Musil betont, war es nicht einfach, die Ureinwohner zu malen. Sie hatten Angst ihre Seele zu verlieren, wenn sie sich porträtieren lassen. Lindauer gelang es aber, sie zu überzeugen. Für seinen Entschluss, die Reise nach Neuseeland auf sich zu nehmen, habe es mehrere Gründe gegeben, sagt der Direktor der Galerie.

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„Zunächst sollte Lindauer zu einer Militärübung antreten. Dieser Pflicht wollte er sich entziehen. Außerdem wissen wir, dass er im Jahr 1873 die Weltausstellung in Wien besucht hat. Dort wurde im Rahmen der Ausstellung des britischen Empire auch ein neuseeländischer Pavillon gezeigt. Lindauer war von der traditionellen Volkskunst der Maori und einigen Holzschnitten aus Neuseeland sehr beeindruckt.“

Möglicherweise waren es aber auch ganz profane Gründe, die Lindauer nach Neuseeland führten. Es war nicht einfach, sich in Pilsen als Porträtmaler durchzusetzen. Und außerdem gab es da noch ein interessantes Vorbild, sagt Roman Musil. Aus dem Dorf Stod / Staab unweit von Pilsen waren einige Jahre zuvor bereits Menschen nach Übersee aufgebrochen.

Roman Musil  (Foto: Archiv Centrum Bavaria Bohemia)
„Im Jahr 1863 begab sich eine erste Gruppe von Einwohnern dieses Dorfs – es waren mehr als 80 Personen – nach Neuseeland. Dort hatten sie die Möglichkeit, ein eigenes Dorf zu gründen. Es heißt Puhoi und liegt einige dutzend Meilen von der größten neuseeländischen Stadt Auckland entfernt. In den späteren Jahren folgten noch weitere Migrationswellen aus Stod nach Puhoi. Man berichtete darüber in den Zeitungen. Wir wissen, dass Lindauer diese Menschen kannte.“

Der Direktor der westböhmischen Galerie hat das Dorf Puhoi selbst besucht:

„In einer Familie in Puhoi haben wir ein schönes Gemälde von Gottfried Lindauer gefunden. Es ist das Porträt einer Dame, die noch in Stod in Böhmen geboren wurde und später in Puhoi lebte.“

Maori in der Galerie Masné krámy  (Foto: ČTK)
Die Maori-Porträts wurden für die Ausstellung mit einigen Gemälden aus Lindauers Pilsener Schaffensperiode ergänzt, zum Beispiel um Porträts von Pilsner Bürgern. Die Ausstellung „Gottfried Lindauer, der Pilsner Maler der neuseeländischen Maori“ ist das größte und teuerste Projekt, das die Westböhmische Galerie bisher realisiert hat. Die meisten Gemälde stammen aus der neuseeländischen Open Art Galery. Die Schau kann bis zum 20. September in der Galerie Masné krámy (Fleischbänke) in Pilsen besucht werden.