Auf Tuchfühlung mit tschechischen Politikern: Deutsche Praktikanten im Abgeordnetenhaus
Zwei deutsche Studenten absolvieren seit dem 1. März ein Praktikum im tschechischen Abgeordnetenhaus. Nun haben die Stipendiaten und die weiteren Beteiligten eine erste Bilanz gezogen.
„Das Stipendienprogramm des Deutschen Bundestages ist sehr erfolgreich. Eine ganze Reihe tschechischer Studenten hat es absolviert, und das ist für die tschechisch-deutschen Beziehungen eine sehr gute Sache. Ich freue mich sehr, dass dieses Programm nicht nur einseitig funktioniert, dass nicht nur tschechische Studierende von dem Angebot des Bundestages Gebrauch machen, sondern dass auf der tschechischen Seite endlich etwas Ähnliches entstanden ist. Es ist natürlich etwas kleiner, denn es sind nicht so viele Studenten wie im Deutschen Bundestag. Aber meiner Meinung nach werden aus den Studenten auch so etwas wie – in Anführungszeichen – „Botschafter“ der Tschechischen Republik, und das fördert den Austausch zwischen unseren Ländern.“
Stipendiat Robert Forker hat bei einem Freiwilligen Sozialen Jahr in Nordböhmen Tschechisch gelernt. Seine Leidenschaft ist die Politik, und deswegen studiert er Staatswissenschaften in Erfurt.„Ich habe das gestern schon dem deutschen Botschafter erklärt, dass es eine besondere Sache ist. Man muss sehr großes Fingerspitzengefühl beweisen und man muss sehr genau wissen, was man sagt und wie man etwas sagt. Man sollte auch im Stande sein, im Team zu arbeiten, aufeinander einzugehen, miteinander zu reden und miteinander zu verhandeln.“
Fabian Möpert studiert „European Economic Integration“ in Leipzig. In den zwei Monaten hospitiert er beim sozialdemokratischen Abgeordneten Roman Váňa. Fabian begleitet den Politiker zu Sitzungen und übernimmt kleine Rechercheaufgaben. Momentan arbeitet er an einer vergleichenden Studie zu Rechtsfragen in Deutschland und Tschechien.
„Den großen Mehrwert an diesem Programm beim tschechischen Parlament sehe ich vor allem darin, dass es mir ermöglicht, die Perspektive zu wechseln. Ich habe vorher eine Reihe von Praktika absolviert, auch in Tschechien beziehungsweise im deutsch-tschechischen Kontext. Doch das waren eigentlich immer deutsche Institutionen. Jetzt habe ich die Möglichkeit, auch auf der anderen Seite des Verhandlungstisches zu sitzen – quasi für die tschechische Seite –, und das erachte ich als den großen Mehrwert“, so Möpert.Sein Vorgesetzter auf Zeit, Roman Váňa, ist Vorsitzender des Sicherheitsausschusses. Er profitiert ebenfalls von dem Praktikum.
„Nicht nur wegen der Sprachkenntnisse ist das auch für uns sehr wertvoll. Wir haben von unseren Praktikanten ein bisschen mehr Deutsch gelernt. Auch ihr Wissen, ihre Kenntnisse über Deutschland und über die Beziehungen sind sehr sinnvoll und sehr wertvoll für uns. Wir können das auch im Alltag sehr gut gebrauchen.“Schirmherr Jan Hamáček möchte die Praktika in Zukunft als festen Bestandteil des parlamentarischen Alltags etablieren. Ab 2015 sollen jedes Jahr insgesamt vier Stipendiaten ein Parlamentspraktikum absolvieren.
Wer Lust hat, Praxiserfahrung im tschechischen Abgeordnetenhaus zu sammeln, sollte derzeit ab und zu einen Blick auf die Webseite des Parlamentes werfen. Für dieses Jahr werden in nächster Zeit noch zwei Praktikumsplätze ausgeschrieben.