Außenminister Zaorálek: Waffenruhe im Donbass ist wertvolles Ergebnis
In den zurückliegenden Stunden schaute nahezu die ganze die Welt gebannt nach Minsk zum Ukraine-Krisengipfel. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Staatspräsident François Hollande hatten es sich zur Aufgabe gemacht, den kriegerischen Konflikt in der Ostukraine zu stoppen und die Weichen für eine friedliche Lösung zu stellen. Nach langen zähen Verhandlungen mit den Präsidenten Russlands und der Ukraine, Wladimir Putin und Petro Poroschenko, wurde am Donnerstagvormittag verkündet, es sei eine Einigung über eine Waffenruhe für das Krisengebiet Donbass erzielt worden. Während der Verhandlungen äußerte sich in Prag Tschechiens Außenminister Lubomír Zaorálek zum Krisengipfel und den tschechischen Positionen im Ukraine-Konflikt.
„Die gute Nachricht ist: Es wird verhandelt. Ich fand es bereits richtig, als Kanzlerin Merkel und Präsident Hollande nach Moskau gereist sind. Und beim EU-Außenministertreffen vor ein paar Tagen war ich einer von jenen, die dafür plädiert haben, dass wir Europäer diplomatisch weit aktiver werden müssen.“
Seine Meinung untermauerte Zaorálek zudem mit einem historischen Beispiel: dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs.
„Für mich ist das Jahr 1914 ein Beispiel dafür, wie die Diplomatie versagt hat. Die Diplomaten waren damals faul und haben sich im Sommer ausgeruht.“Angesichts der extrem gegensätzlichen Interessen von Russland und der Ukraine im Donbass-Konflikt, war Zaorálek aber auch klar, dass der Gipfel von Minsk kein Zuckerschlecken wird:
„Ich denke, es besteht zumindest die Hoffnung auf eine Minimalvariante. Zum Beispiel auf die Vereinbarung einer Waffenruhe. Auch das wäre ein sehr wertvolles Ergebnis.“
Diese Hoffnung hat sich am Donnerstag erfüllt. Zaorálek hat dann auch die Vereinbarungen von Minsk als möglichen Wendepunkt für den Konflikt in der Ostukraine bezeichnet. Viel würde aber davon abhängen, ob sich das Verhalten Russlands ändere, sagte der Außenminister vor Journalisten.
Aus den Erfahrungen der jüngeren Vergangenheit weiß Zaorálek indes nur allzu gut, dass eine beschlossene Waffenruhe und ihre tatsächliche Einhaltung auch ein Paar ganz verschiedene Schuhe sein können. Bei einer weiteren Verletzung der getroffenen Vereinbarung stünden dann auch wieder die von den USA angekündigten Waffenlieferungen an die Ukraine im Raum. Diesen Schritt aber würde er nicht begrüßen, so Zaorálek:„Ich bin davon überzeugt, dass es ein sehr gefährlicher Gedanke ist, den Konflikt auf militärische Weise durch eine Lieferung von sogenannten Defensivwaffen lösen zu wollen.“
Und auf die Frage, ob Europa bei einem Scheitern der Waffenruhe abermals den Amerikanern die Führungsrolle bei der Lösung des Konflikts übertragen würde, wurde Zaorálek noch deutlicher:„Die Europäer können doch nicht ständig darauf bauen, dass für sie jemand Anderes die heißen Kastanien aus dem Feuer holt. Das ist grundsätzlich eine Sache der eigenen Ehre. Wir werden schon deshalb eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik betreiben, um vor unserer eigenen Haustür auch selbst zu kehren.“
Auf dem Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs, der noch am Donnerstag in Brüssel beginnt, könnte bereits zu Tage treten, ob Europa sich dieser Aufgabe auch konsequent stellen wird.